Brünn bzw. Brno ist eine Stadt mit etwa 370.000 Einwohnern. Der sogenannte „Todesmarsch“ ist eines der dunkelsten Kapitel seiner jahrhundertelangen multikulturellen Geschichte: Juden, Tschechen und Deutschösterreicher. Die Grenzen waren fließend, man sprach Deutsch und Tschechisch. Einen bemerkenswerten Beitrag dazu gab es am Montag im Journal Panorama.

Die Juden wurden während des 2. Weltkriegs von den Nazis deportiert und ermordet, die Tschechen unterdrückt. Nach dem Krieg kam es zu Vergeltungsaktionen für die Verbrechen von SS und Wehrmacht: Vor genau 65 Jahren begann in einer sogenannten „wilden Aktion“ die Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung. Die Vertreibung ging als „Brünner Todesmarsch“ in die Geschichtsbücher ein. Mit etwa 27.000 soll fast die Hälfte der deutschsprachigen Bevölkerung vertrieben worden sein, auf dem Marsch umgekommen sind – so die sehr unterschiedlichen Schätzungen – mehrere hundert bzw. einige tausend Personen.

Lange war das Thema ein Tabu. Heute beginnen junge tschechische Historiker mit der Aufarbeitung. Das sollten wir unterstützen – in der verspäteten Aufarbeitung dunkler Kapitel der eigenen Geschichte haben wir in Österreich ja durchaus einiges an Erfahrung vorzuweisen!

Ich habe ja vor den Bundespräsidentschaftswahlen schon kritisch auf Äußerungen von Heinz Fischer reagiert, der die Beneš-Dekrete in einer Grußbotschaft an die Sudetendeutsche Landsmannschaft in Österreich in völlig undifferenzierter Weise als „schweres Unrecht“ bezeichnet und dadurch die Revanchisten dazu ermuntert hat, erneut das Thema Restitution ins Spiel zu bringen: „Warum bringen sich die Leute um?“. Die Verbrechen rund um den „Brünner Todesmarsch“ eignen sich leider ebenfalls sehr gut als Agitationsmittel für die Schwarfmacher auf beiden Seiten. Sachliche und konsequente historische Aufarbeitung tut not!