Dass sich erwachsene Männer auch gerne mit merkwürdigen Uniformen verkleiden und sich mit farbigen Bändern schmücken, sollt jetzt in der Faschingszeit nicht eigens hervorgehoben werden.
Worauf aber eingegangen wurden muss, sind die schrägen Geschichtsbilder, die Herr Rainer Wolbank in der „Presse“ verbreitet.(Wer ist da ewiggestrig?). Er möchte das Ansehen der Burschenschaften retten. Ein schwieriges Unterfangen.
Als Mitglied der aB! Arminia Graz könnte Wolbank allerding einiges zur Aufarbeitung der Geschichte beitragen und zum Beispiel die Frage beantworten, wie es um den Massenmörder, SS-Obergruppenführer und Leiter des Reichssicherheitshauptamtes Ernst Kaltenbrunner steht. Immerhin war dieser seit 1921 ebenfalls ein „Armine“ und meinte vor dem Nürnberger Kriegsverbrechertribunal: „Ich fühle mich nicht schuldig an irgendwelchen Kriegsverbrechen, ich habe nur meine Pflicht als Sicherheitsorgan getan und weigere mich, als Ersatz für Himmler zu dienen.“ Dann brach er in Tränen aus.
Rainer Wobank und der aB! Arminia Graz reicht das offensichtlich. Den Richtern in Nürnberg reichte es nicht. Kaltenbrunner wurde zum Tod verurteilt und hingerichtet.
Kein Problem hat Wolbank auch mit der von Antisemitismus geprägten Geschichte der Burschenschaften. Er redet sie sogar schön: „Die gesellschaftspolitische Entwicklung gegen Ende des 19.Jahrhunderts brachte dann eine Kehrtwende.“ Nur die „Entwicklung“ oder gab es da auch handelnde Personen und Organisationen? Die Juden, so suggeriert er, haben sich selbst ausgegrenzt, wollten damals eigene Verbindungen „mit demselben Brauchtum und derselben politischen Ausrichtung“ gründen und waren – so hebt er lobend hervor – ja auch „geachtete Fechter“. Na dann! Die „gesellschaftspolitische Entwicklung“, nicht die Burschenschaften, haben in den „Waidhofener Beschlüssen“ den Juden pauschal jede Ehre und damit auch die Satisfaktionsfähigkeit abgesprochen („… in Anbetracht der vielen Beweise, die auch der jüdische Student von seiner Ehrlosigkeit und Charakterlosigkeit gegeben, und da er überhaupt der Ehre nach unseren deutschen Begriffen völlig bar ist …“).
Und ja: Wolbank hat Recht, wenn er schreibt, dass Korporationen von den Nazis aufgelöst wurden. Es ist immerhin die halbe Wahrheit. Die ganze Wahrheit ist, dass die katholischen Verbindungen wegen ihrer Nähe zum Austrofaschismus bekämpft und aufgelöst wurden, dass sich die nationalen Verbindungen aber im „Altreich“ schon 1933 freiwillig auflösten, weil der NS-Staat aus ihrer Sicht die Erfüllung eines jahrhundertealten Traumes war: „Was wir seit Jahren ersehnt und erstrebt und wofür wir im Geiste der Burschenschaft von 1817 jahraus, jahrein an uns gearbeitet haben, ist Tatsache geworden.“ (Burschenschaftliche Blätter 6/1933, S. 130)
Und auch das ist eine Halbwahrheit: „Die Behauptung, dass Budin und Küssel Burschenschafter seien, ist schlicht unwahr.“ Gottfried Küssel ist Mitglied C! Danubo-Markomannia Wien und somit eines Corps, Felix Budin der GL! Cimbria Wien, einer „Grenzlandsmannschaft“ – was die Cimbria inzwischen anders sieht. Daher hat Rainer Wolbank formal recht, sie sind nicht Mitglieder einer „Burschenschaft“, sondern von deutschnationale oder völkische Verbindungen. Das ist aber „Spezialwissen“ und nur für völkische Insider wirklich ein Unterscheidungsmerkmal.
Gemeinsam ist den erwachsenen Herren, dass sie sich gerne mit merkwürdigen Uniformen verkleiden und sich mit farbigen Bändern schmücken. Aber das soll jetzt in der Faschingszeit nicht eigens hervorgehoben werden.
Eigene Vergangenheit Sehr geehrter Herr Walser,
ich nehme einmal an Ihr Vater war Widerstandskämpfer in der Zeit des Nationalsozialismus. Decken Sie doch Ihre Vergangenheit hier auf. Ich persönlich weiß nicht wieviele Mitglieder die aB! Arminia Graz seit ihrer Gründung hatte oder wieviele zur Zeit des Dritten Reichs. Daher erlaube ich mir auch kein Urteil, nur weil eines ihrer Mitglieder später als Kriegsverbrecher hingerichtet wurde.
Mit freundlichen Grüßen
Interessante Sätze, … wie sie zusammenhängen sollen, erschließt sich mir aber leider nicht. Was hat mein Vater mit der Arminia zu tun – außer dass er in Graz studiert hat. Was spielen Mitgliederzahlen in diesem Zusammenhang für eine Rolle? Und weshalb „erlauben“ Sie sich kein Urteil, weil Sie die Mtgliederzahlen nicht kennen? Wenn Sie die Zahlen kennen, „erlauben“ Sie sich dann ein Urteil über die Vergangenheit?
Ein kleiner Hinweis C! Danubo-Markomannia ist ein konspirativer Verein, der sich einfach mal eine „tote“ Verbindung rausgesucht hat und nun behauptet in derer Tradition zu stehen. Die Namensbezeichnungen der Verbindungen sind nun mal nicht rechtlich geschützt, so dass sich jeder die Namen zu eigen machen kann. Dieses Danubo Zeugs hat so viel mit einer Studentenverbindung zu tun wie mit einem Kaninchenzüchterverein, nämlich gar nichts.
Antwort auf oben Sehr geehrter Herr Walser,
ja es macht einen Unterschied aus, ob man die Details kennt oder eben darauf herumreitet, dass Ernst Kaltenbrunner ebenfalls Grazer Armine war. Schließlich schreibt Herr Wolbank ja auch, dass es überall schwarze Schafe gab. Nur anhand der Tatsache, dass damals ein Mitglied eben ein solches war, hat eben noch keine Bedeutung für die Gesamteinordnung der Burschenschaft. Was wollte ich mit der Frage über ihren Vater anstoßen? Sie kritisieren hier das Verhalten der damaligen Verbindungsstudenten und sicherlich kann man aus heutiger Sicht sehr vieles an der damaligen Zeit und an den damaligen Vorgängen kritisieren, allerdings muss man sie auch in den gesamten geschichtlichen Zusammenhang einordnen und sehen, wie es damals gesellschaftlich aus sah. Wissen sie also ganz genau und können dies hier schreiben, wie ihre Familienmitglieder in den entsprechenden Jahren zwischen Ende des 19. Jhd. und Mitte des 20 Jhd. dazu standen bzw. sich verhalten haben?
Mit freundlichen Grüßen
Gelesen ist nicht gleich verstanden Werter Herr Walser,
wie stehen Sie eigentlich zum österreichischen Volk? Sind Sie ihm wohlgesonnen? Schließlich brachte das Land einen der schlimmsten Verbrecher der Menschheitsgeshichte hervor – Adolf Hitler. Aber, selbst wenn sie dem Land nicht wohlgesonnen wären, was änderte dies? Hitler wäre weiter vor länger Zeit in Österreich geboren. Diese historische Tatsache lässt sich durch kein Handeln der Gegenwart rückgängig machen.
In ähnlicher Weise verhält es sich mit Kaltenbrunner und der Arminia. Es macht überhaupt keinen Unterschied, was man in der Gegenwart sagt oder auf nicht sagt, denn die Vergangenheit steht auch ohne das Zutun der Rechenschaft in den Geschichtsbüchern. Es ist interessant, dass Sie einstige Verhältnisse a) mit heutigen Maßstäben bemessen und b) versuchen, die aktuellen Studentenverbindungen auf Grund der Fehler, die Menschen Generationen vor ihnen begangen haben, ins negative zu ziehen. Und da kommen wir genau zu der Frage „Wer ist hier ewiggestrig?“. Sie, Herr Walser, gehören ebenfalls zu all denen, die die Vergangenheit betrachten um die Gegenwart zu bewerten. Bei einzelnen Individuen funktioniert das schon nur bedingt, denn ein Mensch, der einmal gestohlen hat, kann entweder wieder straffällig werden oder wird es nie mehr. Tritt letzteres ein, kann seine Vergangenheit nicht zur Bewertung seiner Person herangezogen werden.
Das bei Individuen. Bei Gruppen oder gar Völkern wird es kompliziert. Der Mechanismus, vergangenes zu Bewertung des gegenwärtigen zu nehmen, ist unmöglich, da dazwischen meist Generationen liegen.
Burschenschaften, Landsmannschaften, Turnerschaften, Corps, Sängerschaften – die Liste der Verbindungstypen ist lang und kommt nicht von ungefähr. Einige sind Traditionell bedingt, wie Burschenschaften, Corps und Landsmannschaften, die sich auf die allerersten Verbindungsähnlichen Zusammenschlüsse oder auf die Urburschenschaft zu Jena beziehen. Alle weiteren verfolgen ein bestimmtes Grundprinzip. Etwas, von dem Sie der Meinung sind, dass es den Charakter im Menschen besonders fördere – was das bei Sängerschaften und Turnerschaften sein kann, denke ich, muss ich nicht weiter erläutern. Diese Begriffe erklären sich von selbst.
Sie vereinheitlichen diese Begriffe unter dem Sammelbegriff „Burschenschaften“ was schlicht falsch ist, da die Burschenschaften nur ein kleiner Teil der Verbindungslandschaft ist – da sind die katholischen Studentenverbindungen in deutlicher Überzahl, ebenso wie die Corps. Auch das Fechten macht nicht automatisch eine Burschenschaft aus. Ihr Beitrag hier ist geprägt von Unwissenheit und demonstrativem Desinteresse an den Details des Themas, zu dem Sie sich äußern. Wenn ich das richtig sehe, sind sie ein Doktor. Das bedeutet, sie haben dereinst einmal eine Dissertation abgelegt – das Grundprinzip der Differenzierung sollte Ihnen daher vertraut sein.
Ich erwarte gar nicht, dass Sie ein Verbindungsfreund werden – es gibt sicher viele Gründe, weshalb einem ein derartiger Zusammenschluss nicht gefallen muss – aber ich erwarte Respekt und Fairnis bei der Behandlung des Themas.
In der Hoffnung, sie zum Nachdenken angeregt zu haben
Mit couleurstudentischen Grüßen
Marcel Schimmelpfennig Of!
Respekt und Fairness! Ok! Aber es stimmt schlich und einfach nicht, wenn Sie schreiben, dass ich „einstige Verhältnisse a) mit heutigen Maßstäben bemesse und b) versuche, die aktuellen Studentenverbindungen auf Grund der Fehler, die Menschen Generationen vor ihnen begangen haben, ins Negative zu ziehen“.
es geht darum, dass die rechts-rechten Verbindungen (nich alle, da haben Sie recht), heute (!) einen problematischen Umgang mit der NS-Vergangenheit pflegen. Darum sind ja auch viele Verbindungen aus dem Dachverband ausgetreten.