15. Februar 2021

Tirols Problem mit seinen Repräsentanten

2021-02-15T09:49:30+01:0015.02.21, 9:48 |Kategorien: Arbeit und Wirtschaft, Gesellschaft|Tags: , |

In letzter Zeit häufen sich verstörende Meldungen aus Tirol. Mit verbalen Kraftakten wird gegen alles geschossen, was aus Wien, München oder Berlin kommt. Das schadet der Bevölkerung, das schadet dem Land, das schadet der Wirtschaft.

Unter dem Titel „Was ist los in Tirol?“ habe ich in den „Vorarlberger Nachrichten“ dazu Stellung bezogen. Hier zum Nachlesen:

Wer erinnert sich nicht an die unsägliche Behauptung des Tiroler Gesundheitslandesrates Bernhard Tilg, der in einem einzigen Interview in der ZiB2 zwölfmal behauptet hatte, man habe bei der Bekämpfung des Corona-Virus „alles richtig“ gemacht? Das war nach Ischgl und nach der verheerenden Berichterstattung in ganz Europa.

Tirol hat ein Problem mit seinen Repräsentanten, die Kritik mit Grobheiten zurückweisen. ÖVP-Nationalrat Franz Hörl spielt den „Alpen-Trump“ und bezeichnet die Reisewarnung der Regierung für Tirol einen „Rülpser aus Wien“. Der Präsident der Wirtschaftskammer, Christoph Walser wird vom SPÖ-Politiker Andreas Schieder auf Twitter nach seinem Auftritt in der ZiB2 gar als Paradebeispiel dafür bezeichnet, „wie gemeingefährlich die Paarung von Dummheit und Überheblichkeit sein kann“.

Triebfeder Gier

Doch das Problem auf „Dummheit“ zu reduzieren, greift zu kurz. Felix Mitterer hat schon vor einem Vierteljahrhundert mit seiner „Piefke-Saga“ nicht nur das Verhältnis der Tiroler zu den deutschen Gästen kritisch beleuchtet, sondern auch die über Leichen gehende Gier in der heimischen Tourismus-Industrie. Derzeit arbeitet er an einer Fortsetzung. Stoff hat er genug.

Da sind beispielsweise Zillertaler Hoteliers, die mitten in der Pandemie nach Südafrika zum Golfen geflogen sind, während zuhause der Betrieb mit Steuergeld gerettet wird. Wenig später taucht die höchst gefährliche Südafrika-Mutation des Virus genau in ihrem Bezirk auf und hält inzwischen ganz Europa in Atem.

Doch damit nicht genug. Da wäre ein Covid-Cluster in Jochberg, verursacht durch Briten, die in Tirol angeblich eine „Fortbildung“ als Ski-Lehrer machen und in Wirklichkeit wohl nur „getarnte“ Urlauber sind − auf Kosten der Corona-geplagten Bevölkerung. Dann gäbe es auch noch angeblich Arbeitssuchende und zweifelhafte „Zweitwohnungsbesitzer“, die − so ein Zufall − in Skigebieten entdeckt werden.

Markenzeichen Präpotenz

Das Problem ist nicht nur die politische Kaste. In der Tirol-Ausgabe der Kronen-Zeitung war zu lesen, das Virus sei nicht so schlimm: „Viel schlimmer ist dieses ‚Tirol-Bashing‘. Von Wien über München bis nach Berlin zerreißen sie sich das Maul über uns. Am lautesten brüllt der bayerische Löwe Markus Söder. Er lässt derzeit keine Möglichkeit aus, um uns runterzumachen.“

Diese Wehleidigkeit angesichts gerechtfertigter Kritik lässt für die Zukunft auf wenig Einsicht bei Fehlentwicklungen hoffen. Die Kronen-Zeitung jedenfalls gibt schon jetzt Entwarnung. So schlimm seien die Auswirkungen der jetzigen Maßnahmen und des Bashings auch wieder nicht: „Wir Tiroler werden uns von Söder nicht in die Knie zwingen lassen. Da kann er gegen uns wettern, bis er schwarz wird. Denn eines ist auch klar: Die Bayern lieben Tirol und sie freuen sich schon auf den nächsten Tirol-Urlaub!“

Das könnte der nächste Irrtum sein im Land, wo man „alles richtig“ gemacht hat.

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19. Oktober 2020

Vom „New Deal“ lernen!

2020-10-19T10:09:41+02:0019.10.20, 10:03 |Kategorien: Arbeit und Wirtschaft|

Unter dem Titel „Wer zahlt die Rechnung?“ habe ich in den „Vorarlberger Nachrichten“ Stellung bezogen zum letzte Woche präsentierten Budget für das kommende Jahr. Mein Resümee: Es weist in die richtige Richtung, braucht aber noch zukunftsweisende Weichenstellungen. Und eine entscheidende Frage lautet: Wer wird das bezahlen?

Bund und Land planen für 2021 mit gewaltigen Defiziten. Vorgesehen sind Milliardenbeträge für Zuschüsse, Hilfszahlungen, Kurzarbeit und anderen Hilfsmaßnahmen. Das ist notwendig. Der soziale Frieden muss gewahrt bleiben, die Wirtschaft braucht dringend Unterstützung. Gerade in der Pandemie hat unser vielgeschmähter Sozialstaat gezeigt, dass er Krisen abfedern kann. Wer erinnert sich nicht mehr an die lautstarke Kritik vieler Neoliberaler an unserem Gesundheitssystem? Sie forderten Einsparungen nach dem Vorbild der USA, Großbritanniens oder Italiens. Jetzt in Coronazeiten ist der Irrweg dieser Länder offenkundig geworden – und die Vertreter des „schwachen Staates“ sind sehr leise.

Alles paletti?

Insbesondere auf Bundesebene sind dennoch grundlegende Reformen notwendig. Zu Recht weist der Verkehrsclub Österreich darauf hin, dass im vorliegenden Budget keine Schritte zur dringend notwendigen ökosozialen Steuerreform erkennbar sind. Auch die EU-Kommission monierte letzte Woche entsprechende Maßnahmen.

Auch der Kampf gegen die rasant steigende Langzeitarbeitslosigkeit und die Kinderarmut muss intensiver angegangen werden. Armutsgefährdete Kinder leiden meist auch unter Ausgrenzung und haben nur geringe Bildungschancen. Ihnen zu helfen, ist ein Gebot der Fairness und „rechnet“ sich zudem: Wer nach der Pflichtschule schon den Gang zum AMS antreten muss, belastet nämlich das Budget dauerhaft, statt durch Steuern etwas dazu beizutragen.

Wir sind nicht die Besten

Beide Regierungsparteien sind daher gefordert, denn „die Besten“ sind wir trotz gegenteiliger Bekundungen nicht. Deutschland etwa ist uns in vielem voraus. Die Wirtschaft beim nördlichen Nachbarn bricht deutlich weniger ein als bei uns, die Arbeitslosenquote ist viel niedriger. Zudem ist unser Budgetdefizit fast doppelt so hoch, und die Verbraucherpreise steigen sogar um mehr als das Zweieinhalbfache.
Beitrag der Reichsten

Es stellt sich zudem – nicht nur, aber auch in Österreich – die Frage, wer die Folgen der Krise bezahlen wird. Angesichts der Tatsache, dass die Steuerlast für die Mittelschicht schon sehr hoch ist, braucht es eine Diskussion darüber, was künftig die Reichsten der Gesellschaft zu leisten haben.

Dabei kann man sich an historischen Vorbildern orientieren: Die USA haben in den Dreißigerjahren mit einem gewaltigen Investitionsprogramm die Folgen der Weltwirtschaftskrise überwunden. Bezahlt wurde dieser „New Deal“ durch massive Steuern auf hohe Einkommen und große Erbschaften.

Österreich ist derzeit unter den hochentwickelten Staaten eines der Schlusslichter bei vermögensbezogenen Steuern. Vernünftige Superreiche wissen das und sind bereit, ihren Beitrag zu leisten. Sie profitieren vom sozialen Frieden ja auch am meisten. Nur unverbesserliche Neoliberale sehen das anders.

27. Juli 2020

Corona offenbart „moderne Sklaverei“

2020-07-27T19:43:34+02:0027.07.20, 19:43 |Kategorien: Arbeit und Wirtschaft, Gesellschaft|Tags: , , |

In den „Vorarlberger Nachrichten“ habe ich unter dem Titel „Moderne Sklaverei“ darauf hingewiesen, dass die derzeitige Pandemie schreckliche Zustände auf dem heimischen Arbeitsmarkt deutlich gemacht hat. Es gibt massiven Handlungsbedarf!

Da der Kommentar nur mit Bezahlschranke lesbar ist, hier zum Nachlesen:

„Moderne Sklaverei“

Die Coronakrise hat nicht nur in Deutschland und Österreich erschreckende Geschäftspraktiken offengelegt.

Stundenlöhne von vier Euro in österreichischen landwirtschaftlichen Betrieben, desolate Quartiere für die vornehmlich in Osteuropa angeworbenen Arbeitskräfte, Arbeitszeiten bis zu 14 Stunden – und das in der Erntezeit nicht selten sieben Tage in der Woche. All diese Fakten sind von den Medien aufgegriffen worden. Sie erinnern an die Zeiten des unkontrollierten und menschenfeindlichen Manchester-Kapitalismus des 19. Jahrhunderts.

Unzumutbare Bedingungen

Die unerträglichen Bedingungen sind nicht auf die Landwirtschaft beschränkt. In Deutschland wurden allein beim Fleischverarbeiter Tönnies über 1500 der 6500 Arbeitskräfte mit dem Virus infiziert. Die Männer und Frauen stammen größtenteils aus Polen und Rumänien. Der Hausmeister eines der Tönnies-Wohnsilos meinte zu den Lebensbedingungen: „Die schlafen im Drei-Schicht-Betrieb mit bis zu zehn Mann in einer Drei-Zimmer-Wohnung.“ Die horrende Miete beträgt zwischen 250 und 300 Euro für das Bett.

Tönnies musste für gut einen Monat geschlossen werden. Vergangenes Wochenende – kurz nach Wiedereröffnung – wurden erneut 30 Mitarbeiter positiv getestet. Solange sich an den Wohnverhältnissen nichts ändert und an den Arbeitsbedingungen nur wenig, wird sich das Ansteckungsrisiko nicht vermeiden lassen.

Von der Unzumutbarkeit solcher Lebensbedingungen ganz zu schweigen. Der katholische Pfarrer einer betroffenen Gemeinde bezeichnete die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen als „moderne Sklaverei“.

Corona-Cluster

Österreich ist keineswegs eine „Insel der Seligen“. Vorarlberg auch nicht. Die in der letzten Woche bekannt gewordenen Corona-Cluster in Oberösterreich, Wien und im Ländle sind meist nicht zufällig Unterkünfte von Leiharbeitskräften, Schlachtbetriebe oder andere Einrichtungen, in denen schlecht bezahlte Menschen unter unwürdigen Bedingungen arbeiten oder wohnen.

In Zeiten der Pandemie sind das wahre Virenschleudern und die Skandale rücken ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Endlich diskutieren wir darüber, ob wir bei uns solche Arbeitsbedingungen und Wohnverhältnisse wie jene der Bauarbeiterunterkunft in Frastanz wirklich dulden dürfen oder ob die Behörden nicht früher kontrollieren sollten und gegebenenfalls härtere Strafen notwendig sind.

Die Gewerkschaften fordern richtigerweise gleichen Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort. Nur so kann verhindert werden, dass sich der mitten in der EU entstandene menschenunwürdige Arbeitsmarkt weiter etabliert und zudem als Brandbeschleuniger für die aktuelle Pandemie und andere Seuchen wirkt.

Wir leben im Jahr 2020 und nicht mehr im 19. Jahrhundert!

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

Hier erfahren sie mehr…

Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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