30. Mai 2022

ÖVP-Korruptionsprobleme

2022-05-30T11:04:03+02:0030.05.22, 10:57 |Kategorien: Parteien|Tags: , |

Die Korruptionsproblene der ÖVP sind inzwischen ein gesamtösterreichisches Problem. Immerhin handelt es sich um eine „staatstragende“ Partei, deren Zustand auf mittlere Sicht die innenpolitische Stabilität gefährdet. Unter dem Titel „‚Schwarzes‘ Geld“ habe ich in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar dazu verfasst. Hier zum Nachlesen:

Was ist los in der ÖVP? Gegen Dutzende Spitzenfunktionäre ermittelt die Staatsanwaltschaft, der Wirtschaftsbund „scheitert“ zu eigenen Gunsten am Steuergesetz, der Seniorenbund kassiert Hilfsgelder aus dem „Covid-Topf“, obwohl Parteien und Vorfeldorganisationen ausdrücklich von Förderungen ausgeschlossen sind.

Die ÖVP-Oberösterreich argumentiert, der Verein „Seniorenbund“ – er hat fast zwei Millionen erhalten − sei unabhängig. Der Parteienfinanzierungsexperte Hubert Sickinger hält dem entgegen, dass man mit dem Beitritt zum „gemeinnützigen Verein“ automatisch auch der ÖVP beitrete. Er spricht von einer versuchten „Flucht aus dem Parteiengesetz“. Die Flucht ist misslungen.

Warum hat ausgerechnet die ÖVP in Oberösterreich so viel Geld gebraucht? Weil dort letztes Jahr Wahlen stattgefunden haben? Obmann und Alt-Landeshauptmann Josef Pühringer zur Verwendung der Gelder: „Im Wahlkampf kann sich das schon mal ein bisschen vermischen.“ Bestätigt hat er die Verwendung für Personalkosten. Sein eigener Landesgeschäftsführer widerspricht. Warum wohl?

Verhaltenskodex

Die Reaktion des Bundesparteiobmanns? Künftig gelte für alle Mitglieder ein „Verhaltenskodex“: „Wer sich nicht dranhält, der hat auch keine Zukunft in dieser Partei.“ Das ist allerdings fast auf den Tag genau zehn Jahre her und war eine Reaktion von Obmann Michael Spindelegger auf damals aufgeflogene ÖVP-Skandale. Spindelegger versprach verpflichtende „Ethikseminare“ für alle Funktionäre. Falls sie stattgefunden haben: Auswirkungen sind ebenso wie beim „Kodex“ nicht zu erkennen. Von Parteiausschlüssen wegen Nichteinhaltung der Selbstverständlichkeiten ist nichts bekannt, von überhandnehmender Unverfrorenheit hingegen vieles.

Ein Beispiel ist die Überschreitung der gesetzlichen Höchstausgaben bei diversen Wahlen. Sickinger rechnete am Beispiel der ÖVP vor: Das Ignorieren der Obergrenze hat dank der Stimmengewinne über zusätzliche Parteienförderung ein Mehrfaches des Geldes „eingespielt“. Eine gute „Investition“? Nein, vom Rechtlichen ganz abgesehen eine demokratiepolitisch gefährliche Wettbewerbsverzerrung.

„Zugeschaut“

Bezahlt werden die unverschämten Griffe in diverse Geldtöpfe schlussendlich von uns allen. ÖVP-Landeparteiobmann Markus Wallner hat bei Bekanntwerden des Wirtschaftsbund-Skandals zugegeben, er habe zu lange „zugeschaut“. Wer „zuschaut“, kennt die Sachlage. Die Frage ist, wo in der Vergangenheit noch überall „zugeschaut“ wurde.

Als der „Falter“ berichtete, die ÖVP habe 2019, die Überschreitung der Wahlkampfkosten-Obergrenze bewusst geplant, wurde er von der ÖVP geklagt: Das Oberlandesgericht Wien hat die Klage abgewiesen.

Der Versuch, die Missstände auf die türkise Kurz-ÖVP zu schieben, scheitert angesichts der Faktenlage. Unter „Schwarzgeld“ versteht man an sich unversteuerte Einnahmen. Die „schwarze“ ÖVP lässt inzwischen eine neue Begriffsdefinition zu.

18. Mai 2022

Wie hältst Du’s mit den Grünen?

2022-05-18T08:59:29+02:0018.05.22, 8:56 |Kategorien: Parteien|Tags: , , |

Der Kurier hat nachgefragt: Wie hältst Du’s mit der Grünen Position zu Landeshauptmann Wallner? Wie schaut die Performance der Grünen auf Bundesebene aus? Hier zum Nachlesen:

Von Raffaela Lindorfer

„Mein Vertrauen ist schwer erschüttert“

Harald Walser. Der Ex-Politiker geht vom Rücktritt Markus Wallners aus und befürchtet, dass Skandale beim Koalitionspartner auf die Grünen abfärben

Die Vorarlberger Grünen haben am Mittwoch beim Misstrauensantrag gegen Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) nicht mitgestimmt – und ihn damit vor der Abwahl bewahrt. Warum die Grünen angesichts von Korruptionsvorwürfen gegen den Koalitionspartner – in Bund und Land – nicht längst aufstehen, hat der KURIER mit Grün-Urgestein Harald Walser, selbst Vorarlberger, besprochen.

KURIER:Die Grünen halten dem Landeshauptmann weiter die Stange – können Sie das nachvollziehen?

Harald Walser: Ja, da gewinnt Realpolitik gegen das Herz. Beim Misstrauensantrag mitzugehen, hätte das Ende der Koalition bedeutet – und der Schaden für das Land wäre viel, viel größer gewesen.

Die Koalition im Ländle ist gerettet – zu welchem Preis?

Der Preis ist noch akzeptabel. Es gibt eine Reihe von Vorwürfen, teils berechtigt, teils steht Aussage gegen Aussage. Wenn es eine Anklage gegen Wallner gibt, schaut es aus meiner Sicht anders aus.

Die rote Linie ist erst bei Anklage überschritten? Hat eine Partei wie die Grünen nicht höhere Ansprüche?

Anstand, Sauberkeit – das hat bei uns Tradition, betrifft aber die eigenen Leute. Wie die anderen Parteien handeln, das ist deren Angelegenheit.

Wie bewerten Sie, dass der Landeshauptmann nach Publikwerden der Vorwürfe sein Diensthandy und sein Tablet austauschen ließ?

Das erweckt den Eindruck, dass da etwas faul ist. Mein Vertrauen als Staatsbürger in den Landeshauptmann ist schwer erschüttert. Aber in der politischen Abwägung ist das noch kein zwingender Rücktrittsgrund.

Glauben Sie, wird Wallner doch noch zurücktreten?

Der Druck ist enorm – wenn das so weitergeht, dann ist der Rücktritt unausweichlich. Das ist aber seine persönliche Entscheidung.

Wechseln wir auf die Bundesebene: Befürchten Sie, dass die Korruptionsvorwürfe gegen die ÖVP auf die Grünen abfärben?

Ja, leider. Die Grünen sind mit in der Ziehung, ohne einen eigenen Beitrag geleistet zu haben.

Warum stehen die Grünen dann nicht auf und gehen?

Ich muss den altmodischen Begriff der „politischen Verantwortung“ strapazieren: Es gibt keine Alternative zur grünen Regierungsbeteiligung. Schwarz-Rot hat jahrelangen Stillstand bedeutet, Schwarz-Blau war eine Schreckenskoalition. Schwarz-Grün bringt doch einiges weiter, und darum geht es in der Politik schlussendlich. Das macht die Situation erträglicher.

Es rechnet sich also noch?

Parteipolitisch vielleicht nicht: In Umfragen geht es für beide Parteien deutlich nach unten. Aber es rechnet sich für die Republik.

Ist das wirklich purer Altruismus – oder nicht auch die Lust an der Macht?

Das ist sicher auch ein Faktor. Die Regierungsbeteiligung ist etwas, das wir Grüne immer wollten. Wir tun das, weil wir unsere Ziele erreichen und Österreich weiterbringen wollen – bei Klimaschutz, bei der Korruptionsbekämpfung …

Und wie zufrieden sind Sie mit dem bisher Erreichten?

Es gab Anfangsschwierigkeiten, gerade die Probleme mit den Gesundheitsministern waren offenkundig. Die ÖVP war da mehr Koalitionsfeind als Koalitionspartner, sie hat bei Rudi Anschober von Anfang an hintertrieben. Die Verkehrs- und die Justizministerin (Leonore Gewessler und Alma Zadić; Anm.) machen einen sehr guten Job, sie sind echte Lichtblicke. In anderen Bereichen würde ich mir mehr wünschen.

Wo zum Beispiel?

Erstens sollte der Kampf gegen den Rechtsextremismus stärker im Fokus stehen. Zweitens war Bildung immer ein Schwerpunkt bei uns Grünen, das ist sie jetzt nicht mehr. Dabei ist das ein absolutes Zukunftsthema.

Sie sagten einmal, Sie wünschen sich eine „lautere Basis“. Was meinen Sie damit?

Wenn ich mir anschaue, wie es vor Jahrzehnten beim Bundeskongress zugegangen ist und was das jetzt für eine zahme Veranstaltung ist … Wir sind auf dem Weg zu einer stinknormalen Partei. Es dürfte durchaus mehr Diskussion und Kritik sein.

Welche Chancen würden Sie für die Grünen sehen, wenn Neuwahlen kämen?

Das ist unmöglich vorherzusagen. 2017 hatten wir im Frühjahr noch Höchstwerte in den Umfragen, im Herbst sind wir dann aus dem Nationalrat geflogen.

Für wie wahrscheinlich halten Sie Neuwahlen – auf einer Skala von 1 bis 10?

6 – aber weder die ÖVP noch die Grünen können momentan ein Interesse an Neuwahlen haben.

Wäre Werner Kogler dann der Richtige als Spitzenkandidat und Parteichef?

Das hängt davon ab, ob er noch Lust hat, die Partei zu führen. Wenn ja, dann spricht nichts dagegen.

2. Mai 2022

ÖVP: „Älter waren wir noch nie!“

2022-05-02T10:35:15+02:0002.05.22, 10:00 |Kategorien: Allgemein, Parteien|Tags: , , |

Türschild ÖVP neu

Ich weiß schon: Am Wochenende hat sich „Die neue Volkspartei“ wieder in „Volkspartei“ umbenannt. Aber der Untertitel hat nach wie vor Gültigkeit: „Älter waren wir noch nie!“

Unter dem fragenden Titel „Vorarlberger Verhältnisse?“ habe ich in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar zum desaströsen Bild geschrieben, das insbesondere die Ländle-ÖVP derzeit abgibt. Hier zum Nachlesen:

Die seriösen „Salzburger Nachrichten“ fragen sich in Sachen Korruption: „Vorarlberger Verhältnisse in Niederösterreich?“ Auch aus Kärnten kommt die Warnung vor „Vorarlberger Verhältnissen“. Aus Kärnten, wo noch vor nicht allzu langer Zeit der Skandal um die FPÖ und deren Machenschaften in der Hypo Alpe-Adria fast die ganze Republik in finanzielle Bedrängnis gebracht hat! Und es ist keineswegs der politische Gegner der ÖVP, der diese Warnung süffisant ausspricht: Der Ruf ertönt aus der Kärntner ÖVP und dort wiederum von der Wirtschaftskammer.

Dabei ist es keineswegs nur die Vorarlberger ÖVP, die mit einer Korruptionsaffäre zu kämpfen hat. Dass auf Bundesebene ein eigener parlamentarischer Untersuchungsausschuss notwendig ist, um die Verfehlungen der Bundes-ÖVP, ihrer Teilorganisationen und ihrer führenden Vertreter zu untersuchen, fällt kaum mehr auf.

Kein Korruptionsproblem?

Was meint Bundeskanzler Karl Nehammer also, wenn er verkündet, die ÖVP habe „kein Korruptionsproblem“? Ist es Vergesslichkeit? Zur Erinnerung: 2012 wurde der der frühere Kärntner ÖVP-Obmann Josef Martinz wegen Untreue zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. 2014 wurde der ehemalige ÖVP-Innenminister Ernst Strasser wegen Bestechlichkeit zu drei Jahren Haft verurteilt. In den vielen Verfahren gegen den ehemalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser gibt es inzwischen ein nicht rechtskräftiges Urteil wegen Untreue über acht Jahre Haft. Und weitere Untersuchungen im „Fall Grasser“ sind in Gange.

Aktuell als Beschuldigte geführt werden aus den Reihen der ÖVP der ehemalige Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll, Ex-Finanzminister Hartwig Löger, Ermittlungen laufen gegen die ehemalige Bundesparteiobmann-Stellvertreterin Bettina Glatz-Kremsner, den ehemaligen Justizminister Wolfgang Brandstetter, den mittlerweile suspendierten Sektionschef im Justizministerium Christian Pilnacek.

Und nicht nur politisch Interessierten ist bekannt, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auch gegen den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz ermittelt. Die Aufzählung ist noch lange nicht vollständig. Für alle nicht rechtskräftig Verurteilten gilt die Unschuldsvermutung.

Der Verfassungsjurist Heinz Mayer ist Proponent des Antikorruptionsvolksbegehrens, das ab heute in den Gemeindeämtern aufliegt und hoffentlich von vielen unterschrieben wird. Mayer verweist auf inzwischen 20 Spitzenrepräsentanten der ÖVP und weitere der ÖVP zugerechnete Personen aus dem Beamtenbereich, die im Visier der WKStA stehen.

Hat die ÖVP wirklich kein Korruptionsproblem, Herr Bundeskanzler? Und Vorarlberger Verhältnisse? Nein, es handelt sich um ÖVP-Zustände. Im Land ist die Partei seit Kriegsende, im Bund inzwischen seit 46 Jahren ununterbrochen an der Macht und stellte zuletzt meist den Bundeskanzler. Eine Erneuerung fern von den Fleischtöpfen der Macht würde ihr eventuell guttun.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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