2. Mai 2022

ÖVP: „Älter waren wir noch nie!“

2022-05-02T10:35:15+02:0002.05.22, 10:00 |Kategorien: Allgemein, Parteien|Tags: , , |

Türschild ÖVP neu

Ich weiß schon: Am Wochenende hat sich „Die neue Volkspartei“ wieder in „Volkspartei“ umbenannt. Aber der Untertitel hat nach wie vor Gültigkeit: „Älter waren wir noch nie!“

Unter dem fragenden Titel „Vorarlberger Verhältnisse?“ habe ich in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar zum desaströsen Bild geschrieben, das insbesondere die Ländle-ÖVP derzeit abgibt. Hier zum Nachlesen:

Die seriösen „Salzburger Nachrichten“ fragen sich in Sachen Korruption: „Vorarlberger Verhältnisse in Niederösterreich?“ Auch aus Kärnten kommt die Warnung vor „Vorarlberger Verhältnissen“. Aus Kärnten, wo noch vor nicht allzu langer Zeit der Skandal um die FPÖ und deren Machenschaften in der Hypo Alpe-Adria fast die ganze Republik in finanzielle Bedrängnis gebracht hat! Und es ist keineswegs der politische Gegner der ÖVP, der diese Warnung süffisant ausspricht: Der Ruf ertönt aus der Kärntner ÖVP und dort wiederum von der Wirtschaftskammer.

Dabei ist es keineswegs nur die Vorarlberger ÖVP, die mit einer Korruptionsaffäre zu kämpfen hat. Dass auf Bundesebene ein eigener parlamentarischer Untersuchungsausschuss notwendig ist, um die Verfehlungen der Bundes-ÖVP, ihrer Teilorganisationen und ihrer führenden Vertreter zu untersuchen, fällt kaum mehr auf.

Kein Korruptionsproblem?

Was meint Bundeskanzler Karl Nehammer also, wenn er verkündet, die ÖVP habe „kein Korruptionsproblem“? Ist es Vergesslichkeit? Zur Erinnerung: 2012 wurde der der frühere Kärntner ÖVP-Obmann Josef Martinz wegen Untreue zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. 2014 wurde der ehemalige ÖVP-Innenminister Ernst Strasser wegen Bestechlichkeit zu drei Jahren Haft verurteilt. In den vielen Verfahren gegen den ehemalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser gibt es inzwischen ein nicht rechtskräftiges Urteil wegen Untreue über acht Jahre Haft. Und weitere Untersuchungen im „Fall Grasser“ sind in Gange.

Aktuell als Beschuldigte geführt werden aus den Reihen der ÖVP der ehemalige Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll, Ex-Finanzminister Hartwig Löger, Ermittlungen laufen gegen die ehemalige Bundesparteiobmann-Stellvertreterin Bettina Glatz-Kremsner, den ehemaligen Justizminister Wolfgang Brandstetter, den mittlerweile suspendierten Sektionschef im Justizministerium Christian Pilnacek.

Und nicht nur politisch Interessierten ist bekannt, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auch gegen den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz ermittelt. Die Aufzählung ist noch lange nicht vollständig. Für alle nicht rechtskräftig Verurteilten gilt die Unschuldsvermutung.

Der Verfassungsjurist Heinz Mayer ist Proponent des Antikorruptionsvolksbegehrens, das ab heute in den Gemeindeämtern aufliegt und hoffentlich von vielen unterschrieben wird. Mayer verweist auf inzwischen 20 Spitzenrepräsentanten der ÖVP und weitere der ÖVP zugerechnete Personen aus dem Beamtenbereich, die im Visier der WKStA stehen.

Hat die ÖVP wirklich kein Korruptionsproblem, Herr Bundeskanzler? Und Vorarlberger Verhältnisse? Nein, es handelt sich um ÖVP-Zustände. Im Land ist die Partei seit Kriegsende, im Bund inzwischen seit 46 Jahren ununterbrochen an der Macht und stellte zuletzt meist den Bundeskanzler. Eine Erneuerung fern von den Fleischtöpfen der Macht würde ihr eventuell guttun.

21. April 2021

Doskozil spielt mit dem Feuer

2021-04-20T23:17:37+02:0021.04.21, 9:01 |Kategorien: Gesundheit und Pflege, Parteien|Tags: , , , |

Es ist so halb im Ernst, wenn auf Twitter die Gedankenspiele laufen, der burgenländische Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil könnte mit FPÖ-Boss Hofer eine eigene Partei gründen. Peinlich genug für einen Sozialdemokraten.

Aber das gefährliche Spiel mit der Corona-Öffnung und der Bruch der Solidarität mit den beiden anderen Bundesländern Wien und Niederösterreich ist schlicht verantwortungslos.

In den „Vorarlberger Nachrichten“ habe ich unter dem Titel „Doskozils Höllenritt“ ein paar Gedanken dazu verfasst. Hier zum Nachlesen:

Die Binsenweisheit, dass ein Virus an Landesgrenzen nicht haltmacht, muss einigen offenkundig in Erinnerung gerufen werden. Dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil zum Beispiel.

Er hat seine eigenen Vorstellungen über die Bekämpfung des Virus und schert aus der Solidarität der drei östlichen Bundesländer aus. Während man in Wien und Niederösterreich den Lockdown bis 2. Mai verlängert, wird er im Burgenland beendet. Der Beifall der − nicht nur in Sachen Corona − völlig ohne jedes Verantwortungsgefühl agierenden FPÖ ist ihm gewiss. Die Skepsis der Fachleute ebenso.

Landesfürsten-Problematik

Föderalismus ist an sich eine gute Sache. In vielen Bereichen sind regionale Lösungsansätze effizient und schnell umsetzbar. In Sachen Pandemie-Bekämpfung ist das nicht so. Zwar wurden im Burgenland die Covid-Intensivbetten auf 35 aufgestockt, doch − so die Zahlen Mitte der letzten Woche − schon jetzt sind 27 davon belegt. Planbare Operationen müssen verschoben werden. Niederösterreich und Wien werden bald die Zeche für Doskozils Höllenritt durch die Pandemie bezahlen und Lungen-Intensiv-Patienten aufnehmen müssen.

Was geht im Kopf eines verantwortlichen Politikers vor, der in dieser Situation Öffnungsschritte veranlasst? Will er skurrilen Corona-Skeptikern gefallen? Oder hat die Öffnung in Vorarlberg pannonische Begehrlichkeiten geweckt?

Vorarlbergs Sonderweg

Das Beispiel Vorarlberg aber ist ungeeignet. Unser Land ist aufgrund seiner geografischen Lage ein österreichischer Sonderfall. Und trotz wesentlich besserer Voraussetzungen und niedriger Fallzahlen waren die Öffnungsschritte gefährlich genug.

Die in den VN täglich veröffentlichte grafische Darstellung der bestätigten Zahl an Neuinfektionen lügt nicht: Wir hatten vor einiger Zeit österreichweit noch mit weitem Abstand die niedrigsten Werte und waren auch verglichen mit anderen Bodensee-Regionen sehr gut unterwegs. Das hat sich inzwischen geändert.

Immerhin aber ist es dank eines unkomplizierten Zugangs zu Test-Möglichkeiten bislang gelungen, ein exponentielles Wachstum der Infektionszahlen zu verhindern. Hoffentlich bleibt das so.

Durchsetzungskraft nötig

Heute wird Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein angelobt. Er hat sich letzte Woche schon weit aus dem Fenster gelehnt und gemeint, er scheue sich nicht, unpopuläre Maßnahmen zu setzen. Man darf ihm dazu viel Durchsetzungsvermögen wünschen. Selbstherrliche Landesfürsten werden eventuell ein paar Hürden aufstellen.

Erfreulich ist immerhin, dass einige Verantwortung zeigen und den populistischen Versuchungen widerstehen. SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner antwortete am Samstag auf die Frage, ob der burgenländische Landeshauptmann mit der Öffnung ein „zu hohes Risiko“ gehe mit einem unmissverständlichen: „Das ist so“.

5. Oktober 2020

Driftet die türkise ÖVP ab?

2020-10-05T09:25:27+02:0005.10.20, 9:23 |Kategorien: Gesellschaft, Menschenrechte, Parteien|Tags: , , |

Türschild ÖVP neu

Sebastian Kurz hat der ÖVP in den letzten drei Jahren einen strammen Rechtskurs verordnet und ihn mit der FPÖ in der Regierung beinhart umgesetzt. Mit den Grünen wurde das schwierig, denn irgendwann ist Schluss mit „geschluckten Kröten“.

In einem Kommentar in den „Vorarlberger Nachrichten“ bin ich unter dem Titel „Wo ist politisch die Mitte?“ auf die zunehmend schwieriger werdende Situation eingegangen. Hier zum Nachlesen:

Für eingefleischte „Schwarze“ war der Verlust des Bürgermeister-Sessels in Bregenz vor einer Woche ein schwer verdaulicher Tiefschlag.

Hat das überregionale Bedeutung? Büßte Markus Linhart gar für die rechtslastige Politik der Bundes-ÖVP?

Der Politologe Peter Filzmaier jedenfalls sieht in der Bregenzer Wahl ein Symptom für einen Trend: Die türkise ÖVP gewinnt zwar im ländlichen Bereich Stimmen dazu, das bürgerlich-liberale Klientel in den Städten aber gehe verloren – das gelte speziell bei jüngeren Menschen.

Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel sprechen von einer „anständigen Mitte-Rechts-Politik“. Was verstehen sie darunter? Walter Ruck, Präsident der Wiener Wirtschaftskammer und hochrangiger ÖVP-Funktionär, zeigte sich im „Falter“-Interview von dieser Aussage „geschockt“. Er verlangt von seiner Partei eine weltoffene Politik und vermisst die humanitäre Komponente.

„Kanzler ohne Milde“

Falter-Herausgeber Armin Thurnher nennt Sebastian Kurz den „Kanzler ohne Milde“ – eine Anspielung auf den ehemaligen Bundeskanzler Ignaz Seipel. Sogar der Wiener Boulevard zeigte sich zuletzt Kurz-kritisch. Die „Kronen-Zeitung“ spricht von einem „eiskalten Kanzler“ und „kalten Propagandisten der Emotionslosigkeit“. Der ÖVP-Chef wird daran erinnert, dass auch seine Großmutter am Ende des Zweiten Weltkriegs als Flüchtling nach Österreich kam und seine Familie in den 1990er-Jahren Flüchtlinge aus Jugoslawien aufgenommen hat.

Sogar der deutsche Innenminister Horst Seehofer und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder – beide stramm rechtskonservativ – schütteln den Kopf, wenn sie auf die österreichische Flüchtlingspolitik angesprochen werden. Sie verlangen ausgerechnet von den Grünen, auf Kurz einzuwirken. Ironie der Geschichte?

Wie auch immer: Die Forderung trifft sicher eine wunde Stelle des kleinen Koalitionspartners: Für die Grünen wird die Haltung des Kanzlers nämlich zunehmend zum Problem. Zumal sie von Sebastian Kurz noch weitere dicke Kröten serviert bekommen: Die Fortsetzung der jahrzehntelangen Reformverweigerung im Bildungsbereich, die steuerliche Verschonung einer ganz kleinen Gruppe von Superreichen oder die inakzeptable Vorsitzführung durch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka im Untersuchungsausschuss kann die Grüne Klientel auf Dauer nicht akzeptieren.

Eine neue „Mitte“?

Man darf gespannt sein, ob sich die Einschätzung Filzmaiers bei der Wien-Wahl bestätigen wird: Verschiebt sich die „Mitte“ weiter nach rechts? Erreichen ÖVP, FPÖ und die Strache-Partei jene über 40 Prozent vom letzten Urnengang im Jahr 2015? Oder gar mehr? Ist die ÖVP zu weit nach rechts abgebogen und bleibt unter den hochgesteckten Erwartungen? Profitieren davon die Neos? Oder SPÖ und Grüne?

Eines ist klar: Im Gegensatz zu Bregenz hat die Wiener Wahl am kommenden Sonntag ganz sicher überregionale Bedeutung.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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