nofutureDer Ausgang der gestrigen Landtagswahlen ist nicht erfreulich. Wer aber behauptet, das Ergebnis wäre in diesem Ausmaß nicht vorhersehbar gewesen, weiß es entweder nicht besser oder setzt bereits am Wahltag das alte Spiel fort, die WählerInnen für dumm zu verkaufen. Und wer behauptet, die „Flüchtlingsproblematik“ sei „schuld“ am Zugewinn der FPÖ,  hat selbst ein Problem. Mit dieser Feststellung bin ich keineswegs alleine, die seriöseren KommentatorInnen teilen diese Analyse.

Bei vielen Wahlen, so auch in Oberösterreich, würde die FPÖ wohl auch ohne das Flüchtlingsthema dazugewinnen, genährt von Politikverdrossenheit und Abstiegsängsten. Aber die Anbiederung der Mitte-Parteien an ihre Wähler stärkt sie zusätzlich. (Ruth Eisenreich, Süddeutsche Zeitung)

Wir haben in Österreichs Bevölkerung schon über Jahrzehnte ein autoritäres Potenzial von etwa 30 Prozent. Jörg Haider erreichte bei den Nationalratswahlen 1999 fast 28% der Stimmen, in Kärnten lag er weit darüber. Bei den Nationalratswahlen 2013 kamen FPÖ, BZÖ und Team Stronach zusammengerechnet auf knapp 30%. Nach einer 2014 publizierten Studie des Österreichischen Zukunftsfonds stimmen 29% aller ÖsterreicherInnen der Aussage „Man sollte einen starken Führer haben, der sich nicht um Wahlen und Parlament kümmern muss“ voll oder ziemlich zu. Selbst 21 Prozent jener Personen, die eine Matura oder einen höheren Abschluss aufweisen, befürworten diese Aussage. Daran hat über die Jahre hinweg die Politik nichts geändert, auch wir Grüne nicht – leider! Strache hat den Rahmen ausgeschöpft, nicht mehr aber auch nicht weniger. Wenn ÖVP und SPÖ jetzt im Katzenjammer versinken, um gleichzeitig die supranationale Flüchtlingskrise für das Resultat verantwortlich zu machen, dann ist das ebenso falsch wie dumm.

Der Versuch der SPÖ, die kommenden Wiener Wahlen mit Unterstützung vieler Medien und BerufskommentatorInnen zu einem Duell „Häupl gegen Strache“ zu stilisieren, ist durchsichtiges Wahlgeplänkel. Die SPÖ droht mit dem Verlust von Platz eins, um wankelmütige WählerInnen zu gewinnen, und Strache hat das Duell bereits 2005 erstmals ausgerufen, um potentielle FPÖ-WählerInnen zu mobilisieren.

Die Grünen wurden 1982 (als Alternative Liste Österreich) aus der Taufe gehoben. Damals, als es noch Kreisky gab und als (angeblich oder auch wirklich) überhaupt alles noch besser war. Die Unzufriedenheit mit der etablierten Politik – auch mit jener von Kreisky – war aber schon so groß, dass ihr 1983 vor den Nationalratswahlen „No Future“ prophezeit wurde. Kreisky ist zurückgetreten, weil er die absolute Mehrheit verloren hatte. Und Kreisky legte den Ehrenvorsitz der SPÖ zurück, weil 1987 das Außenministerium der ÖVP überlassen wurde. Was er heute tun würde, kann nur erahnt werden. Dennoch höre ich seit 1983 von an sich vernünftigen Menschen bei jeder Wahl, „diesmal“ müsse man „ein allerletztes Mal“ die Sozialdemokratie wählen, um Schlimme(re)s zu verhindern. Liebe Freunde und Freundinnen: Genau deshalb wurde es immer schlimmer! SPÖ und ÖVP haben seit Jahrzehnten kräftig jenen Boden gedüngt, auf dem die braun-blauen Sumpfpflanzen gedeihen konnten. Wer sozialdemokratische Politik will, die ihren Namen verdient, wird sie sicher nicht bekommen, wenn per Stimme an der Urne eine für jene Politik abgegeben wird, die eben nicht sozialdemokratisch ist.

Wie unklug die Strategie ist, zeigen die Grünen, die anders als SPÖ und ÖVP nicht in die Populismusfalle tappen. Wie die FPÖ gewannen auch sie in diesem Jahr bei jeder Landtagswahl dazu – nur ein oder zwei Prozentpunkte zwar, aber im Vergleich zu den Totalabstürzen der traditionellen Großparteien ist das schon ein Erfolg. (Ruth Eisenreich, Süddeutsche)

Das Duell um Wien wird es in zwei Wochen nicht geben. Die SPÖ wird wieder als erste durch die Ziellinie gehen. Wie die Politik in Wien danach aussehen wird, wird aber mit dem Ergebnis der Grünen zusammenhängen: Wer eine konsistente Politik fernab jeder Anbiederung an den rechtspopulistischen Mainstream will, ist mit den Grünen gut bedient. Und nur mit ihnen. Wie sagte doch der Schauspieler Otto Tausig 2008? „Ich war mein ganzes Leben lang ein Roter. Und deswegen wähl ich jetzt grün.“