werte_oesterreichSebastian Kurz will schon wieder Werte vermitteln. Welche, sagt er nur ansatzweise.

Vielleicht sollte er ja erst einmal seinen eigenen Wertekatalog abarbeiten, bevor er Flüchtlinge und Zugewanderte mit hanebüchenen Pseudokursen auf populistische Weise schikaniert. Ich erinnere an meinen jahrelangen Kampf um zumindest formal richtige Unterlagen für den Staatsbürgerschaftstest, an die Kurz nun seine Werteschulungen andocken will. Bislang hat er es nicht geschafft, korrekte Unterlagen bereitzustellen (Staatsbürgerschaft und Sprache: Grüße aus Absurdistan).

Für mich ist es alleine schon aus pädagogischer Sicht sehr befremdlich, wenn innere Einstellungen mittels Crashkurs erzeugt werden sollen. Jedoch sei es schlichtweg nur mehr paradox, wenn jemand aus der ÖVP auf die Einhaltung von bestimmten Werten wie etwa die Gleichstellung von Mann und Frau zu pochen, um dann selbst, wenn es tatsächlich ums Eingemachte geht, vorwiegend Männer aus den eigenen Reihen in diverse Machtpositionen zu hieven. Siehe Oberösterreich.

Alle wissenschaftlichen Fachexpertisen zeigen, dass liberale gesellschaftliche Zugänge nicht mit restriktiven also illiberalen Maßnahmen geschützt werden können. Wenn Menschen bei uns zuerst mit dem drohenden Zeigefinger begegnet wird, ist das nachhaltiger prägend als ein paar Stunden Kurs, in denen etwas von möglichst viel Toleranz gefaselt wird. Zudem ist es ja nur mehr zynisch, menschenrechtswidrige Zustände wie in Traiskirchen oder aktuell in Spielfeld zu provozieren, um dann auf die Einhaltung derselben Rechte zu pochen.

Es ist wohl vordringlichste Aufgabe der Regierung, angemessene Quartiere und eine soziale Grundversorgung zu schaffen, dann den Zugang zu Deutschkursen zu öffnen und hier genügend qualifiziertes Personal zur Verfügung zu stellen. Statt Geld in Zäune und völlig nutzlose Werteschulungen zu stecken, steht es Kurz gut an, seine Hausübungen zu erledigen und einmal das Desaster mit den fehlenden Sprachkursplätzen zu beseitigen.

Im Moment ist die Regierung – allen voran Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und in ihrem direkten Gefolge Sebastian Kurz – dabei, den letzten Rest an Werten mit der Taktik einer Anbiederung an Rechts zu verspielen. Dann bliebe aber bestenfalls die Anrede „wertelos“.

Übrigens: Das Foto stammt nicht aus dem Villacher Fasching, sondern aus einer der Werte-Broschüren des Integrationsministers. Kommentar überflüssig! (Österreichischer Integrationsfonds [Hg.], Willkommen in Österreich, 2012, 13)