Es ist immer wieder erstaunlich, wie massiv das schlechte Gewissen sein muss: Klimaaktivist:innen werden des „Terrorismus“ bezichtigt oder sonstwie diffamiert, um vom eigenen verantwortungslosen Nichtstun abzulenken. Besonders bieder zeigt sich wieder einmal die Junge ÖVP. Unter dem Titel „Festgeklebt“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

In den letzten Wochen war in Vorarlberg in Sachen Klimaschutz einiges los: Die „letzte Generation“ blockierte den Grenzübergang Au/Lustenau und den Arlbergpass. Die Vertreterin der BH hat die Aktion an der Grenze nicht untersagt, sondern als „zumutbar“ bezeichnet. Es wäre zu ergänzen: Aktionen wie diese sind nicht nur „zumutbar“, sondern notwendig, denn vom überfälligen Umdenken in der Politik ist nichts zu bemerken.

Fast täglich gibt es Schreckensmeldungen: Die Polkappen schmelzen schneller als befürchtet und die Ozeane waren im April so warm wie nie zuvor in der Geschichte. Sie könnten das Wetterphänomen El Niño auslösen. Damit bezeichnet man ungewöhnlich veränderte Meeresströmungen, die zu einer noch stärkeren Erwärmung der Meere führen.

Dringender Protest

Was hat das mit Österreich zu tun? Wir verstärken den gefährlichen Prozess und stoßen jährlich fast doppelt so viele Treibhausgase aus wie der globale Durchschnitt. Die vertraglich festgelegten Klimaziele verfehlen wir klar, wie im Ende April vorgestellten Bericht des Umweltbundesamtes nachzulesen ist. Sogar wenn alle bislang nur versprochenen Maßnahmen eingerechnet werden, liegen die Treibhausgasemissionen zudem noch immer fast 50 Prozent über dem zugesagten Wert.

Es braucht daher weit größere Anstrengungen als bisher. Dass ausgerechnet Österreich in Tateinheit mit Deutschland in der EU zu den Bremsern in Sachen Klimaschutz gehört, kann man nur mit Kopfschütteln quittieren, zumal der Alpenraum und somit ein Großteil unseres Landes schon jetzt vom Klimawandel deutlich stärker betroffen ist als der Durchschnitt der Länder.

PR statt Klimaschutz?

Die Proteste der „letzten Generation“ sollten jene Alarmglocken sein, welche vor allem die ÖVP aus dem klimapolitischen Tiefschlaf wecken. Ihre zunehmenden Techtelmechtel mit der FPÖ deuten allerdings eher in die Gegenrichtung. Vorbei sind offensichtlich die Zeiten, als frühere ÖVP-Parteichefs wie Josef Riegler oder Erhard Busek offen für notwendige Reformen waren.

Festgeklebt an Uraltvorstellungen zeigt sich die angeblich „Junge“ ÖVP in Vorarlberg: Als Antwort auf die Letzte Generation schlägt sie gemeinsames Bäumepflanzen vor. Bäume sind natürlich wichtig für den Klimaschutz. Aber so eine Aktion an einem Samstagnachmittag ist in etwa so wirksam wie ein kleines Heftpflaster, das man einem Schwerverletzten reicht.

Wie wär’s stattdessen mit einem Einsatz für Tempo 100 und einem Überholverbot für LKW auf der Rheintalautobahn? Ist das wirklich schon radikal? Professor Günter Emberger von der Technischen Universität hat diese Forderung jedenfalls für alle Autobahnen in Österreich aufgestellt. Und vielleicht nehmen die Jungschwarzen beim Bäumepflanzen ja ihre Parteigranden mit. Diskutieren sollten sie dann auch zukunftsvergessenen Straßenprojekten wie die S18 oder dem Tunnel-Irrsinn in Feldkirch. Die Letzte Generation hat sicher auch noch die ein oder andere Idee.