In einem Kommentar in den „Vorarlberger Nachrichten“ hat gestern Arnulf Häfele eine spannende Frage aufgeworfen: Hier der Kommentar im Wortlaut:
„Vor drei Tagen haben der grüne Bildungssprecher Harald Walser und der Justizsprecher Albert Steinhauser im Nationalrat einen denkwürdigen Entschließungsantrag eingebracht. Er beschäftigt sich mit einem tragischen Jahrestag. Vor 75 Jahren wurde der Aufstand der Arbeiter gegen das totalitäre Dollfuß-Regime blutig niedergeschlagen. Walser und Steinhauser bescheren uns damit mitten im Sommer eine Auseinandersetzung mit den Februarkämpfern des Jahres 1934, die viele in Vorarlberg gerne verdrängen würden. Die beiden fordern die Bundesregierung auf, dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag zuzuleiten, durch welchen die Justizopfer des Austrofaschismus rehabilitiert werden. Insbesondere jene, die wegen Handlungen zur Verteidigung der Demokratie und des Rechtsstaats verurteilt wurden. Der Antrag ist wichtig und raffiniert zugleich. Er kann grotesker Weise den Sozialdemokraten schlaflose Nächte bereiten. Obwohl sie die Opfer waren. Der sozialdemokratische Justizsprecher Hannes Jarolim hatte nämlich bereits im Jahre 2004 zum siebzigsten Jahrestag einen parlamentarischen Antrag zur Rehabilitierung der Opfer des Austrofaschismus gestartet. Den hat aber die schwarz-blaue Mehrheit von damals abgeschmettert. Nun wärmen die Grünen diesen Antrag wieder auf. Es könnte sein, dass Jarolim und die Sozialdemokraten gegen diesen roten Antrag im grünen Gewand stimmen müssen.
Weil das Koalitionsabkommen mit der ÖVP eine Zustimmung nicht erlaubt. Das wäre ein Stich ins Herz für viele Sozialdemokraten an der Basis, denen die lupenreine demokratische Geschichte der Arbeiterbewegung ein besonderer Schatz darstellt. Wird die Koalition einen Geschäftsordnungstrick finden, um diese Abstimmung zu verhindern? Kann sie sich das erlauben?
Nach der sogenannten Selbstausschaltung des Parlaments am 4. März 1933 regierte Engelbert Dollfuß per Notverordnung ohne Parlament. Eine Suchaktion der christlich-sozialen Heimwehr nach Waffen im Linzer Parteiheim der Sozialdemokraten stand am Beginn des 12. Februar 1934. Haubitzen einer Gebirgskanonenbatterie eröffneten das Feuer auf den Karl-Marx-Hof in Wien. Die Februarkämpfe forderten mehrere hundert Tote und über tausend Verwundete. Neun Mitglieder des Republikanischen Schutzbundes wurden von der Regierung Dollfuß hingerichtet. Unter ihnen der Gruppenkommandant des Schutzbundes Karl Münichreiter. Dem Schuhmacher Münichreiter konnte nicht einmal die Verwendung einer Schusswaffe nachgewiesen werden. Er war zudem durch zwei Schüsse schwer verletzt worden, als er einem verletzten Kameraden zu Hilfe kommen wollte. Kardinal Innitzer und Bundespräsident Wilhelm Miklas intervenierten für ihn. Es hat nichts genützt. Der Vater zweier Kleinkinder wurde schwer verletzt auf einer Tragbahre zum Galgen im Wiener Landesgericht getragen und dort dem Henker übergeben. Viele Sozialdemokraten wurden verhaftet und ins Anhaltelager Wöllersdorf deportiert. Die Todesurteile und Kerkerstrafen, die aus politischen Motiven über Sozialdemokraten verhängt worden sind, wurden formal nie aufgehoben. Werner Faymann braucht viel politisches Geschick, um über die Klippen dieses grünen Antrags heil hinwegzukommen.
Harald Walser trifft ins Mark der Sozialdemokratie. Vom Koalitionspartner kann Werner Faymann in dieser Frage keine Hilfe erwarten. Seit dem Jahre 1934 hat sich zwar auch die ÖVP verändert. Aber der Parlamentsklub der ÖVP wird unter dem Vorsitz von Klubobmann Karlheinz Kopf diesem Antrag sicher nicht nähertreten. Er wird zur Tagesordnung übergehen. Und im ÖVP-Klubraum wird der in Öl gemalte Engelbert Dollfuß wieder einmal zufrieden von der Wand auf seine Abgeordneten herunterschauen.“
!! Finde es einigermaßen bizarr (und reichlich unseriös) wie Dr. Walser seinen Schwager (!!) Kopf und dessen schwarze Truppe mit solchen parteitaktischen Spielchen (die mit politischer Herzensangelegenheit recht wenig zu tun haben) politisch vorzuführen versucht … man erkennt die Absicht und ist verstimmt – möge sich diese Verstimmung im September am Wahlzettel niederschlagen!
Dass da einige verstimmt sind, … ist möglich. Notwendig ist die Initiative dennoch: Ich darf daran erinnern, dass ich mich als Historiker seit über 30 Jahren mit dieser Materie beschäftige und dazu sowohl referiert als auch publiziert habe.
Sg. Herr Dr. Walser! Finde es auch ziemlich unerträglich und empörend, dass sich die ÖVP bis heute nicht (ausreichend) vom Austrofaschismus distanziert hat und noch immer den Verbrecher Dollfuss in ihren Klubräumen hängen hat. Was mich nur mindestens so stört ist, dass ich mich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass die Rehablitation der Februarkämpfer (die eigentlich ein Anliegen der „Roten“ sein sollte) Ihnen und Herrn Steinhauser kein wirkliches Anliegen ist, sondern eine (wegen des „Jubiläums“) willkommene Gelegenheit für Parteitaktik (im Wahljahr) – und das finde ich mies und charakterlos, abgesehen davon, dass auch dieser Schuss nach hinten los gehen dürfte, da dieses Spielchen zu durchschaubar ist und ihr beiden die VP-WählerInnen (bei denen ihr gerne fischen möchtet) für zu dumm verkaufen wollt!!
@ „Prof. Heckenschuss“ Dürfen nur Parteimitglieder etwas Richtiges fordert? Gilt in Österreich ein „rotes“ und ein „scharzes“ Recht? Diskutieren wir doch darüber, ob etwas richtig oder falsch ist und nicht darüber, ob das „Richtige“ auch vom „Richigen“ gesagt wird.
Historiker publizieren und referieren . . . Lieber Herr Walser!
Auch wenn man sich als Historiker 30 Jahre mit einem Thema befasst, heisst das noch lange nicht, dass man die überlieferten Dinge richtig einordnet oder interpretiert. Ich nehme an, in der Zeit der kommunistischen Diktatur gab es ganze Heerscharen von Historikern, die die Realität nach Vorschrift der Herrschenden verdreht haben. Daneben gab und gibt es sogar noch genug Historiker, die aus einer Profilierungsneurose (oder Konkurrenzneid) heraus oder aufgrund ihrer Erziehung oder Erfahrung sogar ohne Druck die Geschichte nach ihrem Gutdünken verfälschen. Ebenso verhält es sich natürlich auch im „Westen“. Im Geschichtsunterricht der Schule waren und sind immer noch die größten Massenmörder der jeweiligen Epochen herausragende Persönlichkeiten und werden von Historikern den Schülern als wichtig vermittelt.
Nicht einmal die relativ kurze Geschichte der Grünen in Österreich ist gefeit vor versuchten und begangenen Geschichtsfälschungen. Da ich ein Teil dieser Geschichte bin, weiß ich, wovon ich spreche. Es würde Ihnen daher besser anstehen, etwas zurückhaltender und bescheidener zu agieren und erst einmal im eigenen Umfeld zu überprüfen, wie wahrhaftig die Grün-„bewegung“ selbst ist.
Klaus Diekers
Lieber Klaus Diekers! Verwundungen im politischen Leben sind leider allzu häufig und führen zu Narben. Ich verstehe Deine (falls ich Dich als „alten“ Grünen noch so nennen darf) Skepsis gegenüber der Geschichtsschreibung, muss allerdings festhalten, dass Du im konkreten Anlassfall keine sachlich fundierten Einwände hast.
Lieber Harald Walser! Es mag sein, dass Verwundungen im politischen Leben leider allzu häufig sind und es mag auch sein, dass das zu Narben führen kann. Auf mich trifft jedenfalls diese psychoanalytisch angehauchte Ferndiagnose meiner Wortmeldung nicht zu. Was Politik anbelangt, ärgere ich mich maximal eine gewisse Zeit über Dummheit oder Ignoranz (gerecht verteilt auf verschiedene Vertreter aller im NR vertretenen Parteien). Dann ist´s aber wieder gut.
Sachlich fundierte Einwände im konkreten Anlassfall gäbe es allerdings einige. Im Rahmen dieses Forums scheint mir aber eine ausführliche Abhandlung des Themas eher der Gefahr eines didaktischen oder gar mäeutischen Ausuferns ausgesetzt.
Man muss ja nicht gleich übertreiben . . .
„Erlebnisorientierte Pflege von Altersverwirrten“ Bin bei meiner Netzrecherche nach „mäeutisch“ (ma learnt nia us) gerade auf „Erlebnisorientierte Pflege von Altersverwirrten“ (!!) gestoßen (wen´s interessiert: http://www.assista.org/files/integra20199820-20Cora20van20der20Kooij20-20Erlebnisorientierte20Pflege20von20Altersverwirrten.pdf) – das können Sie aber in Bezug auf Dr. Walser nicht gemeint haben – ODER?!
Er hat inhaltlich ja recht – den Roten (und Braunen) ist im Austrofaschismus viel Unrecht geschehen und jedes Unrecht sollte irgend wann wieder gut gemacht werden – ich bleibe aber dabei: ihm geht es weniger um die (gute) Sache als vielmehr darum schwarz (und rot) eins auszuwischen – das ist schäbig und dazu ist das Thema m.E. nicht geeignet!
@ „Prof. Heckenschuss“ und Diekers Schwierige Diskussionspartner: Der eine gibt mir zwar recht, bleibt aber bei einer nicht beweisbaren und nicht widerlegbaren Behauptung (das ist natürlich Ihr gutes Recht) über die Motive, der andere weiß es zwar besser, ihm ist aber dieses Forum nicht angemessen genug (angesichts der Fremdwortgewalt nicht verwunderlich).
Ich bin übrigens auf der Zugfahrt nach Wien, um schon wieder in Sachen Vergangenheitspolitik die mediale Trommel zu rühren – mehr dazu für Interessierte morgen. „Prof. Heckenschuss“ und Klaus Diekers wird das dann aber ziemlich sicher auch nicht überzeugen.
Sg. Herr Dr. Walser Danke für die Rückmeldung!
Ich bitte freundlich um Verständnis, dass ich spätestens seit Ihren infamen Mutmaßungen die Ländle-VP wäre mit dem Innenministerium einen Deal „NS-Scherge gegen Nichteinhaltung der Asylquote“ eingegangen (was wurde eigentlich aus dem Kumpf-„Skandal“?) kein Vertrauen mehr in die durchgängige Redlichkeit und Seriosität Ihres Politikansatzes habe.
p.s.: „… um schon wieder in Sachen Vergangenheitspolitik die mediale Trommel zu rühren…“ – bin gespannt, was Sie wieder ausbrüten!
Lieber Harald Walser! Danke für Belehrung und Benotung samt einem Schuss Zynismus. So stellt sich der Wähler einen dynamischen Vertreter seiner Anliegen vor. Na, ja Hauptsache bei der Erhöhung der Klubfinanzierung rechtzeitig zugestimmt.
Mit basisdemokratischen Grüssen . . .
Lieber Klaus! Erschreckend wie weit Du mittlerweile politisch nach rechts außen abgerutscht bist und nicht einmal mehr davor Halt machst, den klügsten und engagiertesten Mann, den die Ländlepolitik in Wien aufzubieten hat, zu attackieren!
H.P. Martin hat(te) keinen guten Einfluss auf Dich!!
Lieber Gerhard! Erstens wäre es mir wichtig, wenn du dich mit vollem Namen meldest, damit ich weiß, mit wem ich kommuniziere. Das ist wohl ein Gebot der Fairness und auch des Charakters. Wer sich hinter irgendwelchen Namen verbirgt, den kann ich nicht ernst nehmen. Inhaltlich bleibt es dir natürlich unbenommen, Harald Walser als klügsten und engagiertesten Mann der Ländlepolitik in Wien zu bezeichnen. Im Gegensatz zu dir respektiere ich nämlich andere Meinungen und stelle nicht im Schutz der Anonymität irgendwelche Behauptungen auf, die völlig absurd sind.
Zweitens ist für mich das Thema längst durch. Ich werde mich nicht mehr melden, denn auf diesem Niveau diskutiere ich nicht. Lieber Gerhard (hoffentlich stimmt wenigstens dein Vorname), du kannst also ruhig weiter irgendwelche Behauptungen aufstellen, die bar jeglicher Realität sind.
Viel Spaß noch!