Wohin führt der Weg im nächsten Jahr? Kriege, Klimadesaster, Fluchtbewegungen, soziale Ungleichheit, Vormarsch der Rechten … Weiter so? Oder gibt es ein wenig Hoffnung? Man muss ja durchaus aufpassen, dass man in Zeiten wie diesen nicht in Depressionen verfällt. Unter dem Titel „Nur düstere Aussichten?“ habe ich in den Vorarlberger Nachrichten einen Komentar dazu verfasst. Hier zum Nachlesen:
Zu Weihnachten darf man sich etwas wünschen. Ein paar Vorschläge: Mehr Solidarität mit den Bedürftigen in unserer Gesellschaft! Energischer Kampf gegen die Klimakrise! Frieden im Nahen Osten und der Ukraine! Mehr Verständnis für aus ihrer Heimat Vertriebene oder Geflüchtete! Eine Stärkung des europäischen Gedankens im neu zu wählenden EU-Parlament! Alles unrealistisch?
Das zur Neige gehende Jahr hat uns in Italien Giorgia Meloni von den postfaschistischen Fratelli d’Italia und in Argentinien den Rechtsextremen Javier Milei gebracht. In den Niederlanden wurde Geert Wilders Partei zur deutlich stärksten gewählt. Letztere propagiert den EU Austritt, leugnet die Klimakrise und will Moscheen schließen. Wilders hat sogar eine „Kopflumpen-Steuer“ Steuer für Muslimas gefordert. Und in den USA steht Donald Trump schon wieder ante portas. Wenn solche Leute regieren, ist wohl klar, dass extreme gesellschaftliche Auseinandersetzungen die Folge sein werden. Also nur düstere Aussichten für nächstes Jahr?
All diese Entwicklungen sind Zeichen einer zunehmend unsolidarischen Gesellschaft in der gesamten westlichen Welt. Statt eines gemeinschaftlichen „Wir“ steht zunehmend nur noch das „Ich“ im Vordergrund. Gewerkschaften und die Kirchen schwächeln, der Egoismus triumphiert allerorten.
Und Österreich?
Damit sind wir schon in Österreich, wo die FPÖ derzeit von einem Umfragehoch zum nächsten stürmt. Und das mit einem Mann an der Spitze, der ein Pferdeentwurmungsmittel als Schutz vor Corona empfohlen hat, unabhängigen Journalisten „Manieren beibringen“ will und als Innenminister den Verfassungsschutz derart unterminiert hat, dass trotz eindeutiger Hinweise ein mörderisches Attentat in Wien stattfinden konnte.
Kickl hat bei der „FPÖ-Österreich-Tour“ seine Fans eingeladen, sie mögen doch stumpfe Messer und Scheren mitbringen und diese dann vor der Veranstaltung von einem Profi-Schleifer gratis schärfen lassen. Ja läuten denn da nicht alle Alarmglocken? Ein Messer-Wetzen bei einer politischen Veranstaltung? Warum ist bei uns angesichts solch nahezu unverhüllter Gewaltbereitschaft kaum mehr ein Aufschrei zu vernehmen?
Victor Klemperer, Holocaust-Überlebender und Linguist, hat in Bezug auf die Sprache der Nationalsozialisten gemeint: „Worte können sein wie winzige Arsendosen – sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.“ Das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ bezeichnete diese Analyse als „vorweggenommenen Kommentar zu den giftigen Tönen, die derzeit aus dem Lager der FPÖ dringen“.
Es gibt aber auch Hoffnung: In Polen haben sich im letzten Jahr die konstruktiven und proeuropäischen Kräfte gesammelt und einen überraschenden Wahlsieg errungen. Das wäre doch eine Ansage für Österreich! Oder, um es mit dem Dichter Friedrich Hölderlin zu sagen: „Wo die Gefahr wächst, wächst das Rettende auch!“