Von der Internet-Plattform „politspiegel.at“ wurde ich gebeten, ein kurzes Resümee nach gut einem Jahr in der Politik zu ziehen. Was soll man antworten, wenn es darum geht, das „großartigste Ereignis im Parlament“ zu beschreiben? Gar so großartig habe ich das Wirken des Nationalrats in diesem Jahr nämlich nicht empfunden. Nach kurzem Nachdenken war aber klar: „Ein Highlight war für mich die Beschlussfassung zum sogenannten NS-Aufhebungsgesetz, mit dem Urteile gegen Wehrmachtsdeserteure, Widerstandskämpfer, Partisanen, Wehrdienstverweigerer usw. aufgehoben wurde. Die überfällige Rehabilitierung dieser Menschen bedeutet einen Schlussstrich gegenüber einem unsäglichen Umgang mit der Vergangenheit, den es in dieser Republik nach 1945 auch gegeben hat, einem Umgang, der davon ausgegangen ist, dass Österreich das erste Opfer war, einem Umgang, der ausgeklammert hat, dass Österreich auch einen Anteil am nationalsozialistischen Verbrecherregime gehabt hat. Es war ein wirklich historischer Moment.“

Leichter fiel mir die Antwort auf die Frage, auf„welches Ereignis im Parlament“ ich „gerne verzichtet“ hätte: „Die Wahl Martin Grafs zum Dritten Nationalratspräsidenten – auch mit den Stimmen von Abgeordneten beider Regierungsparteien – war gleich zu Beginn meiner Tätigkeit auch der bisherige Tiefpunkt des Parlamentarismus. Diese Wahl ist aber leider nicht ganz untypisch für das Verhältnis von SPÖVP gegenüber der extremen Rechten. Sogar Koalitionen mit der FPÖ werden von VertreterInnen beider Parteien ja nicht ausgeschlossen. Politische Grundsätze bleiben da naturgemäß auf der Strecke.“

Und auch eine utopische Frage durfte ich beantworten: „Was wäre Ihre erste Amtshandlung, würden Sie KanzlerIn werden?“ „Ich würde VertreterInnen von NGOs zu einem Gespräch bitten und gemeinsam mit ihnen versuchen, einen nach Dringlichkeit geordneten Reformkatalog zu erarbeiten.“ Im Übrigen halte ich es mit dem deutschen Lyriker und Erzähler Joachim Ringelnatz (1883-1934): „Die besinnlichen Tage zwischen Weihnachten und Neujahr haben schon so manchen um die Besinnung gebracht.“