Nein, das sagen jetzt nicht die Grünen oder andere AKW-GegnerInnen: „Fukushima – Desaster von Menschenhand!“

Das steht heute in fast allen Tageszeitungen und ist auch auf der ORF-Homepage nachlesbar. Inhaltlich muss man das gar nicht weiter kommentieren. Es spricht für sich selbst. Und die Schlussfolgerung in Japan? Auch die spricht für sich: „Japan produziert wieder Atomstrom“!

Und das obwohl folgende Fakten von japanischen ExpertInnen festgestellt wurden: Laut Abschlussbericht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses in Japan über die Katastrophe im AKW Fukushima I im März 2011 war der Unfall vermeidbar und vorhersehbar: „Es war ein schwerwiegendes Desaster von Menschenhand.“ Wirkliche Konsequenzen zog die Regierung offenbar nicht aus dem Atomunfall. Denn am Donnerstag begann Japan im AKW Oi wieder mit der Erzeugung von Atomstrom – trotz anhaltender Kritik an nachlässigen Sicherheitsstandards.

In Europa ist es nicht viel, immerhin aber ein bisschen besser. Das Bild bezieht sich übrigens auf das in einem Erdbebengebiet gelegenen Kernkraftwerk Fessenheim, einer französischen Nuklearanlage aus den 1970er Jahren. Es besteht aus zwei Druckwasserreaktoren und ist das derzeit älteste französische Kernkraftwerk.

30 Staaten der Erde betreiben Atomkraftwerke, innerhalb der Europäischen Union sind das Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Schweden, Spanien, Belgien, Finnland und die Niederlande.

Immerhin: Einen vollständigen Ausstieg aus der Erzeugung von Atomenergie hat nach der Katastrophe im AKW Fukushima bisher Italien durchgeführt, weitere Staaten wie Deutschland, Belgien und die Schweiz haben einen Atomausstieg angekündigt bzw. ihn in die Wege geleitet, weitere Staaten haben zum Teil weit vorangeschrittene Nuklearprogramme abgebrochen. In den Niederlanden und Großbritannien gibt es keine politische Beschlusslage zum Atomausstieg, Investoren ziehen jedoch aus wirtschaftlichen Erwägungen ihre Pläne für den Neubau von Kernkraftwerken in letzter Zeit teilweise zurück.

Allerdings: Eine kürzlich veröffentlichte Untersuchung des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz kommt zum Schluss, dass eine Kernschmelze einmal alle 10 bis 20 Jahren auftreten können („Der nächste GAU in Westeuropa?“). Die WissenschaftlerInnen stellen fest, dass die höchste Gefährdung in Europa besteht, speziell am Rhein (siehe Fessenheim) und in Baden-Württemberg.

Um die Wahrscheinlichkeit einer Kernschmelze zu ermitteln, stellten die Mainzer Forscher eine einfache Rechnung an: Sie teilten die Laufzeit aller Kernreaktoren weltweit von der Inbetriebnahme des ersten zivilen Reaktors bis heute durch die Zahl der bisherigen Kernschmelzen. Die Laufzeit der Reaktoren summiert sich auf 14.500 Jahre; die Zahl der Kernschmelzen beträgt vier – eine in Tschernobyl und drei in Fukushima. Daraus ergibt sich, dass es in 3.625 Reaktorjahren zu einem GAU kommt, dem größten anzunehmenden Unfall wie ihn die Internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse (International Nuclear Event Scale, INES) definiert. Selbst wenn man dieses Ergebnis auf einen GAU in 5.000 Reaktorjahren aufrundet, um das Risiko konservativ abzuschätzen, liegt das Risiko 200mal höher als Schätzungen der US-amerikanischen Zulassungskommission für Kernreaktoren im Jahr 1990 ergaben.