Wien wird in Sachen Pandemie im Gegensatz zum Bund und den anderen Bundesländern die 2-G-Regel in der Gastronomie beibehalten. Ich kann das verstehen. Nein, ich gehöre nicht zur inzwischen großen Zahl der Expert:innen in Sachen Pandemie. Aber ich vertraue der überwiegenden Zahl der Wissenschafter:innen, die zu Vorsicht mahnt. Dazu habe ich in den Vorarlberger Nachrichten unter dem Titel „Gefährlicher Populismus“ einen Kommentar geschrieben. Hier zum Nachlesen:

Die Politik − insbesondere Alt-Bundeskanzler Sebastian Kurz − hat in den letzten zwei Jahren mehrfach das Ende der Pandemie versprochen und falsche Hoffnungen genährt. Landeshauptleute wie Markus Wallner, Günther Platter oder Hans Peter Doskozil haben letzte Woche parteiübergreifend massive Öffnungsschritte bei den Corona-Regelungen gefordert. Verbreitet sich bei den Landeshauptleuten das Populismus-Virus ähnlich schnell wie die Omikron-Variante?

Dass vor Inkrafttreten der Impfpflicht ausgerechnet Landeshauptleute die Einführung einer 3G-Regel fordern, hat einen fatalen Effekt: Wer am Höhepunkt der Omikron-Welle und kurz vor Inkrafttreten der Impfpflicht Lockerungen verlangt, motiviert Impfskeptiker dazu, bei ihrer Haltung zu bleiben. Doch das ist nicht das einzige Problem.

Negativer Fakten-Check

Wallner meinte, die 2G-Regel müsse fallen: „Auch diese unsinnige Sperrstundenregelung gehört sofort aufgehoben. Das versteht niemand mehr wirklich.“ Unsinnig? Die markigen Sprüche der Landeshauptleute bestehen den Fakten-Check nicht, obwohl Wallner ausdrücklich betonte, er orientiere sich an der Wissenschaft.

Die Ampel-Kommission der Bundesregierung setzte am selben Tag ganz Österreich einstimmig auf Rot. Zeitgleich warnte die von der Regierung eingesetzte Covid-Kommission angesichts der hohen Infektionszahlen vor vorschnellen Öffnungsschritten. Prof. Gerald Gartlehner von der Donau Uni Krems sprach von einer „falschen Diskussion zum falschen Zeitpunkt“. Auch der Salzburger Infektiologe Richard Greil konnte den Forderungen nichts Positives abgewinnen.

Peter Klimek, immerhin Wissenschaftler des Jahres, mahnte zu mehr Vorsicht: Es sei zu erwarten, dass es angesichts vieler Geimpfter zwar zu weniger schweren Fällen und somit wohl nicht mehr zu einer Überlastung der Intensivstationen komme. Gefährdet seien aber die Normalstationen, zumal nun verstärkt auch das Krankenhauspersonal angesteckt werde und dort „Einschränkungen der Regelversorgung“ drohen.

Bundesregierung besonnener

Bundeskanzler Karl Nehammer und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein verwiesen zurecht darauf, dass man erst über Öffnungsschritte nachdenken kann, wenn der Höhepunkt der Omikron-Welle überschritten ist und die Infektionszahlen wieder sinken.

Jetzt machen sie das Gegenteil und geben dem Druck zumindest teilweise nach. Am Samstag verkündeten sie, im Februar Woche für Woche Teile der Forderungen umsetzen zu wollen. Es beginnt mit der Verschiebung der Sperrstunde, dann fällt die 2G-Pflicht im Handel und eine Woche später reicht in Gastronomie und Tourismus die 3G-Regel.

Dem Föderalismus erweisen die Landeshauptleute keinen guten Dienst. Ihr Populismus schwächt das Vertrauen in die Politik. Vorarlberg ist übrigens jenes Bundesland, wo derzeit die wenigsten Corona-Tests durchgeführt werden. Vielleicht sollte sich Wallner dieses Problems annehmen.