Deutsche Rechtsextreme schauen nach der Berichterstattung über den FPÖ-„Akademikerball“neidvoll nach Österreich. In einem Kommentar in der „Wiener Zeitung“ wird heute ein Mitglied von „pro NRW“ zitiert, laut deutschem Verfassungsschutz neben der NPD die „wichtigste Partei aus dem rechtsextremen Spektrum“: „Hier in Österreich ist es wirklich noch anders. Da spielen die Medien schon mit. Bei uns in Deutschland ist es von der Medienlandschaft her schwer.“

Das soll jetzt nicht zur Medienschelte ausarten. In unserer Kommunikation ist in den letzten Tagen sicher einiges schiefgelaufen. In der Kommunikation!

Unbestritten ist: Gewalt ist von jeder Seite her abzulehnen. Es ist Unsinn, zwischen Gewalt gegen Personen und Gewalt gegen Sachen zu unterscheiden. Natürlich ist Gewalt gegen Personen schlimmer – aber es geht um die prinzipielle Ablehnung von Gewalt. Autos zu demolieren oder Auslagenscheiben einzuschlagen, ist jedenfalls strafbar und muss geahndet werden. Die Polizei ist zu unterstützen, wenn sie gegen die Gewalttäter vorgeht. Und jene, die Gewalt ausüben, haben sich für uns Grüne als Kooperationspartner disqualifiziert.

Ich habe das am Samstag in einer Aussendung deutlich gemacht. Kritisiert habe ich aber auch die indiskutable Strategie der Polizeiführung, die durch Platzverbote das Demonstrationsrecht ebenso eingeschränkt hat wie das Recht der Presse auf freie Berichterstattung. Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl ist zudem nach seiner Ankündigung, von der Rettung die Patientenakten der Verletzten anzufordern, rücktrittsreif.

Mit dem zentralen Problem aber hat das alles nichts zu tun. Die FPÖ und die ihr vorgelagerten Selbstverstümmelungsvereine – also die schlagenden Burschenschaften – provozieren das demokratische Österreich seit Jahren mit einem Ball in der Hofburg, der regelmäßig zum Treffpunkt für vorbestrafte und nicht vorbestrafte Rechtsextremisten aus dem In- und Ausland wird. Beispiele sind auf diesem Blog mehrfach dokumentiert worden. Hier nur in Kürze, wer da alles als Gast der FPÖ in der Hofburg tanzt:

• Jörg Hähnel, rechtsextremer Sänger und Mitglied des Bundesvorstandes der NPD, rechtsextremer Liedermacher, verteidigte bei einer Sitzung im Jänner 2007 die NS-Justiz und die Hinrichtung eines Widerstandskämpfers, verursachte im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern im Mai 2007 einen Eklat, weil er einen Schlagstock mit sich geführt hatte und wurde daraufhin (!) zum WKR-Ball und zu einem Gesangsabend der „Olympia“ eingeladen.

• Ebenfalls zu Gast bei einem „nationalen Liederabend“ der „Olympia“ war der Barde Michael Müller: „Mit sechs Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an, mit sechs Millionen Juden, da ist der Ofen an … Wir haben reichlich Zyklon B … Mit sechs Millionen Juden, da ist noch lange nicht Schluss.“

• „Wir sind normal geblieben unterm Schutt der Zeit, an uns sind Umerziehung, Trauerarbeit und Betroffenheit, doch auch Konsum, soziale Dünkel und Moderne fast völlig spurenlos vorbeigezogen.“

• (Werbe-Flugblatt der Olympia)

• Der Chef der „Schwedendemokraten“ Kent Ekeroth ging 2012 mit zwei weiteren Funktionären mit einer Eisenstange auf eine junge Frau und einen Migranten los und war 2012 Ehrengast beim WKR-Ball. Strache führte schon 2011 „erfolgreiche Gespräche“ mit diesem Herrn, den er offiziell in Schweden besuchte.

Diese Herrschaften werden von der Polizei geschützt. Zu Recht. Wir leben in einem Rechtsstaat. Dass aber gleichzeitig der demokratischen Mehrheit der Protest vor Ort verunmöglicht wird, ist ein Skandal.

Ich habe am Wochende die Möglichkeit genutzt, um im Burgtheater an einer berührenden Veranstaltung teilzunhemen und jenen zuzuhören, die den Holocaust überlebt haben – etwa dem über 100 Jahre alten Marko Feingold oder Ari Rath, dem aus Österreich 1938 geflüchteten späteren Chefredakteur der Jerusalem Post. Allesamt vereint in der Kritik an dem von der FPÖ organisierten rechten Mummenschanz. Es wäre schön, wenn wir auch darüber wieder öffentlich diskutieren würden.