Soeben ist es im Parlament zu einem heftigen Schagabtausch über die Ursachen für den zunehmenden Rechtsextremismus gekommen. Leider hatte ich als letzter Redner in der „Fernseh-Zeit“ nur noch zwei Minuten Zeit, mit dem T-Shirt „Eure Schande heißt Martin Graf“ habe ich aber zumindest eine (!) zentrale Botschaft optisch über die Bühne gebracht.

Schon in den letzten Tagen haben sich ja Ariel Muzicant oder Anas Schakfeh in ebenso eindeutiger Weise geäußert haben wie Sprecher von ÖVP und SPÖ – die Vorfälle im ehemaligen KZ-Außenlager Ebensee und die hetzerischen Wahlplakate der FPÖ. Hier geht es nicht um eine Auseinandersetzung von uns Grünen mit der FPÖ, hier geht es um eine Auseinandersetzung zwischen jenem Österreich, das sich an den antifaschistischen Grundkonsens der 2. Republik gebunden fühlt und den Ewiggestrigen.

Ausgerechnet ein Ernst Strasser entdeckt in sich plötzlich den scharfen Frontmann gegen Rechtsaußen, für ihn ist die blaue Wahlwerbung „am Rande des Nazismus“. Noch schärfer argumentiert Bundeskanzler Werner Faymann, er bezeichnet Heinz Christian Strache als „Hassprediger“ und „eine Schande“, er verurteilt die „hetzerischen Wahlparolen“. Recht so, Herr Bundeskanzler. Richten soll es wieder einmal die Schule, in der es jetzt zu verstärkt zu „antifaschistischer Aufklärungsarbeit“ kommen soll. Nein, Herr Bundeskanzler, die Schule kann es nicht richten. Die Jugendlichen sind auch nicht unser größtes Problem. Unser größtes Problem sind Politiker, die keinen Genierer haben, mit den extremen Rechten zu paktieren, die augenzwinkernd sogar Koalitionen mit den Blauen nicht ausschließen, die ungerührt einen Martin Graf in eines der höchsten Ämter wählen. Unser Problem sind ÖVP und SPÖ. Für Ihre Schwesterparteien in Europa gibt es bei allen politischen Differenzen eine politische Schamgrenze, die nie überschritten wurde: ein Pakt mit der extremen Rechten., obwohl diese in Frankreich, Belgien oder Deutschland national und regional zum Teil noch erfolgreicher war als die FPÖ. Aber in diesen Ländern herrschte diesbezüglich nicht der Opportunismus, hier gab und gibt es einen politischen Cordon sanitaire den Front nationale, den Vlaams belang, die Republikaner etc.

Nein, Herr Bundeskanzler, ansetzen müssen Sie nicht in den Schulen: Ansetzen müssen Sie bei sich selbst. Sie müssen ihrer SPÖ und ihrem in Bezug auf mangelnde Abgrenzung gegen Rechtsaußen noch viel anfälligeren Koalitionspartner jene Haltung vermitteln, die sie bei Österreichs Jugendlichen so schmerzlich vermissen. Hier hat die Politik eine Vorbildfunktion wahrzunehmen bzw. sie hätte es! Zeigen Sie Haltung, arbeiten Sie ihre eigenen poliischen Fehler auf. Gehen Sie heraus und sagen Sie: Ja es war ein Fehler, Martin Graf zu wählen. Dann sind sie glaubwürdig. Dann können Sie das tun, was Florian Freund im Profil eingefordert hat, eine sozialpsychologische Ursachenforschung initiieren, Ausstiegsprogramme für jugendliche Neonazis entwickeln etc.