Das Multitalent Arik Brauer hatte der Welt viel zu sagen. Er war Mahner ohne Eiferer zu sein und ein politisch denkender  „Gutmensch“ im besten Sinne des Wortes. Der Welt hätte er in Tagen wie diesen noch viel zu sagen gehabt. Meine Einschätzung dazu habe ich in meiner Kolumne in den „Vorarlberger Nachrichten“ unter dem Titel „Köpferl im Sand“? beschrieben:

Letzte Woche ist das Multitalent Arik Brauer mit 92 Jahren gestorben. Er war Maler, Sänger, Architekt, Tänzer, Komponist, Grafiker, Bühnenbildner und anderes mehr. Brauer überlebte die NS-Zeit in Wien bei nichtjüdischen Familienmitgliedern und zuletzt als sogenanntes „U-Boot“. Das Multitalent hat sich Zeit seines Lebens engagiert − für die Umwelt, für eine gerechte Gesellschaft, gegen Kaltherzigkeit, Rassismus und Antisemitismus.

In der letzten Woche hätte er einigen Anlass gehabt aufzubegehren: die unnötige und herzlose Abschiebung von bestens integrierten Flüchtlingskindern, antisemitische Codes bei „Corona-Demonstrationen“ und andere rechtsextreme Umtriebe.

„Nationale Strategie“

Von der Regierung gab es diesbezüglich unterschiedliche Botschaften. Fast zeitgleich mit Brauers Tod präsentierte sie eine „Nationale Strategie gegen Antisemitismus“. Das ist ebenso erfreulich wie notwendig. Dazu gehört die Schaffung von Bildungsangeboten, die Einrichtung einer Dokumentationsstelle und die konsequentere Strafverfolgung von Delikten und Tätern. Bislang steht das alles allerdings nur auf dem Papier.

Die meisten antisemitischen Vorfälle in Österreich sind rechtsextrem motiviert oder gehen von islamistischen Fanatikern aus. Wenn die Politik den Judenhass wirksam bekämpfen will, muss sie die Zivilgesellschaft einbinden. Das sei der „Schlüssel zum Erfolg“, erklärte Staatssekretärin Karoline Edtstadler zurecht.

Rechtsextreme gefördert

Es gibt aber Zweifel daran, ob dem schönen PR-Auftritt ernsthafte Maßnahmen gegen den Antisemitismus folgen werden. Das Land Oberösterreich beispielsweise hat erneut den deutsch-nationalen „Corporationen“ − darunter nicht wenige mit eindeutig rechtsextremer Ausrichtung − eine Förderung in Höhe von 110.000 Euro zukommen lassen.

Die Förderung war im Budgetdschungel des Landes gut versteckt. Erst Recherchen der „Solidarwerkstatt Linz“ haben sie öffentlich gemacht. ÖVP, FPÖ und Grüne stimmten zu, nur die SPÖ war dagegen. In einem Kommentar im „Standard“ gibt der Schriftsteller und Regisseur Kurt Palm zu bedenken, dass mit dieser Subvention zumindest indirekt die Auftritte neonazistischer Liedermacher und des Identitären-Chefs Martin Sellner − ein gern gesehener Gast in Oberösterreich − bezahlt und ermöglicht werden könnten. So geschehen jedenfalls in den letzten Jahren.

Das kann nun wirklich nicht im Sinn einer „Nationalen Strategie gegen Antisemitismus sein“! Das Wegschauen bei gesellschaftlichen und politischen Problemen hat in Österreich leider Tradition. Helmut Qualtinger das einst mit seinem „Herrn Karl“ genial interpretiert. Und Arik Brauer hat es bitterböse besungen: „Waun da Wind wahd, do steckt er sein Köpferl in Sand.“
Brauers Kopf steckte nicht im Sand. Unser Kopf sollte es auch nicht, wenn Kinder abgeschoben werden oder sich Antisemitismus wieder breit macht.

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