Ich fürchte, Sebastian Kurz hat die politischen und moralischen Maßstäbe in Österreich für eine gewisse Zeit in die falsche Richtung verschoben. Unter dem Titel „Übles Sittenbild!“ habe ich in den Vorarlberger Nachrichten seinen Jobwechsel in die USA zum rechtsextremen Strippenzieher Peter Thiel kommentiert. Ganz so positiv wie auf dem Titelbild suggeriert wird das inzwischen wohl auch „Newsweek“ nicht mehr sehen. Hier mein Kommentar zum Nachlesen:

Neues Jahr, neuer Job: Am Wochenende wurde bekannt, dass Sebastian Kurz einen Job bei der Investmentfirma „Thiel Capital“. bekommt. Der dortige Strippenzieher und Mitbegründer der Datenverarbeitungsfirma „Palantir“ ist der deutschstämmige Milliardär Peter Thiel. Der Donald Trump-Unterstützer wird vom − alles andere als linkslastigen − „Handelsblatt“ schlicht als „rechts und extrem“ bezeichnet.

Sebastian Kurz ist bei „Thiel Capital“ für „globale Strategie“ zuständig. Mal schauen, was das bedeutet.

Bislang heißt es, Kurz werde zwischen den USA und Österreich pendeln. Sein neuer Arbeitsplatz ist 9.900 km und 12,5 Flugstunden von Wien entfernt. Falls seine Meldeadresse aber künftig Hollywood und nicht mehr Wien lautet, hätte das einen „Nebeneffekt“: Eine Ladung in den Untersuchungsausschuss zu den zahlreichen ÖVP-Korruptionsskandalen seiner Amtszeit wäre laut Parlamentsdirektion „rechtsunverbindlich“.

Korruptions-Ranking

Österreich fällt seit Jahren im „Korruptions-Ranking“ von Transparancy International nach hinten. Die Ära Sebastian Kurz wird den Trend im nächsten Jahr wohl noch verstärken. Ein großes und qualifiziertes internationales Gremium hat zuletzt gleich 1167 Personen untersucht, um den weltweit korruptesten Politikern zu „küren“. Auf die „Shortlist“ der schlussendlich fünf „Nominierten“ hat es auch Sebastian Kurz geschafft. „Gewonnen“ hat der weißrussische Machthaber Alexander Lukaschenko.

Lassen wir dahingestellt, ob Kurz wirklich ein Bösewicht vom Schlage Lukaschenkos ist. Österreich jedenfalls ist nicht Weißrussland. Daher drohen bei Verfehlungen zumindest langwierige Verfahren. Man denke an die noch immer gerichtsanhängigen aus der ersten schwarz-blauen Ära − Stichworte Eurofighter, Karl Heinz Grasser, BUWOG.

„Hure der Reichen“

Allein die Chats des Kurz-Günstlings Thomas Schmid („Kriegst eh alles, was du willst“) sind so ergiebig, dass die Gerichte in den kommenden Jahren nicht über mangelnde Arbeit klagen können. Da wären etwa die mit Steuergeld bezahlten geschönten Umfragen für die ÖVP oder die höchst aufklärungsbedürftigen Umstände rund um einen mutmaßlich illegalen Steuernachlass für Multimillionär und ÖVP-Financier Siegfried Wolf.

Als sich ein Mitarbeiter Schmids skeptisch zeigte, ob er den Steuerakt wirklich nach den Wünschen des damaligen Generalsekretärs im Finanzministerium bearbeiten könne, erinnerte ihn Schmid: „Vergiss nicht – du hackelst im ÖVP Kabinett!! Du bist die Hure für die Reichen!“ Der ehemalige Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler bezeichnet das alles als „übles Sittenbild“, das ihn „an das römische Reich der Endzeit“ erinnere. Natürlich gilt für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung.

Die „Welt“ berichtet von einem Ex-Soldaten, der in Afghanistan die Palantir-Software benutzt hat: „Sie spürt jeden einzelnen Bösewicht in ihrer Gegend auf.“ Ob das auch bei korrupten Politikern gelingt?