Unter dem Titel „Der Fall Pierer“ habe ich in einem Kommentar in den „Vorarlberger Nachrichten“ verlangt, dass die Großspender der ÖVP und das illegale Vorgehen des Finanzministeriums bei der Suche nach Informanten aus dem Ministerium aufgeklärt werden muss:

Die Finanzierung der Wahlkämpfe von Sebastian Kurz hat in den letzten Jahren immer wieder für Diskussionen gesorgt. Besondere Brisanz erhielt das Thema, als der SPÖ-Abgeordnete Jan Krai­ner 2017 pikante Details aus dem Steuerakt von KTM-Chef Stefan Pierer preisgegeben hat. Denn die Spur führte indirekt zur ÖVP.

Doch der Reihe nach: Krainer hatte aufgedeckt, dass Pierer in den Jahren 2012 und 2013 Einkommensteuern in Höhe von gerade einmal 2779 und 2642 Euro bezahlt hatte. Wie kann das sein? Der Chef eines „Milliarden­unternehmens“ zahlt weniger Steuern als jeder Arbeitnehmer seiner Firma?

Brisanz erhielt der Fall zudem, weil Pierer einer der Großsponsoren von Sebastian Kurz war und der ÖVP allein im Wahljahr 2017 436.000 Euro zukommen hat lassen. Das ließ Spekulationen blühen. Haben Pierer und die anderen Großspender Gegenleistungen für ihre Großzügigkeit erhalten? Im Fall Pierer wurde berichtet, dass er im Finanzministerium auf einer „Abschleicherliste“ geführt werde. Er stand somit im Verdacht, vor dem Inkrafttreten eines Steuerabkommens mit Liechtenstein heimlich Geld nach Österreich transferiert und sich so Millionen an Steuern erspart zu haben. Dadurch wurde auch das Interesse an anderen ÖVP-Geldgebern geweckt. Auf der Liste des Finanzamtes sollen insgesamt 19.200 Personen stehen. Es ging um 3,34 Milliarden Euro.

In Tirol hat etwa die aus Tourismusverantwortlichen und Großindustriellen bestehende „Adlerrunde“ zur selben Zeit wie Pierer 1,1 Millionen Euro an die ÖVP gespendet. Sprachrohr dieser Runde ist der Nationalratsabgeordnete Franz Hörl. Der Hotelier ist zuletzt im Zusammenhang mit der Coronakrise unrühmlich in Erscheinung getreten.

Nach Überprüfungen durch das Finanzamt erhielt der Fiskus von den über drei Milliarden nur mickrige 66,27 Millionen. Viele Betroffene hatten nämlich von den Ermittlungen offensichtlich Wind bekommen und gerade noch rechtzeitig dafür gesorgt, dass die Sache glimpflich für sie ausging. Wurden sie gewarnt? War alles legal?

Illegale Suche

Sicher illegal war jedenfalls etwas anderes. Der damaligen Finanzminister Hans Jörg Schelling ließ 2017 nämlich nicht etwa den Steuerakt Pierer prüfen, sondern brachte eine Anzeige wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ein und nahm damit die Aufdecker ins Visier. Das hauseigene Büro für Interne Angelegenheiten wurde damals beauftragt, mittels „Rasterfahndung“ den Informanten Krainers zu finden.

Am Samstag nun berichteten mehrere Medien mit Berufung auf die Datenschutzbehörde darüber, dass das Vorgehen des Finanzministers illegal war. Glauben wegen solcher Vorgänge 58 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher, dass Korruption bei uns weit verbreitet ist?