Na also: Endlich gute Nachrichten aus der EU. Die Niederlande preschen vor mit einem radikalen Wechsel in der Besteuerung und Steuerung (!) des PKW-Verkehrs. Ab 2012 misst ein GPS-System – auch außerhalb der Landesgrenzen – jeden gefahrenen Kilometer. Eine Maut, die alle glücklich macht. Die Kosten für den Einbau übernimmt der Staat. Aus Datenschutzgründen werden Informationen über den Streckenverlauf nicht gespeichert.
Benzinfresser und Dreckschleudern zahlen mehr, sparsame Autos weniger. Für den Twingo beispielsweise fallen 1,4 Cent/km an, für einen großen Audi 16,6 Cent. Der Tarif ist nicht nur nach Schadstoffemissionen variabel, auch Tageszeit und gefahrener Strecke spielen eine Rolle. Wer frühmorgens auf einer „Stauroute“ in die Stadt fährt, zahlt mehr. Das neue System biete Anreize, das Auto stehen zu lassen. Man rechnet mit weniger Verkehrstoten und weniger Staus. Das schützt das Klima, verhindert Staus und bittet jene zur Kasse, die viel fahren. Übrigens: 60 der Niederländer zahlen weniger als jetzt, 25 gleich viel und nur 16 mehr. Für die Niederländer wird es ab dem Jahr 2012 keine KFZ-Steuer mehr geben und auch beim Neuwagenkauf werden 25 Prozent der Steuern erlassen.
Auch wir brauchen in Österreich endlich eine kilometerabhängige Maut! Den holländischen Grünen sind die Reform nicht radikal genug und nur ein erster Schritt. Schönes Holland!
Was hat das mit der EU zu tun?
Aber egal. Eine GPS-Box in jedem Auto sieht mir wie überschweres Geschütz aus, so wie e-voting statt Bleistift und Papier.
Der große Unterschied zur Mineralölsteuer ist meiner Meinung nach ein psychologischer, nämlich, dass man im Auto ständiges Feedback hat und an die zu zahlenden Steuern erinnert wird, während man sich über die Möst nur ärgert, wenn man sich an der Tankstelle eine Rechnung ausdrucken lässt.
Zum Glück gibt es schon in jedem Auto einen Zähler, der den zurückgelegten Weg misst. Den Kilometerzähler. Mit dem kann man die Steuer berechnen. Und der ist auch schwerer manipulierbar als eine GPS-Box, die man nur in Staniolpapier einwickeln muss.
Dass aber die unterschiedlichen Preise irgendeinen Lenkungseffekt erzielen würden, halte ich für unplausibel. Es gibt einen enormen, psychologischen Unterschied zwischen keinem Preis und irgendeinem Preis. Aber ich bezweifle, dass irgendjemand sein Fahrverhalten ändert, abhängig davon ob er für den Kilometer jetzt 1¢ oder 2¢ zahlt. Und die Stoßzeiten sind alleine schon wegen der Staus an sich unbequem.
Ich befürchte, dass die theoretischen Möglichkeiten des elektronischen Zeitalters die Politik dazu verleitet, jedes Problem gleich auf Anhieb mit komplexen Systemen absolut und bis ins letzte Detail lösen zu wollen, anstatt einfach mal einen einfachen, unkomplizierten, groben Ansatz zu probieren.
In Österreich kann man auf solche Maßnahmen lange warten. Wenn sie eine kilometerabhängige Maut wollen, dann müssten sie erst einmal ihre Kollegen im Nationalrat überzeugen. Die haben nämlich letztes Jahr für eine Erhöhung der/des Pendlerpauschale gestimmt und mokiert, dass sozial Schwächere durch diese zu wenig gefördert würden.
Unter den obigen 60, die weniger zahlen, sind mit ziemlicher Sicherheit jene städtischen SUV-Fahrer, deren Gefährt mehr als Statussymbol als als Fortbewegungsmittel dient, während die 16 Draufzahler das holländische Äquivalent der österreichischen Pendler aus dem Waldviertel oder dem Burgenland sind.
Umweltpolitik muss bis zu einem gewissen Grad unsozial sein. Mit der Ernennung des Generalsekretärs der Caritas zum Bundesgeschäftsführer glaube ich keine Sekunde, dass ihr euch auf eure Wurzeln rückbesinnen werdet. Eher im Gegenteil.
Drei technische Fragen Ist der Programmcode der GPS-Box öffentlich einsehbar, sodass garantiert werden kann, dass keine Positionsdaten gespeichert werden? Ist dies auch zuverlässig nicht ohne weiteres durch die Exekutive aktivier- und auslesbar? (Fekter hätte bestimmt ihren Spaß damit.. Handy-Ortung ist immerhin noch nicht so genau:)
Wie findet die Übermittlung des Kilometerstandes an das Finanzamt statt?
Was passiert bei schlechtem GPS-Empfang (z.b. wenn die Amerikaner die Zivilen GPS-Frequenzen aufgrund „Terroristischer Bedrohung“ abschalten, etc.)? In solchen Fällen sind springende Positionsdaten von über 100m keine Ausnahme.
Technische Spielereien sind immer nett. Nur:
– Von heute auf morgen und ohne Spielereien wäre ein ähnlicher Effekt erreichbar, indem man sämtliche Steuern auf KFZ abschafft und auf die Mineralsteuer aufschlägt. Nicht einmal das passiert.
– Ich traue mich zu behaupten, GERADE die Grünen würden SOFORT aufjaulen, käme der Vorschlag von anderen. Man könnte ja Bewegungsprofile erstellen, Fahrzeuge orten etc.
Nichteinmal dort, wo man Menschenleben retten könnte, indem man Gewalttäter aus dem Verkehr ziehen kann, sind so vergleichsweise primitive Geräte wie Überwachungskameras für die Grünen akzeptabel.
Bevor eine solche Maut in Österreich eingeführt wird, müssen wohl ALLE Parteien lernen, von ihren ausgetretenen Wegen abzuweichen.