Die Methoden der bildungspolitischen Stillstandsverfechter werden immer dreister: Ministerin Claudia Schmied bewirbt ihre „Neue Mittelschule“ (NMS) allen Ernstes als „gemeinsame Schule für alle 10- bis 14-Jährigen“!

Für Propaganda gibt es in der Regierung ja offensichtlich immer noch genug Geld. Das Ministerium übernimmt beispielsweise die Namenspatronanz für den „Railjet 663“, der nun „Neue Mittelschule“ heißt. In den Zügen liegen „Reisebegleiter“ auf, welche über die Neue Mittelschule informieren sollen. In diesem „Reisebegleiter“ wird die Neue Mittelschule als die „gemeinsame Schule für alle 10- bis 14-Jährigen“ bezeichnet, in welcher die „Entscheidung über Schullaufbahn erst mit 14 statt mit 10 Jahren“ stattfinden würde. Nicht zuletzt wird auf eine „qualitative Betreuung am Nachmittag“ hingewiesen. Alle drei angeführten Zitate entsprechen nicht der Wahrheit. Die Neue Mittelschule wird mit den AHS-Unterstufen parallel geführt, somit gibt es nach wie vor keine gemeinsame Schule für alle Kinder. Innerhalb der Neuen Mittelschule wird ab der ersten Klasse/5. Schulstufe nach differenzierten Lehrplänen unterrichtet und ab der 3.Klasse/7. Schulstufe auch nach unterschiedlichen Lehrplänen beurteilt. Die Laufbahnentscheidung erfolgt also wieder mit zehn bzw. neuneinhalb Jahren und somit bereits vor bzw. beim Eintritt in die Neue Mittelschule oder die AHS-Unterstufe. Die Nachmittagsbetreuung ist nicht bindend vorgeschrieben und wird nur an einzelnen Schulstandorten angeboten. Sie ist Aufgabe der Schulerhalter, also der Länder und Gemeinden bzw. des Bundes. Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur kann eine flächendeckende Nachmittagsbetreuung oder gar eine ganztägige Schule – anders als im „Reisebegleiter“ dargestellt – nicht garantieren. Die „Premium Class“ des Railjet bleibt den SchülerInnen in der NMS leider verwehrt. Statt Geld in plumpe Agitation und Propagandalügen zu pumpen, sollte die Ministerin lieber die ursprünglichen Versprechungen einhalten.

Ich habe daher eine parlamentarische Anfrage eingebracht und unterstütze daher auch das heute veröffentlichte Protestschreiben von 25 Lehrpersonen an der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg gegen diese dreiste Verdrehung der Tatsachen.

Heute hat das Ministerium übrigens auf meine Anfrage reagiert. Die Antwort muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Ich zitiere die APA: „Im Büro von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (S) sieht man keinen Grund zur Aufregung. Es gebe keinen Widerspruch, wenn die NMS als „gemeinsame Schule für alle Zehn- bis 14-Jährigen“ bezeichnet werde, obwohl das Gymnasium weiterbesteht. „Die NMS ist eine Schule für alle, sie nimmt regional alle Schüler auf. Die AHS sucht sich ihre Schüler aus“, heißt es aus dem Ministerium gegenüber der APA.“

Die „gemeinsame Schule für alle 10- bis 14-Jährigen“ und die Trennung der Kinder mit neuneinhalb Jahren ist „kein Widerspruch“! Man glaubt es nicht und erinnert sich an George Orwells „Newspeak“.

Für uns gilt: „Kein Kind zurücklassen!“