Gibt es keine politisch motivierte Kriminalität (PMK) in Österreich? Man könnte den Eindruck gewinnen, wenn man unserer Justizministerin und ihrer Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage glauben schenkt.
Aber es stimmt natürlich nicht, es gibt politisch motivierte Kriminalität. Ein Beispiel: Immerhin sind die beiden geständigen Täter des Brandanschlags gegen ein Flüchtlingsheim in Batschuns (Vorarlberg) – 25 und 22 Jahre alte – vergangene Woche wegen versuchter Brandstiftung nicht rechtskräftig verurteilt worden. Ich habe über diesen Vorfall, bei dem insbesondere der Haupttäter eindeutig aus der rechtsextremen Szene stammt, mehrfach berichtet (siehe etwa „Rechtsextremismus: die Lehren aus Batschuns!“). Um es zu präzisieren: Hinter dem Anschlag steht wohl keine Organisation (wie etwa die Nationale Aktion Vorarlberg), sondern sie war das Produkt eines rechtsextremen Netzwerks, in das vor allem der Haupttäter verstrickt war. Politisch motiviert war die Tat allemal! Und mit einer Anklage – nur – wegen versuchter Brandstiftung sind die beiden Geständigen gut weggekommen.
Mein Kollege Johann Maier von der SPÖ wollte mehr wissen. Er hat in einer parlamentarischen Anfrage an die Justizministerin einige sehr präzise Fragen zum Thema PMK in Österreich gestellt und eine Menge unpräziser Antworten erhalten („Flüchtige Neonazis? Unbekannt!“).
Ein Beispiel gefällig? Maier stellt insgesamt sechs Fragen, etwa: „Wie viele dieser Haftbefehle beziehen sich nach dem Haftbefehl u.a. auf PMK-rechts-Straftaten, und wie viele Gewalttaten (bitte auch Doppelnennungen angeben)?“
Die Ministerin antwortet auf keine einzige (!) Frage, sondern schreibt lapidar „Die Verfahrensautomation Justiz kennt weder eine Kennung „Neonazis“ noch eine solche für „politisch motivierte Kriminalität“. Die Fragen entziehen sich daher einer automationsunterstützten statistischen Auswertung“.
Auch eine Lösung: „Neonazis“ kennt unser Computer ebensowenig wie „politisch motivierte Kriminalität“. Und da wird man von einer Ministerin doch nicht verlangen können, dass sie mehr weiß als ein Computer! Wikipedia könnte helfen, dort kennt man den Begriff „Politisch motivierte Kriminalität“. In Deutschland wird PMK von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren wie folgt definiert: „Als politisch motiviert gilt eine Tat insbesondere dann, wenn die Umstände der Tat oder die Einstellung des Täters darauf schließen lassen, dass sie sich gegen eine Person aufgrund ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft, sexuellen Orientierung, Behinderung oder ihres äußeren Erscheinungsbildes bzw. ihres gesellschaftlichen Status richtet.“
Das trifft auf die beiden Täter von Batschuns eindeutig zu.
Zudem darf festgehalten werden: Gefragt wurde nicht, ob es eine automationsgestützte statistische Auswertung zu flüchtigen Neonazis gibt, sondern, ob es flüchtige Neonazis gibt. Warum will die Justizministerin das nicht nicht beantworten? Kann sie nicht? Will sie nicht? Interessiert es sie nicht?
Ich bleibe dran an diesem Thema!