Gestern war der Abschluss einer einzigartigen Sendereihe des ORF: „Schule fürs Leben“ begleitete Jugendliche aus zwei Schulen über ein Semester durch den Schul- aber auch durch den privaten Alltag. Eine 4. Klasse des Wiener Gymnasiums Rahlgasse wurde mit einer 4. Klasse der NMS Gassergasse zum gemeinsamen Lernen zusammengeführt. Aus der Gassergasse beteiligten sich 24 Kinder mit 17 Muttersprachen: Kinder; die aus Ländern mit autoritären Regimen kommen, teilweise ihre Fluchtgeschichten aus Kriegsgebieten mitbringen und mit Lebensgeschichten fast gänzlich alleine gelassen werden, die schon für Erwachsene unerträglich sind. Die statistische Prognose der Direktorin der NMS Gassergasse: Ein Drittel dieser Kinder wird eine weiterführende Schule besuchen, ein Drittel eine Lehre beginnen (die dann einige wieder abbrechen) und ein Drittel landet im sozialen Abseits.

Der ORF hat in seiner Serie schonungslos alle Baustellen unseres Bildungswesens aufgezeigt: die zu frühe Trennung der Kinder mit 10 Jahren, die soziale Segregation, Ressourcenmangel an den Schulen, völlige Überforderung der LehrerInnen besonders in den „Brennpunktschulen“ und das weitgehend noch aus der Monarchie stammende veraltete Schulsystem.

Was SPÖVP seit Jahrzehnten nicht zuwege bringen, hat „Schule fürs Leben“ vorexerziert: Zusammenführen der SchülerInnen und Zusammenlernen in gemeinsamen Projekten, Auflösung der starren Unterrichtseinheiten, Persönlichkeitstraining wie Körper- und Stimmübungen, erlebnispädagogische Ansätze, Theaterpädagogik und individuelle Fördermaßnahmen. Studien zeigen, dass erfolgreiches Lernen und auch Integration dann passieren, wenn die SchülerInnen das enge Klassenzimmer verlassen, aus dem Unterrichtsgebäude hinausgehen und das private Umfeld Eingang in den Unterricht findet. Das Ergebnis ist nach nur fünf Projektmonaten gleichermaßen ermutigend wie verblüffend: Viele SchülerInnen – egal ob aus NMS oder AHS – geben an, an Selbstbewusstsein gewonnen zu haben, Eltern zeigen sich von den großen Fortschritten ihrer Kinder überrascht, und LehrerInnen meinen, im Projekt mit ihren SchülerInnen gewachsen zu sein. Als „Nebenprodukt“ fand Integration statt, wie sie sein kann und soll, nämlich miteinander und nicht getrennt.

Was bleibt, ist mein Kompliment an den ORF und an die Sendungsverantwortliche Waltraud Langer!

Leider gibt es auch ein „Aber“: Nicht alle SchülerInnen haben das Glück, über eine Fernsehreihe „populär“ zu werden und auf zahlreiche individuelle Hilfsangebote zurückgreifen zu können, von Lerncoaches begleitet zu werden, die mit den Stärken und Schwächen der Jugendlichen arbeiten. Daher ist es die Aufgabe unserer Gesellschaft, jene Rahmenbedingungen zu schaffen, die Chancengleichheit und bestmögliche Förderung für alle garantieren.

Denn, was für die „Schule fürs Leben“ galt, ist auch für die „Grüne Schule“ zentral: „Kein Kind zurücklassen!“