Aus Regierungskreisen sickern die abenteuerlichsten Gerüchte, die leider teilweise dem entsprechen, was ich aus dem Umfeld der Verhandler ebenfalls erfahren habe.
So berichtet der „Kurier“ („ÖVP verspricht: Aus für Ideologie in Schulpolitik“): „Möglicher Kompromiss: mehr Autonomie. Es könnte an jedem Standort entschieden werden, ob er eine Gesamtschule oder ein Gymnasium plus „Neuer Mittelschule“ ist. Die Pädagogen sollen weder Bundes- noch Landeslehrer sein, sondern Angestellte der Schule – mit dem Direktor als Personalchef.“
Dann schaut der „Kompromiss“ also so aus, dass alles so bleibt, wie es ist. Oder glaubt jemand, dass sich eine AHS-Unterstufe freiwillig in eine Neue Mittelschule verwandelt? Und kann eine neue Mittelschule eine AHS-Unterstufe werden? Wie das funktionieren soll ohne eine Oberstufe soll mir mal einer zeigen! Schaut so das „Aus für Ideologie in Schulpolitik“ aus? Vom Organisatorischen möchte ich gar nicht sprechen: Wer macht die Verträge? Wer haftet? Personalabteilungen an allen Schulen?
Noch ärger ein zweites Gerücht, über das gleich mehrere Zeitungen berichten: Demnach soll es in ganz Österreich nur mehr „Elitegymnasien“ geben für maximal 20 Prozent der SchülerInnen. Hierzu benötigt man dann wieder die unter Bruno Kreisky 1971 abgeschaffte Aufnahmeprüfung ins Gymnasium. Diese Variante soll vor allem ÖVP-Chefverhandler Wilfried Haslauer präferieren.
Was ist davon zu halten? Hochbegabte Kinder müssen entsprechend gefördert werden, das geht aber nicht durch das absurde Aussortieren nach punktuellen Prüfungen für Zehnjährige, sondern durch individuelle Förderung und gemeinsames Lernen aller Kinder.
Die Erfolge der SPÖ-Bildungspolitik in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts waren die Abschaffung der Aufnahmeprüfung für die AHS im Jahr 1971, der Ausbau des Bildungsangebotes durch mehr AHS-Standorte auch im ländlichen Raum, die Schülerfreifahrt und Gratis-Schulbücher. Diese Maßnahmen haben für viele Kinder und Jugendlichen mehr Bildungschancen eröffnet und dem ganzen Land wirtschaftlichen Erfolg durch gute Ausbildung gebracht. Auf die zunehmenden Probleme im Bereich der Bildung in den letzten Jahren mit Rezepten aus den 60er-Jahren zu reagieren, zeugt weder von bildungspolitischem Sachverstand noch von einem Verständnis für die wirtschaftspolitischen Notwendigkeiten.
Die ÖVP ist mit ihrer Forderung nach einem Elitegymnasium drauf und dran, die wirtschaftliche Zukunft auf´s Spiel zu setzen. Ihre Vorschläge würden zu massiven Verschlechterungen insbesondere für den ländlichen Raum führen. In den Städten wäre Zugang nur noch für Kinder aus gutbürgerlichen Haushalten gewährleistet, die durch massive privat finanzierte Nachhilfe ihrem Kind einen Zugang zum Gymnasium ermöglichen würden.
In Österreich gibt es bereits jetzt vergleichsweise wenige SpitzenschülerInnen. Dafür verantwortlich ist unter anderem die die viel zu frühe Trennung der Kinder mit zehn Jahren. Die Plätze am Gymnasium jetzt künstlich zu verknappen, hieße, den Teufel mit dem Beelzebub austreiben zu wollen. Wir müssen unsere SchülerInnen bestmöglich fördern und ihnen Chancen eröffnen statt noch stärker selektieren: Die Lösung kann nur eine moderne und leistungsfördernde Gemeinsame Schule sein!
Für die „Grüne Schule“ gilt daher: „Kein Kind zurücklassen!“