Zumindest dann, wenn ÖVP und FPÖ das Sagen haben. In Österreich ist – wieder einmal – eine heftige Debatte entbrannt darüber, wie Aufklärung in der Schule stattzufinden hat. ÖVP und FPÖ haben die Diskussion mit einer parlamentarischen Anfrage ausgelöst (Der ewige Ärger mit dem Sex).
Grund der Aufregung ist die im Auftrag des BMUKK herausgegebene Broschüre „Ganz schön intim – Unterrichtsmaterialien“ (hier zum Downloaden).
Österreich 2012? Es geht um Unterrichtsmaterialien zur Sexualerziehung für Lehrkräfte (!), die selbst entscheiden, was davon für ihre SchülerInnen gut und sinnvoll ist und was nicht. Das machen diese Lehrkräfte sonst übrigens auch – nur weiß das halt dann niemand.
Die Aufregung von ÖVP und FPÖ über die Broschüre war regelrecht vorprogrammiert: Sexualerziehung war Konservativen und Rechten seit jeher suspekt. Dabei ist Aufklärung von Kindern ein wichtiger Schritt gegen Kindesmissbrauch. Wenn Kinder gewohnt sind, Erwachsene auch mit peinlichen Fragen oder schwierigen Gefühlen zu konfrontieren, reden sie über selbst Erlebtes leichter. Die Auseinandersetzung mit anderen Lebensgemeinschaften als der traditionellen Ehe oder dem Thema Homosexualität ist notwendig, das alles gehört zur Lebensrealität von Kindern und Jugendlichen. Es wäre unverantwortlich, in der Schule darüber nicht zu sprechen, wenn Kinder das wollen und die Lehrkraft es für sinnvoll hält. Die sogenannte „Kernfamilie Vater-Mutter-Kind“ wird übrigens keineswegs bekämpft, sie ist aber eben nicht die einzige Lebensform, mit der Kinder konfrontiert sind.
Inhalt der Broschüre sind zahlreichen Übungen und Anregungen für die Arbeit der Lehrkräfte mit 6- bis 12-Jährigen, die Materialien sind laut Herausgebern „in Schulklassen praxiserprobt und Resultat jahrelanger Zusammenarbeit mit Lehrerinnen und Lehrern“ und es wird ausdrücklich eingeladen: „Wählen Sie aus, was Sie anspricht und was Sie für Ihre Klasse für geeignet halten.“
Mich erinnert das Ganze an einen Vorfall in Vorarlberg Mitte der Siebzigerjahre. Damals hat eine junge selbstbewusste Lehrerin an einer Hauptschule in Dornbirn in einer Zeichenstunde SchülerInnen ein Schriftblatt nach freier Wahl gestalten lassen. Auf einigen Blättern waren Ausdrücke wie „Fut“ und „Schwanz“ zu lesen (siehe Bild links). Große Aufregung in ganz Vorarlberg, die Junglehrerin wurde ohne Angabe von Gründen – einen Grund gab es ja nicht – gekündigt. Obwohl Unterrichtsminister Sinowatz den damaligen Landeshauptmann höchstpersönlich um Wiedereinstellung gebeten hat, lehnte dieser wegen „Wiederholungsgefahr“ ab. Die Lehrerin bekam schließlich in Tirol einen Job als Heimleiterin („Affäre Jussel“).
Viel hat sich in Sachen Sexualaufklärung seit damals in der „konservativen Reichshälfte“ nicht geändert. Außer, dass die Blauen inzwischen die Hälfte der ehemaligen „Reichshälfte“ innehaben.
Und auch in Sachen Sexualaufklärung gilt für die „Grüne Schule“: „Kein Kind zurücklassen!“
Eine gute Sexualaufklärung ist unabdingbar Ich bin ebenfalls der Meinung, dass sich in Sachen Sexualaufklärung noch einiges ändern muss. Man darf die Kinder allerdings nicht überrumpeln, wie es mit dem Sexkoffer in der Schweiz geschehen ist. Auch wenn Themen wie Pornos unbeliebt sind, muss man dennoch darüber sprechen. Schließlich haben viele bereits schon in der der 6./7. Klasse einen Film mit sexistischem Inhalt gesehen. Auf http://harri-wettstein.de/pornoforschung/ wird deswegen nach geeigneten Aufklärungsmethoden geforscht. Besonders die Eltern sollten sich um die Sexualaufklärung ihrer Kinder kümmern und nicht alles der Schule überlassen.