Noch ein kleiner Nachtrag zu meinem gestrigen Blogeintrag. Der „Standard“ berichtet heute über ein Pressegespräch, das ich gestern gemeinsam mit Christiane Spiel durchgeführt habe: Sitzenbleiben abschaffen! Spiel ist eine exzellente Expertin und hat sich als Bildungspsychologin einen Namen gemacht. Sie hat eine Professur an der Universität Wien inne und ist eine der wenigen österreichischen Wissenschaftlerinnen mit internationaler Reputation. Auch sie sieht – so wörtlich – im Wiederholen eines Schuljahres „keine effiziente Maßnahme der Lernförderung“. Ein Lernzuwachs beim Wiederholen einer Klasse sei zwar möglich, aber nicht sicher. Auch psychisch leiden die Schüler, ihr Selbstwertgefühl leidet. Sitzenbleiben führt zum Verlust von Sozialbeziehungen, erhöht die Schulangst und beeinträchtigt die Beziehung zu den Eltern. Spiel: „Sitzenbleiben wird als Zeichen für Versagen erlebt und nicht als Lernunterstützung!“
Ich möchte auch noch einen Blogeintrag von standard.at hinzufügen, dem ich als langjähriger Lehrer nur zustimmen kann: „Die Abschaffung ist überfällig! Dass Wiederholen ´keine effiziente Maßnahme der Lernförderung` ist, kann ich aus leidvoller Erfahrung bestätigen! Ich hatte das unwahrscheinliche ´Glück`, beim Wiederholen (ein Jahr vor der Matura) denselben – didaktisch minderbemittelten – Lehrer wieder zu bekommen. Das Resultat: Im Sitzenbleib-Fach (Mathematik) mit knapper Not ein Genügend, in drei weiteren Fächern dank Lehrerwechsel, neuem Lehrplan und völlig abhanden gekommener Motivation eine Verschlechterung von 2 auf 4 – kurzum: das schlechteste Zeugnis meiner gesamten Schullaufbahn.“
Niederreißen von Bewährtem um des Niederreißens Willen… DAS IST VERDERBLICHE LINKSLINKE BILDUNGSPOLITIK A LA WALSER!
Im übrigen: „Ein Lernzuwachs beim Wiederholen einer Klasse sei zwar möglich, aber nicht sicher“ … für eine „österreichische Wissenschaftlerin mit internationaler Reputation“ (von denen es übrigens etwas mehr als einige wenige gibt, lieber Herr Dr. Walser!) eine ziemlich dürftige Erkenntnis – auch alles andere was Sie in Bezug auf das Sitzenbleiben schreiben ist nicht als seriös zu werten – ist der Sache selbst jedenfalls mit Sicherheit nicht dienlich, da es namhaftere Bildungspsychologen als Frau Dr. Spiel gibt, die genau die gegenteilige Position in dieser Frage einnehmen!
Fazit: So mäßig und politisch linkslink bescheuklappt wie Sie lt. Auskunft von mit mir befreundeten LehrerInnen als Direktor in Feldkirch waren, so mäßig (und vor allem entbehrlich) sind Sie als grüner Bildungssprecher!
Da würde mich interessieren, … welche „namhaftere(n) Bildungspsychologen als Frau Dr. Spiel … die gegenteilige Position in dieser Frage einnehmen“.
Ideologie… Wiedereinmal reine Ideologie.
Wie schaut das dann weiter aus? Das Kind schafft Mathematik nicht in der 6. Was passiert dann in der 7., wenn es – und das ist zu erwarten – Mathematik mit noch größerem Abstand zum „Soll“ nicht schafft? Weiter bis zur 8.? Schenk ma dann die Matura her, damit das Selbstwertgefühl nicht leidet? Aber wen stört schon die Realität, wenn man in der Ideologie eine viel schönere Welt findet.
Mich erinnern Ihre Schul-Aussagen sehr stark an alles, was mir Freunde erzählt haben, die in Waldorf-Schulen geschickt wurden. Alle sollen sich total lieb haben. Und damit sich keiner zurückgesetzt fühlt, orientieren wir uns am Schwächsten. Und bitte nur kein Druck!
Das Ergebnis? Vielen Schülern ist permanent langweilig, der Lernerfolg ist bescheiden, 1/3 ist nachher komplett Uni-unfähig, weil sie dem Prüfungsdruck nicht standhalten und einige auch komplett Lebensunfähig, weil sich nicht alle dauernd lieb haben.
Bei Ihnen klingt das so:
Das Kind hat in mehr als einem Fach nicht genug gelernt, um positiv abzuschließen? Macht nix! Es könnte sich ja als Versager fühlen, wenn es im nächsten Jahr das fehlende Wissen nachholt. Lassen wir es doch alles zusammen mit dem ganzen neuen Stoff nachholen!
Das Kind versteht die Unterrichtssprache nicht? Macht nix! Es könnte sich ja ausgegrenzt fühlen, wenn es erst einmal die Sprache lernt. Setzen wir es einfach mit 10 anderen Kindern ohne Deutschkenntnisse in Regelschulen, und reduzieren halt den Unterricht für die Kinder, die Deutsch können!
Das Kind wird das Niveau des Gymnasiums nicht erreichen können, weil es schon in der Volksschule Probleme hatte? Macht nix! In einer anderen Schule wäre es ja sozial diskriminiert. Schrauben wir lieber das Niveau nach unten!
Man fragt sich schon, wozu wir überhaupt Schulen behalten.
(Selbstverständlich abgesehen davon, Kindern die Aufgabe aufzubürden, die Kinder der Integrationsverweigerer zu integrieren.)
Wie der Spagat zwischen Bildungsgesellschaft und Runternivellieren funktionieren soll war bisher von den Grünen nicht zu hören.
Ich kann mich der Forderung, das Sitzenbleiben abzuschaffen nur anschließen. Mein Jüngster besucht eine christliche sehr gute Privatschule (er war übrigens über den Besuch Van der Bellens dort ganz begeistert :-). In den beiden ersten Jahren hatte er Probleme in „Rechnungswesen“ und eine Nachprüfung. Effizient wie er ist, bat er mich am letzten Ferientag um Hilfe. Ich konnte ihm in 3 Stunden den Sinn und die tolle Logik der doppelten Buchhaltung vermitteln und er bestand die Prüfung mit „römisch 1 +“. Das lief 2 Jahre hintereinander so, jetzt hat er gelernt selbständig den Sinn des Stoffes herauszufinden und zu verstehen, statt nur passives „Aufnahmegefäß“ für die Informationen zu sein.
Ich empfehle, mehr den Sinn und Nutzen des Lehrstoffes begreiflich zu machen, welche Probleme durch dieses Wissen gelöst werden, was dadurch besser funktioniert. Dadurch wird das Interesse geweckt, uninteressanten Stoff zu pauken ist reine Quälerei.
Aber dann kann den Lehrern ja das blühen: http://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/0,1518,628411,00.html (Danke arnobraendle für den tollen Link)
Mein ältester Sohn hatte enorme Probleme in der HTL mit Integralrechnungen – niemand hat den Schülern je erklärt wozu sie überhaupt dienen. Als er bei einer Prüfung die plötzliche Erkenntnis hatte, dass er hier den Lernstoff aus einem anderen Gegenstand verwenden konnte, hatte er schon bestanden und musste nichts mehr ausrechnen. Auch hatte er den Eindruck, dass der Lehrer nicht wollte, dass die Mitschüler das mitkriegen.
Was ist da los in den Schulen? Muss wirklich die Denk- und Lernfähigkeit mit „Gewalt“ unterdrückt werden? Welchem Sinn macht das? Man könnte meinen, es sollen brave, konsumfreudige Untertanen herausgebildet werden…
Klasse und Nicht Genügend wiederholt In einer 6. Klasse eines Vorarlberger Gymnasiums gab es zu Beginn dieses Schuljahres 2 Repetentinnen. Beide haben in genau den Fächern in denen sie sitzengeblieben sind wieder ein Nicht Genügend. Eine hat sich sogar noch ein zusätzliches eingehandelt. Außer Spesen, Frust gewesen.