16. Januar 2022

Corona, Rechtsextreme und die Grünen

2022-01-16T14:53:14+01:0016.01.22, 14:49 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: |


Parteien sind keine homogene Gruppe. Ich habe das vor allem in meiner aktiven Zeit als Abgeordneter im Nationalrat erlebt: Es gab sehr unterschiedliche Positionen und heftige Auseinandersetzungen.

Aber derart Unerträgliches wie jetzt von einer Ex-Parteichefin und Funktionären zu den Corona-Maßnahmen habe ich nicht erlebt. Das ist eine Verharmlosung des Faschismus und an Jenseitigkeit kaum zu überbieten. (Auch) dazu mein Kommentar in den Vorarlberger Nachrichten unter dem Titel „Lernen’s Geschichte!“. Hier zum Nachlesen:

Die immer radikalere Wortwahl und Gewaltbereitschaft vieler Gegner der Corona-Schutzmaßnahmen erschreckt. In Oberösterreich haben zwei Protestierer ein Polizeiauto mit Benzin übergossen und angezündet. Nach ihrer Festnahme gaben sie zu, dass sie auch einen Beamten mit Benzin übergießen und anzünden wollten. Der Grund: Er wollte die Einhaltung der Corona-Regeln kontrollieren.

Attacken gegen die Polizei sind inzwischen bei vielen Demonstrationen an der Tagesordnung. Die Polizei gilt dem radikalisierten Teil dieser Szene als Repräsentant eines „Unrechtsstaates“, auch physische Angriffe seien daher legitim.

Verschwörer

Woher kommt dieser Unsinn? Die Plattform „Stoppt die Rechten“ deckt immer wieder auf, wer im Hintergrund die Radikalisierung vorantreibt. Und allein wenn man die Beispiele aus Vorarlberg anschaut, wird klar, wie gefährlich diese Entwicklung ist.

Spätestens seit einem Auftritt in „Vorarlberg heute“ ist Gerhard Schwörer bekannt. Der aus der FPÖ ausgeschlossene Götzner ist ein Organisator der Demonstrationen bei uns. Sein Social-Media-Account strotzt vor Hass, Verhetzung und radikalen Inhalten. Bei einer Demonstration in Bregenz hat er gemeint: „Und wir machen so lange weiter, bis dieses türkise Ungeziefer von der Bildfläche verschwunden ist.“ Auf der Plattform von Schwörer und seinen Gesinnungsfreunden findet man Hitler-Fotos, Menschen werden dort zu „Ungeziefer“, „Ratten“, „Zecken“ usw. Wir wissen, wohin diese Wortwahl einst geführt hat. 9000 Menschen haben Schwörer in Bregenz beklatscht.

In Deutschland haben zuletzt Mordpläne gegen den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer die Alarmglocken schrillen lassen. Sie wurden auf der Plattform „Dresden Offlinevernetzung“ gewälzt. „Stoppt die Rechten“ deckte auf, dass es in Oberösterreich eine „Schwestergruppe“ mit einem neonazistischen Netzwerk im Hintergrund gibt. Darin wird offen der Mord an Polizist:innen thematisiert: „Die Fascho-Söldner toben sich noch einmal aus, bevor sie hingerichtet werden. Sie winseln wie schuldige Hunde, bevor sie erschossen werden.“

Österreich faschistisch?

Die Polizei als „Söldnertruppe“, deren Beamte erschossen werden sollen? Österreich ein faschistischer Staat? Die Stimmungsmacher von Rechtsaußen mögen eine verschwindende Minderheit sein, ihre Wortwahl und Denkweise aber verbreitet sich ebenso schnell wie die Omikron-Variante. Letztes erschreckendes Beispiel: Ausgerechnet ein Dornbirner Stadtrat der Grünen schwurbelt im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen von „Faschismus“ und „Krieg“. Damit übernimmt er die Diktion der Rechtsextremen.

Zur Erinnerung: Im Faschismus gibt es nur eine Einheitspartei, Demonstrationen gegen Maßnahmen der Regierung können nicht stattfinden, schon gar nicht unter Polizeischutz, es gibt keine freien Wahlen, keine Gewerkschaften, keine freie Meinungsäußerung usw. Und das soll Österreich 2022 sein? Um es mit Bruno Kreisky zu sagen: „Lernen’s Geschichte!“

6. Dezember 2021

Egoismus statt Gemeinsinn?

2021-12-06T11:15:07+01:0006.12.21, 11:15 |Kategorien: Gesellschaft, Gesundheit und Pflege|Tags: , |

Der deutsche Soziologe Max Weber (1864-1920) hat einst den Begriff der „Verantwortungsethik“ geprägt. Er ist aktueller denn je. Was er mit dem Neoliberalismus und den Problemen rund um die Bekämpfung der Corona-Pandemie zu tun hat, dazu mein Kommentar in den „Vorarlberger Nachrichten“ unter dem Titel „Egoismus statt Gemeinsinn?“. Hier zum Nachlesen:

Falls die ÖVP sowohl ihre innerparteilichen Turbulenzen als auch die noch weit größeren mit den diversen Staatsanwaltschaften demnächst in den Griff bekommen sollte, können wir uns ja wieder den drängenden Problemen der Gegenwart zuwenden: Pandemie, Klimakrise, das Auseinanderdriften von Arm und Reich, der unmenschliche Umgang mit Flüchtlingen …

Eine bereits angekündigte, aber noch nicht in Gesetzesform gegossene Maßnahme ist die Impfpflicht ab 1. Februar.

Österreich als „Diktatur“?

Für die FPÖ ist Österreich „spätestens mit der Impfpflicht“ eine „Diktatur“. Abgesehen davon, dass dies eine Verharmlosung von wirklichen Diktaturen darstellt: Kann man in Diktaturen unter Polizeischutz gegen die Regierung demonstrieren? Gibt es dort frei gewählte Parlamente? Kennt jemand eine Diktatur, in der der Regierungschef − wie in Österreich − in vier Jahren gleich sechs (!) Mal wechselt?

In den letzten Jahren hat eine Tendenz Überhand gewonnen, die im Staat das institutionelle Unheil sieht. „Mehr privat, weniger Staat“ lautete das Schlagwort des Neoliberalismus. Staatliche Eingriffe wurden als unzulässige Einschränkungen der persönlichen Freiheit diffamiert.

Verbote notwendig

Jeder Staat braucht Verbote. Aus Geschichte und Gegenwart kennen wir viele Beispiele. So protestierten die Vorarlberger Textilunternehmer massiv, als man im ausgehenden 19. Jahrhundert langsam daran ging, die Kinderarbeit in den Fabriken einzuschränken. War die Maßnahme ein unzulässiger Eingriff? Die Sklavenhalter in den amerikanischen Südstaaten reagierten auf die Abschaffung der Sklaverei sogar mit dem blutigen Sezessionskrieg.

Verbote und Vorschriften regulieren unser Zusammenleben. Das Tragen einer Maske ist zu Zeiten einer Pandemie eine notwendige Maßnahme. Wer sich nicht daran hält, gefährdet nicht nur sich selbst, sondern eben auch andere. Zu erinnern ist an jenen Politiker der coronakritischen MFG-Partei, der jetzt in Oberösterreich mit Corona ein Intensivbett blockiert. Gleichzeitig konnte in Oberösterreich ein vierjähriges Kind nicht operiert werden, weil kein Intensivbett frei war. Auch bei einem Krebspatienten hieß es: bitte warten!

Verantwortungsethik

Es mag trivial klingen, aber so wie wir auf die Welt kommen, sind wir ohne andere Menschen nicht überlebensfähig: Der Mensch ist ein soziales Wesen. Wir tragen auch Verantwortung für andere Menschen. Der Staat hat die Aufgabe, das Miteinander zu koordinieren.

Der Soziologe Max Weber hat den Begriff der „Verantwortungsethik“ geprägt. Jetzt ist wohl wieder der Zeitpunkt, alle darauf hinzuweisen. Eine Pandemie ist keine Privatsache. Das Virus gefährdet uns alle. Wer in der jetzigen Situation daher nicht alles Menschenmögliche unternimmt, um ihr Einhalt zu gebieten, schadet der Gesellschaft. Die Impfpflicht ist notwendig!

22. November 2021

Das Corona Desaster

2021-11-22T08:18:54+01:0022.11.21, 8:19 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus, Gesellschaft, Gesundheit und Pflege|Tags: , |

40.000 Menschen demonstrierten am Samstag in Wien gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung. Sie protestierten nicht, dass diese zu spät gekommen sind. Das wäre nachvollziehbar. Nein: Sie demonstrierten im Sog von Neonazis und Rechtsextremen dagegen, dass sie gesetzt wurden. Unter dem Titel „Wirrologen unterwegs“ habe ich in den „Vorarlberger Nachrichten“ einen Kommentar dazu veröffentlicht. Hier zum Nachlesen:

Am Wochenende musste die Polizei zuerst in Oberösterreich und Salzburg, dann in ganz Österreich ausrücken, um Krankenhäuser zu bewachen. Fanatische Impfgegner hatten zu „Aktionismus in und vor Krankenhäusern aufgerufen“, auf Intensivstationen solle man das Pflegepersonal („Marionetten“) „verhören“, um herauszubekommen, was dort wirklich los sei.

Gesellschaft aus den Fugen

Jetzt müssen also jene, die mit letztem Einsatz unser Gesundheitssystem aufrechterhalten, die seit Monaten am Limit sind, auch noch vor diesen gefährlichen Narren geschützt werden.

Was ist los in unserer Gesellschaft? Am Samstag demonstrierten 40.000 gegen die Covid-Maßnahmen. Viele Menschen haben das Vertrauen in „die da oben“ verloren, ignorieren die Empfehlungen wissenschaftlicher oder medizinischer Autoritäten. Auch das offenkundig seit Monaten über Gebühr geforderte Pflegepersonal und die Ärzte in den Krankenhäusern sind zumindest für die radikalen Impfskeptiker kein Anlass umzudenken. Auch nicht, dass bereits infizierte Kinder auf der Intensivstation liegen und man dort über die „Triage“ nachdenkt.

Entwurmung statt Impfung?

Menschen, die eine Corona-Impfung partout ablehnen, schlucken ohne mit der Wimper zu zucken das Medikament Ivermectin, ein Mittel zur Entwurmung von Pferden. Sie vertrauen gegen die ausdrücklichen Warnungen des Herstellers dem politischen Abenteurer Herbert Kickl. Dank des inzwischen selbst Corona-Infizierten FPÖ-Chefs ist das rezeptpflichtige (!) Medikament inzwischen ausverkauft. Kickl hat auch das Schmerzmittel, Tropfen und Vitaminpräparate empfohlen. Auch hier sind „Gläubige“ schnurstracks im Krankenhaus gelandet und belegen jene Betten, die Corona-Patienten dringend benötigen.

Wirrologie statt Virologen

Vielleicht noch gefährlicher als Pseudo-Mediziner Kickl sind arrogante Verharmloser wie Tourismus-Ministerin Elisabeth Köstinger, Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer oder Bundeskanzler Alexander Schallenberg. Letzten Donnerstag setzte dann endlich ein Umdenken ein.

Oberösterreichs Landeshauptmann Stelzer sitzt mit der gemeingefährlichen FPÖ sogar in einer Koalition. Tagelang kämpften Pflegekräfte und Ärzte in der Intensivstation um das Leben seines Koalitionspartners Manfred Haimbuchner. Jetzt müssen sie sich anhören, wie dieser neben seinem Bundesparteichef sitzt, der Corona zur „normalen Grippe“ erklärt.

Wichtig ist jetzt die Auseinandersetzung mit jenen, die weder fanatische Impfgegner sind noch Anhänger von Kickl & Co. Vielleicht nützt bei ihnen ein Appell an die Solidarität mit den Menschen auf den Intensivstationen und dem überforderten Krankenhauspersonal? Oder an den Eigennutz − geringere Ansteckungswahrscheinlichkeit oder bei Erkrankung ein milderer Verlauf? Oder der Lockruf an ein unbeschwertes „Leben wie früher“ wie derzeit in Spanien oder Portugal, wo die Impfquote bei bis zu 90 Prozent liegt?

Das ist die Aufgabe der Politik. Hoffen wir, dass sie wenigstens künftig auch wahrgenommen wird.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

Hier erfahren sie mehr…

Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


Zur Seite des Parlaments…