8. Februar 2016

Aula-Affäre: Justizministerium top – Rechtsschutzbeauftragter flop?

2016-02-08T18:36:40+01:0008.02.16, 18:26 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , , , |

aula_duswaldEines ist in der Affäre rund um den Aula-Artikel von Fred Duswald und die Einstellung des Verfahrens gegen ihn mitsamt der Einstellungsbegründung festzuhalten: Dass sich das Justizministerium in Person von Sektionschef Christian Pilnacek so klar gegen den Artikel selbst aber auch gegen die Einstellungsbegründung der Grazer Staatsanwaltschaft ausgesprochen hat, ist bemerkenswert und erfreulich: „’Diese Begründung ist unfassbar und in sich menschenverachtend’, sagte Strafrechtssektionschef Christian Pilnacek zur APA. Die ‚unsägliche Diktion’ des Artikels sei damit nachträglich gerechtfertigt worden. (…) Konsequenzen müsse es jedenfalls geben, so Pilnacek, der eine Verletzung des Vier-Augen-Prinzips vermutet. Er sprach von einer ‚groben Fehlleistung’ und betonte: ‚Die Staatsanwaltschaft, wir alle müssen dafür sorgen, dass solche fehlgeleiteten Begründungen nicht mehr passieren.’“ (http://science.orf.at/stories/1767147/) Ich stimme dem Sektionschef zu: Konsequenzen muss es geben. Aber dass hier nur das „Vier-Augen-Prinzip“ verletzt wurde, ist zu bezweifeln.

Kaum waren die wohltuenden Worte des Sektionschefs öffentlich geworden, widersprach ausgerechnet der Justiz-Rechtsschutzbeauftragte Gottfried Strasser, dem die Aufgabe obliegt, den Ausgang von Verfahren zu bewerten und sie gegebenenfalls zu beeinspruchen, in einer für mich unfassbaren Art und Weise: „Die Begründung zur Verfahrenseinstellung, (…) habe er für unbedenklich gehalten, ‚und ich halte sie nach wie vor für unbedenklich’. Dass es im KZ auch inhaftierte Rechtsbrecher gegeben habe, sei ein historisches Faktum und auch durch Aussagen in Gerichtsverfahren zu Mauthausen bestätigt. Und auch auf Erlebnisse aus seiner Kindheit, die er im Umfeld des KZ Mauthausen verbrachte, verwies er.
Großteils seien es zwar russische Kriegsgefangene gewesen, die nach der Befreiung des KZ Mauthausen Hilfe gesucht hätten, so Strasser. Seine Großmutter hätte diese immer wieder mit Suppe zu versorgen versucht, erinnerte er sich. Gleichzeitig habe es aber auch Kriminelle gegeben, die von der SS im Lager als Capos eingesetzt worden seien. Ein Mann habe seinen Vater – einen Polizisten – damals sogar mit einer Pistole bedroht.“ (APA-Meldung)

Dass nun Ereignisse generell nicht vom Hörensagen zu bewerten sind, sollte ein Jurist eigentlich wissen. Oma und Opa können zweifelsfrei wertvolle ZeitzeugInnen sein. Dass deren Erzählungen jedoch nicht reichen, um historische Ereignisse in einem größeren Kontext zu sehen und einzuordnen, sollte aber ebenfalls zum Allgemeinwissen eines Juristen zählen. Wenn es hierbei auch noch um Epochen wie jene des Nationalsozialismus und der Zeit danach geht, wo das historische Gedächtnis der involvierten Tätergesellschaft entweder komplett ausgelassen hat oder zu exkulpierenden Interpretationen und Sichtweisen tendierte, dann sind die Aussagen dieser ZeitzeugInnen noch kritischer zu bewerten. Es steht mir nun keineswegs zu, der Großmutter und dem Vater des Rechtsschutzbeauftragten irgendeine bestimmte politische Gesinnung zuzuschreiben, aber ich darf daran zweifeln, dass deren Aussagen für die Bewertung des Aula-Artikels von größerer Relevanz sein können.

Es bestreitet niemand, dass es im Mai 1945 zu Strafhandlungen wie beispielsweise zur Plünderung von Lebensmitteln seitens ehemaliger KZ-Häftlinge gekommen ist. Es ist auch zu gewalttätigen Übergriffen durch Häftlinge gleich nach der Befreiung noch innerhalb der KZs gekommen und zwar in erster Linie gegenüber den verhassten Kapos. Aber das alles rechtfertigt nicht einmal ansatzweise Behauptungen, in denen ehemalige Häftlinge pauschal kriminalisiert und als „Massenmörder“ bezeichnet werden sowie als „Horde“, die mit den sowjetischen Befreiern „in der Begehung schwerster Verbrechen“ gewetteifert hätte. Wenn das historische Wissen des Rechtsschutzbeauftragten nun derart fragmentarisch ist, dass er Formulierungen rechtfertigt, von denen sich alle Fachleute distanzieren, dann ist zu hinterfragen, ob er als Rechtsschutzbeauftragter imstande ist, ein Verfahren wie jenes gegen Duswald zu beurteilen. Dass er auch nichts dabei fand, als selbst die Oberstaatsanwaltschaft per Erlass ihr Befremden über die Einstellungsbegründung zum Ausdruck gebracht hatte, irritiert nun zusätzlich und zeigt auf dramatische Art und Weise die noch immer fehlende Sensibilität von Teilen der Justiz im Umgang mit dem Nationalsozialismus auf.

Der Rechtsschutzbeauftragte Strasser ist der einzige, der die Wiederaufnahme des Verfahrens bewirken hätte könnte. Der wollte das allerdings nicht tun, zum jetzigen Zeitpunkt auch mit dem Hinweis, dass die Frist dafür verstrichen sei. Wenn der Rechtsschutzbeauftragte nicht tätig wird oder werden kann, werde ich erneut Anzeige erstatten. Das Mindeste, was ich erwarte, ist eine sachgerechte Begründung im Falle einer neuerlichen Abweisung meiner Anzeige.

6. Februar 2016

Skandalbegründung der Grazer Staatsanwaltschaft

2016-02-12T14:51:28+01:0006.02.16, 18:58 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , , , , , , |

mauthausen_befreiungsfeierNach meiner Anzeige gegen den als rechtsextrem bekannten Aula-Autor Fred Duswald (u.a. in den 1970er-Jahren Funktionär der später verbotenen NDP unter Norbert Burger) und den Herausgeber der Aula, Martin Pfeiffer, hatte ich aus Kenntnis anderer Fälle befürchtet, dass es zu keiner Anklage gegen die beiden Herren kommen würde, obwohl sich das Zentralorgan der FPÖ-Burschenschafter, die Aula, zunehmend in Richtung neonazistisch bewegt. Womit ich nicht gerechnet hatte, war die Art, wie die Einstellung des Verfahrens seitens der Staatsanwaltschaft Graz begründet wurde. Nicht nur ich, sämtliche von mir befragten ExpertInnen waren schockiert. Daher habe ich an den Justizminister eine Parlamentarische Anfrage, die auch den Aula-Artikel und das Begründungsschreiben der Staatsanwaltschaft Graz enthält, gestellt. Gestern berichtete die ZiB 2 darüber.

Meine zentralen Kritikpunkte:

Die Begründung der Staatsanwaltschaft zur Einstellung des Verfahrens gegen den Aula-Herausgeber und gegen den Autor Fred Duswald beruht wohl ausschließlich auf dem Aula-Artikel selbst und einem kurzen Verlagstext zum Buch, das Duswald in seinem Artikel vermeintlich rezensiert hat. Es wurden offensichtlich weder Fachleute noch die Autorin des angeblich von Duswald besprochenen Buches hinzugezogen. Auch Sekundärliteratur als Basis für die Begründung wurde offensichtlich nicht verwendet.

In der Einstellungsbegründung wird in skandalöser Weise indirekt die NS-Judikatur fortgeschrieben, indem die während der NS-Zeit als „Kriminelle“ internierten KZ-Häftlinge nach der „allgemeinen Lebenserfahrung“ (wie es in der Begründung wortwörtlich heißt!) aufgrund ihrer kriminellen Energie Straftaten auch nach der Befreiung verübt hätten.

Zudem lässt die Staatsanwaltschaft jeglichen historischen Kontext außer Acht, wodurch es etwa als „nachvollziehbar“ bezeichnet wird, dass die befreiten Häftlinge „eine Belästigung für die betroffenen Gebiete Österreichs“ darstellten. Die Staatsanwaltschaft übernimmt hier ungeniert die Täter-Opfer-Umkehr des Autors.

Die Autorin des von Duswald rezensierten Buches distanziert sich aufs Schärfste von der Besprechung, wirft ein, dass Duswald die von ihr recherchierten Fakten verdreht habe und bezichtigt Duswald in einer schriftlichen Stellungnahme der Lüge. Ein Faktum, das die Staatsanwaltschaft nicht interessiert haben dürfte.

Das Verfahren gegen Duswald und Pfeiffer war berichtspflichtig, was bedeutet, dass die Einstellungsbegründung in den oberen Etagen (Oberstaatsanwaltschaft, Justizministerium) gutgeheißen wurde. Meiner Information nach könnte die Begründung nicht von der unterzeichneten Staatsanwältin, sondern sogar von einem renommierten Staatsanwalt verfasst worden sein.

Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) bescheinigt der österreichischen Justiz eine mangelhafte Auseinandersetzung in der Vergangenheit mit ihrer Rolle im Nationalsozialismus. Aus der Außensicht als Strafrechtsprofessor konnte er in den 1980er-, 1990er- und 2000er-Jahren keine Vergangenheitsbewältigung beobachten, sagte der Minister bei einer Diskussionsveranstaltung zur Rolle der Justiz vor, während und nach der Zeit des Nationalsozialismus am Bezirksgericht Meidling am Montagabend (18.1.2016, H.W.). (http://derstandard.at/2000029370409/Brandstetter-fordert-Erinnerungskultur-der-Justiz-ein)

Justizminister Brandstetter hat nun bis Ende März Zeit, auf meine Parlamentarische Anfrage, in der ich ihn über das Zustandekommen dieser Begründung befrage, zu antworten. 71 Jahre nach Ende des Holocaust muss klar sein, wer die Täter und wer die Opfer waren. Am 15. Mai werde ich bei der Befreiungsfeier des KZ Mauthausen wieder auf einige treffen, die das oberösterreichische Vernichtungslager und seine Mordmaschinerie überlebt haben. Gerade ihnen sind wir es schuldig, dass wir eine neuerliche Verunglimpfung der Opfer nicht widerspruchslos akzeptieren. Das müssen auch die Staatsanwaltschaft Graz und das Justizministerium zur Kenntnis nehmen.

 

6. April 2015

Die FPÖ, die „Aula“ und die blauen „Intellektuellen“

2015-04-07T13:12:41+02:0006.04.15, 11:01 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , , , |

aula_maerz2015„Aula“ und „Zur Zeit“ sind also Zeitschriften der FPÖ für Intellektuelle. Halt für blaue Intellektuelle. Meint die FPÖ. Peinlich etwa die „Verunglimpfung von Ruth Klüger und anderen KZ-Überlebenden in der „Aula“.
In der letzten Ausgabe bekomme auch ich von der „Aula“ mein „Fett“ ab und die Empfehlung, mich an angeblichen Vorbildern wie Alexander Löhr und Manfred von Richthofen zu orientieren. Bemerkenswert ist diese Empfehlung nicht nur inhaltlich, beachtenswert ist auch das sprachliche Reservoir, aus dem die blauen „Vordenker“ da schöpfen: „An ihnen könnten sich Kreaturen wie Walser ein Vorbild nehmen.“ Autor des Artikels ist der oberösterreichische Rechtsextremist Fred Duswald (Alter Herr der aB! Danubia, München). Er ist schon mehrfach einschlägig aufgefallen – etwa durch die Beschimpfung des Widerstandskämpfers Franz Jägerstätter oder der homosexuellen NS-Opfer („Sittenstrolche“, „Sittlichkeitsverbrecher“). Näheres hier: „NS-Apologetik in der Zeitschrift Die Aula: Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus“. Und weil’s mit der Punzierung „Kreatur“ nicht genug ist, werde ich auch gleich als „Umerzieher“ geoutet.
Vergleichsweise zivilisiert ist da „Zur Zeit“, die sich an der „unappetitlichen Form des Umgangs mit dem Andenken Verstorbener“ stößt und den Kaisersohn Otto bemüht, um abzuleiten, dass sich eine solche Vorgangsweise bald rächen würde. Ach ja, richten es die Recken aus der Nazi-Zeit nicht verbal, muss halt irgendwie wenigstens der Kaiser her.
Grund für die rüden braun-blauen Attacken gegen mich ist ein politischer Erfolg. Es ist uns Grünen nämlich gelungen, ein „ehrendes Gedenken“ an den Kriegsverbrecher Alexander Löhr im öffentlichen Raum („Kriegsverbrecher als ‚unvergesslicher Kamerad“) abzustellen.
Pikant ist, dass das von diversen Mandataren der „Sozialen Heimatpartei“ für krude historische Absonderungen und extra-patriotische Ergüsse gern genutzte Blatt in Bratislava gedruckt wird. Daraus lassen sich zwei Schlüsse ziehen: Entweder wird die slowakische Hauptstadt noch dem alten Reich (ob jenem vor 1918 oder dem Tausendjährigen sei dahingestellt), also der engeren Heimat, zugerechnet, oder die Herausgeber profitieren doch von den günstigeren Durckkosten und pfeifen in diesem Fall auch auf ihre heimatorientierte Loyalität.
Übrigens: Die Vater-Sohn-Mölzer-Postille „Zur Zeit“ erhält staatliche Vertriebsförderung – im letzten Jahr immerhin 36.724,80€. In den Richtlinien für die Vergabe der Gelder ist festgehalten, dass Medien, die wegen Verhetzung oder wegen des Verstoßes gegen das Verbotsgesetz rechtskräftig verurteilt wurden, keine Presseförderung erhalten dürfen. Das könne, so der VÖZ, „einen Beitrag zur demokratiepolitischen Hygiene am heimischen Mediensektor“ leisten. Immerhin ist in den letzten Jahren nicht nur der Ex-Herausgeber von „Zur Zeit“, Andreas Mölzer, wegen rassistischer Artikel in seinem Blatt immer wieder in die Kritik geraten. Es wird also zu untersuchen sein, inwieweit „Zur Zeit“ diesen Richtlinien gerecht wird. Wir werden darauf ein Auge haben.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

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