Fußball und Politik
Es ist nun einmal so: Sport und Politik lassen sich nicht trennen. Wer das Gegenteil behauptet, ist entweder naiv oder spekuliert mit der Naivität vieler Menschen. Speziell deutlich wird der Zusammenhang, wenn man die derzeige Fußball-EM betrachtet. Dazu mein Kommentar unter dem Titel „Fußball und Politik“ in den Vorarlberger Nachrichten hier zum Nachlesen:
Die Fußball-Europameisterschaft begeistert die Menschen. Bislang spürt man überall eine tolle Stimmung und sieht euphorische Fans aus allen Teilnehmerländern. Angesichts der derzeitigen multiplen Krisen ein wohltuendes Ereignis.
Wie immer bei sportlichen Großereignissen spielt auch die Politik eine nicht unwesentliche Rolle. Einerseits versuchen politisch Verantwortliche, von Emotionen zu profitieren und sich mit den Stars der jeweils eigenen Mannschaft zu zeigen. Andererseits nutzen Fußballspieler ihre Bekanntheit, um gesellschaftspolitische und durchaus auch direkte politische Botschaften zu vermitteln.
Negatives Beispiel war der türkische Spieler Merih Demiral, der sein zweites Tor gegen Österreich mit dem rechtsextremen Wolfsgruß feierte. Er gehört zu einer Minderheit. Mehrere französische Superstars hingegen haben angesichts der großen Zustimmung für den rechtsextremen „Rassemblement national“ – zu Deutsch „nationaler Zusammenschluss“ – in ihrem Heimatland deutlich vor einem solchen Nationalismus gewarnt. Kylian Mbappé will mit Bezug auf die Stichwahlen am Sonntag auch nach dem „7. Juli noch stolz sein“, „das französische Trikot zu tragen“.
Aber auch unser Team muss sich in Sachen gesellschaftliche Verantwortung nicht verstecken – von der tollen sportlichen Performance gar nicht zu reden. Schon Teamchef Ralf Rangnick fand kritische Worte zum Anschwellen der extremen Rechten. Angesichts der Geschichte von Deutschland und Österreich mahnte er: „Wer nach hundert Jahren immer noch nicht verstanden hat, was regelmäßig ins Verderben führt, dem kann man nicht helfen. Wir müssen auf dem rechten Auge wirklich wachsam sein.“
Die Nationalmannschaften praktisch aller Länder sind sinnbildlicher Ausdruck veränderter Gesellschaften. Das gefällt nicht allen. Dass die angeblichen „Patrioten“ nun gegen ihre eigenen Nationalmannschaften schießen, lässt tief blicken. Rassistische Anfeindungen gegen das eigene Team gibt es seit Jahren von der Partei Le Pens, der deutschen AfD („zu viel Schwarze im Team“) und der FPÖ. Der einstige FPÖ-„Vordenker“ Andreas Mölzer fürchtete sich einst nicht nur vor einem europäischen „Negerkonglomerat“, sondern ließ in seiner früheren Zeitschrift „Zur Zeit“ über David Alaba schreiben, dieser sei „pechrabenschwarz“, daher kein „echter Wiener“ und somit kein richtiger Österreicher.
Alaba hat inzwischen vielfach bewiesen, welcher Charakter ihn auszeichnet. Zuletzt hat er sich trotz Verletzung an die Seitenlinie gestellt und auf seinen Urlaub verzichtet. Jemand, der sein Team so unterstützt, ist wohl definitiv mehr ein „richtiger Österreicher“ als jemand, der sich gegen die eigene Mannschaft wendet.
Am besten fasste es Michael Gregoritsch unmittelbar nach dem Ausscheiden gegen die Türkei zusammen: „Die Botschaft in ganz Österreich und Europa ist, dass man sich nicht auseinandersetzen soll mit Differenzierung und rechten Gedanken, sondern vereint und stolz und glücklich sein soll.“