Separate „Flüchtlingsklassen“ – Wiener Vorwahlaktionismus

2015-07-12T18:34:53+02:0012.07.15, 18:17 |Kategorien: Bildung, Integration|Tags: , |

Bildung_Kind_ChancengerechtigkeitAm Freitag kündigte die im Wiener Stadtschulrat für Sprachförderung zuständige Ulrike Doppler-Ebner an, ab Herbst Klassen für Flüchtlingskinder einrichten zu wollen (Eigene Schulklassen für Flüchtlinge in Wien). Die gute Nachricht: Es wird etwas getan, sogar ein bisschen vorausblickend. Die schlechte Nachricht: Es wird irgendetwas getan. Separierte Klassen werden von der österreichischen Fachcommunity unisono abgelehnt . Und das zu Recht. Entlarvend dabei die Vorab-Rechtfertigung von Doppler-Ebner: „Wie man es macht, ist es verkehrt“, sagt sie: „Machen wir ein eigenes Konzept, passt es nicht, wenn wir keines machen, haben wir versagt.“ Nichts zu machen, ist jedoch nicht die Alternative zu einem schlechten Konzept, denn man könnte ja auch ein sinnvolles umsetzen.

Wie absurd und unreflektiert hier gehandelt wird, zeigt, dass die Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl prompt ihre Pressesprecherin zum Feuerlöschen aussandte, um der zu erwartenden Kritik mit einem an Merkwürdigkeit kaum zu überbietenden Statement zu begegnen. Diese betonte nämlich, „dass es sich um ein ‚Kurssystem’ handle und nicht um eine ‚Klasse’. Auch wenn die Kinder, wie sie der ‚Presse’ nochmals bestätigte, in eigenen Klassenzimmer unterrichtet werden sollen. Der Grund? Man könne das Wort ‚Klasse’ missverstehen, da die ‚Kurse’ auch unter dem Jahr gestartet und beendet werden können.“ So, was nun? Werden die Kinder separiert unterrichtet, aber unter dem Mascherl „Kurs“? Oder sind die Kinder in einem regulären Klassenverband integriert und erhalten zusätzliche Sprachförderung?

Um es klarzustellen: Es ist unumstritten, dass Kinder die Bildungssprache möglichst schnell erlernen und deshalb auch eine besondere Förderung erhalten müssen. Hier ist endlich ein bundesweites Konzept, das von den Kinderbetreuungseinrichtungen bis zum Ende der Volksschule reicht, vorzulegen und umzusetzen. Wie dies erfolgen könnte, habe ich nun schon mehrfach skizziert (So lernen alle Kinder Deutsch: unser Modell zur Sprachförderung). Es ist keineswegs notwendig, das Rad neu zu erfinden, denn wir können auf erfolgreiche Modelle zurückgreifen.

Was im Moment passiert, sind Maßnahmen, die in der Mühle zwischen den Zuständigkeiten verschiedener Ministerien und der einzelnen Bundesländer zu einem inkompetenten und ineffizienten Stückwerk verkommen. Dies geht nicht nur zu Lasten der betroffenen Kinder, sondern wird in Österreich auch zunehmend volkswirtschaftlich negative Konsequenzen zeitigen.

Die für Wien avisierten „Flüchtlingsklassen“ (oder Kurse) sind, so sieht es zumindest aus, wohl eher dem Kapitel „Vorwahlaktionismus“ zuzurechnen. Kluge, vorausschauende Bildungspolitik sieht jedenfalls anders aus.