„Gierflation“ oder doch „normales Gewinnstreben“?

2022-08-01T11:09:58+02:0001.08.22, 11:07 |Kategorien: Arbeit und Wirtschaft|Tags: , , |

Was Dagobert Duck mit dem Phänomen der „Gierflation“ zu tun hat, dürfte klar sein. Unter dem Titel „Preistreiberei beenden!“ habe ich in den „Vorarlberger Nachrichten“ einen Kommentar zur Entwicklung der Inflation  bei uns verfasst. Hier zum Nachlesen:

Jetzt also auch noch das Brennholz: Es kostet derzeit rund 25 Prozent mehr als vor einem Jahr. Der Grund dafür sei – so die Forstabteilung des Landes Vorarlberg – der Ukraine-Krieg. Putin soll schuld sein an der Teuerung von Brennholz in Vorarlberg? Wenn es nur Brennholz wäre: Die Inflation hat im Juli laut Statistik Austria 9,2 Prozent erreicht. Das ist der höchste Wert seit fast einem halben Jahrhundert.

Ein neues Wort ist daher in aller Munde: „Gierflation“. Es verweist auf eine zentrale Frage: Wie viel Geldgier steckt hinter Inflationsraten von inzwischen knapp zehn Prozent? Ist wirklich der Krieg in der Ukraine die Ursache oder sind es eventuell auch skrupellose Geschäftemacher, die die jetzige Situation ausnutzen? Sogar die Berliner Börse nimmt den Begriff „Gierflation“ auf und macht ihn zum „Wirtschaftswort der Woche“.

„Übergewinne“

Man kann nicht so recht glauben, dass wirklich der Ukraine Krieg die alleinige Ursache für diese Entwicklung ist. Fast täglich melden die großen Ölkonzerne Rekordgewinne. Allein der niederländische Konzern Shell hat am Freitag bekanntgegeben, dass der Gewinn 11,5 Milliarden Dollar ausmache − im Quartal, nicht etwa im Jahr! Ähnlich der französische Konzern Total mit fast zehn Milliarden Quartalsgewinn und weitere Energieunternehmen. Die Aktionäre freut es, denn ihnen winken fette Dividenden.

Und Österreich? Der Verbund steigerte seine Gewinne um 150 Prozent, die OMV konnte allein im zweiten Quartal 2022 ihr Ergebnis im Vergleich zum Vorjahresquartal mehr als verdreifachen. Das „Momentum-Institut“ bringt es in einer Analyse auf den Punkt: „Während die meisten Menschen immer ärmer werden, schneiden sich die Mineralölfirmen ein größeres Stück vom Kuchen ab.“

Kapitalismus pur?

Aber auch andere Energieunternehmen machen nicht zu rechtfertigende Preissteigerungen. Beispiel Stromversorger: Wie kann es sein, dass sich der gesamte Strompreis noch immer am teuersten Kraftwerk am Markt und somit an einem Gaskraftwerk orientiert, obwohl in Österreich ein Großteil des Stroms mit teilweise schon abgeschriebenen Wasserkraftwerken und somit überaus günstig produziert wird?

Dass dann auch noch die Lebensmittelbranche überdurchschnittlich „mitschneidet“, trifft gerade die untersten Einkommensschichten. Die Preise für Milch, Käse, Eier, Brot und andere Getreideerzeugnisse stiegen deutlich über der Inflationsrate. Für Markus Marterbauer, den Chefökonom der Arbeiterkammer, sind das „Trittbrettfahrer“ der Krise. Der Ökonom verlangt mehr Transparenz bei der Kostenentwicklung.

Dass Unternehmen nach Gewinn streben, ist nachvollziehbar. Wenn Krisensituationen wie die jetzige aber für ungerechtfertigte Preistreiberei genutzt und Menschen in die Armut getrieben werden, ist das Kapitalismus pur. Da ist der Staat gefordert!