9. November 2023

Alle Räder stehen still, wenn …

2023-11-09T10:17:43+01:0009.11.23, 10:01 |Kategorien: Gesellschaft|Tags: , , |

Kommt es in Österreich zu einem „heißen Herbst“ mit lang andauernden Streiks? Das provokante Angebot der Arbeitgeber bei den Lohnverhandlungen lässt nichts Gutes erwarten. Die Gewerkschaft ist jedenfalls gefordert und darf nicht klein beigeben. Unter dem Titel „Heißer Herbst?“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

In der Vergangenheit wurde die Streikstatistik in Österreich in Minuten, teilweise sogar in Sekunden angegeben: „Österreicher streikten 27 Sekunden“. Ein wesentlicher Garant für den sozialen Frieden war die Sozialpartnerschaft. Gewerkschaften und Wirtschaftskammer sorgten dafür, dass es bei Verhandlungen für beide Seiten akzeptable Kompromisse gegeben hat und der erwirtschaftete Wohlstand halbwegs gerecht verteilt wurde. Damit könnte es vorbei sein.

Seit der ersten schwarz-blauen Regierung wurde der Einfluss der Gewerkschaften nämlich stetig schwächer – und zwar nicht nur selbstverschuldet. Die zwangsweise Fusion der Gebietskrankenkassen zur österreichischen Gesundheitskasse unter Sebastian Kurz ist da nur das letzte Beispiel. Sie hat nicht die versprochene „Patienten-Milliarde“ gebracht, sondern im Gegenteil sogar höhere Verwaltungskosten im dreistelligen Millionenbereich. Ein Ziel hat die damalige Regierung aber erreicht: die Schwächung der Arbeitnehmervertretung in der Selbstverwaltung.

Moderate Forderung

Das schwächt auf Dauer die Sozialpartnerschaft und gefährdet den sozialen Frieden. Dieser schwindende Einfluss zeigt sich in vielen Bereichen. Ein Beispiel ist das Auseinanderdriften der Einkommen von Top-Managern und Arbeitskräften. Vor 20 Jahren hat ein Vorstandsmitglied eines großen Unternehmens etwa 24-mal so viel verdient wie ein durchschnittlicher Beschäftigter. Inzwischen sind die Manager-Gehälter auf das 64-Fache geradezu explodiert! Gleichzeitig werden die Reallöhne in Österreich heuer laut EU-Kommission um vier Prozent sinken.

Diese Entwicklung muss gestoppt werden. Ein kleiner Schritt dazu können die gegenwärtigen Lohnverhandlungen sein. Die jetzige Forderung der Gewerkschaft ist – entgegen dem öffentlichen Framing – moderat und verantwortungsbewusst: 11,6 Prozent. Das wäre eine Abgeltung der Inflation plus ein Anteil am Produktivitätszuwachs.

Dass die Metall-Unternehmen bei einer Inflation von 9,6 Prozent eine durchschnittliche Lohn- und Gehaltserhöhung von 2,5 Prozent plus einer nicht nachhaltigen Einmalzahlung angeboten haben, ist dagegen eine offene Provokation. Die meisten Unternehmen sind dank üppig ausgefallener staatlicher Hilfen durch die Corona-Krise getragen worden. Was für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hingegen geblieben ist, sind höhere Preise und Mieten.

Vorbild USA?

In den USA geschah heuer Historisches. Die Gewerkschaft forderte von den großen Auto-Konzernen eine Lohnerhöhung von 40 Prozent – bei einer deutlich niedrigeren Inflationsrate als bei uns. Die durchaus nachvollziehbare Begründung: Das Top-Management habe genau diese 40 Prozent mehr verdient. Warum sollten Arbeitskräfte schlechter gestellt sein? Es folgten Streiks über mehrere Wochen hinweg.

Schließlich haben alle US-Autoriesen einer Lohnerhöhung von bis zu 33 Prozent bei einer Laufzeit von vier Jahren zugestimmt. Ein Vorbild für Österreich? Oder wollen einige einen „heißen Herbst“ provozieren?

30. Oktober 2022

Lohnverhandlungen: Gibt es einen „heißen Herbst“?

2022-10-30T12:50:04+01:0030.10.22, 12:50 |Kategorien: Arbeit und Wirtschaft|Tags: , , , |

Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer. Dieser Trend muss gestoppt werden. Dazu braucht es mutige und starke Gewerkschaften. Unter dem Titel „Unruhiger Herbst?“ habe ich in den Vorarlberger Nachrichten dazu einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Die Herbstlohnrunde dürfte heuer deutlich stürmischer ausfallen, als wir das in Österreich bislang gewohnt waren. Am Donnerstag hat der ÖGB den Beschäftigen der Metallindustrie die Streikfreigabe erteilt. Auch im Sozialbereich könnte es krachen: Sogar in den Ordensspitälern stellen sich die Beschäftigten auf Kampfmaßnahmen ein.

Die derzeitige Rekord-Inflation hat zu Forderungen nach Lohnerhöhungen von über zehn Prozent geführt. In der Metallbranche aber verharrten die Arbeitgeber bislang bei ihrem Angebot: 4,1 Prozent plus Einmalzahlungen. Auch bei den Eisenbahnern gibt es gewaltige Differenzen zwischen den gewerkschaftlichen Forderungen und dem Unternehmer-Angebot.

Unbezahlbares Leben?

Die hohen Forderungen sind nachvollziehbar. Nicht nur die Preise für Gas und Strom haben schwindelerregende Höhen erreicht, sondern auch jene für Grundnahrungsmittel. Auch Mietkosten sind massiv in die Höhe geschnellt. Für die „Heldinnen“ und „Helden“ im Sozialbereich, die während der Pandemie ausgiebig beklatscht und gelobt wurden, gab es in finanzieller Hinsicht allerdings lediglich „Butterbrote“.

Wir haben in Österreich in dieser Situation im internationalen Vergleich sehr gute Voraussetzungen, um für eine halbwegs gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Vermögens zu sorgen. Unsere Gewerkschaften haben Kollektivvertragshoheit. Das bedeutet, dass die jährlich ausgehandelten etwa 450 Kollektivverträge bei uns für fast sämtliche Arbeitskräfte gelten, in Deutschland beispielsweise nicht einmal für die Hälfte.

Wenn es heuer nicht gelingt, zumindest das Lebensniveau der Menschen zu erhalten, drohen künftig unkontrollierte gesellschaftliche Auseinandersetzungen. Die Verhandler sind daher gefordert: Es muss Abschlüsse geben, die allen Beschäftigten ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. Und das ist wirtschaftlich durchaus möglich.

Und die da oben?

Eines darf nämlich nicht vergessen werden: Die „Übergewinne“ vieler Unternehmen, die nicht durch besondere Leistungen der dortigen Manager, sondern fast ausschließlich durch äußere Einflüsse wie den Ukraine-Krieg oder die Pandemie zustande gekommen sind, führen zu einem massiven Einkommensgewinn: Die regelmäßigen Lohnerhöhungen für die Vorstände der ATX-Konzerne liegen seit Jahren weit über der Inflation oder der Produktivitätssteigerung. In den letzten zehn Jahren hat sich ihr Gehalt von durchschnittlich einer auf zwei Millionen Euro verdoppelt.

Im gleichen Zeitraum ist das mittlere Einkommen der Beschäftigten nur um ein Viertel gestiegen und liegt bei etwa 30.000 Euro jährlich. Die Arbeitgeber haben die Lohnforderungen als „unvernünftig und überzogen“ bezeichnet. Das ist in dieser Pauschalität nicht nachvollziehbar. Daher braucht es jetzt starke Gewerkschaften, um gerechte Löhne zu erreichen und den sozialen Frieden langfristig zu sichern.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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