27. Februar 2023

Rein in die NATO?

2023-02-27T08:27:50+01:0027.02.23, 8:24 |Kategorien: Allgemein|Tags: , , |

Sollen wir die Neutralität aufgeben? In einem von durchwegs honorigen Persönlichkeiten unterschriebenen Brief wird das mehr oder weniger gefordert. „Mehr oder weniger“ – nicht ganz untypisch für Österreich: Vor einer klaren Positionierung drücken sich die Unterzeichner:innen nämlich. Unter dem Titel „Rein in die NATO?“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Der Ukrainekrieg verursacht nicht nur unfassbares menschliches Leid – er stellt auch vermeintliche Gewissheiten infrage. Schweden und Finnland wollen ihren neutralen Status aufgegeben und NATO-Mitglieder werden. Sollten wir in Österreich diesem Beispiel folgen?

Nun haben sich 40 durchwegs hochangesehene Persönlichkeiten gefunden, die in einem „offenen Brief“ eine „Debatte ohne Scheuklappen“ einfordern – um sogleich am eigenen Anspruch zu scheitern. Sie stufen nämlich die Neutralität als „anachronistisch“ ein, fordern aber nicht ihre Abschaffung. Was also? Eine Diskussion ohne Diskussionsanstoß?

Neutralitätsgesetz

Am 26. Oktober 1955 hat der Nationalrat die „immerwährende Neutralität“ beschlossen. Im Artikel I heißt es, der Beschluss werde „aus freien Stücken“ gefasst. Wenn Freiwilligkeit extra betont wird, muss man genauer hinschauen. Das gilt auch in diesem Fall.

Österreich wollte damals unbedingt ein Ende der Besetzung unseres Landes durch die vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs. Diese waren gesprächsbereit, stellten aber Bedingungen. Die damalige Sowjetunion etwa wollte verhindern, dass Österreich der NATO beitritt und verlangte dafür Garantien.

Österreich unterzeichnete daher am 15. April 1955 das „Moskauer Memorandum“ und gab die Zusicherung einer „immerwährenden Neutralität“ nach dem Vorbild der Schweiz. So ganz „aus freien Stücken“ war der Beschluss im Nationalrat vom Oktober 1955 also nicht.

Spiel mit dem Feuer

Natürlich hat sich durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine die Sicherheitslage in Europa geändert. Im Gegensatz zu Österreich haben Schweden und Finnland keine völkerrechtlichen Verträge unterschrieben, die einem NATO-Beitritt widersprechen. Ist es heute in Österreich klug, in dieser angespannten Situation und als Standort internationaler Organisationen wie der UNO oder der OSZE an der Neutralität zu rütteln? Oder ist das ein Spiel mit dem Feuer?

Man sollte sich die Geschichte des Staatsvertrages sowie die rechtlichen Verpflichtungen, die Österreich eingegangen ist, um ihn überhaupt zu ermöglichen, in Erinnerung rufen, bevor man allzu schnell die Grundlagen des Staatsverständnisses vieler Österreicherinnen und Österreicher über Bord wirft.

Sollen wir also die Neutralität aufgeben und wie Schweden und Finnland eine NATO-Mitgliedschaft anstreben? Von den Unterzeichnern der Petition fehlt eine Positionierung. Ein Mehr an Sicherheit wäre damit jedenfalls nicht verbunden – schon heute sind wir ja von NATO-Staaten umgeben. Ein internationaler Bedeutungsgewinn unseres Landes wäre ebenso wenig zu erwarten – vielmehr stünde unser Status als neutraler Boden für Verhandlungen und internationale Verständigung infrage. Solange nicht über innereuropäische Sicherheitsarchitektur diskutiert wird, sollten wir daher nicht an einem Grundpfeiler unserer Verfassung rütteln.

25. Oktober 2021

26. Oktober – idealer Nationalfeiertag?

2021-10-25T09:09:27+02:0025.10.21, 9:03 |Kategorien: Allgemein|Tags: , , |

Ich habe da so meine Zweifel und habe in meiner Kolumne in den „Vorarlberger Nachrichten“ unseren Nationalfeiertag mit Verweis auf seine Geschichte als „Kopfgeburt“ („Kopfgeburt Nationalfeiertag“) bezeichnet. Das Symbolfoto – die österreichische und die EU-Flagge – zeigt übrigens, wohin der Weg aus meiner Sicht gehen sollte. Hier mein Kommentar zum Nachzulesen:

Morgen feiern wir unseren Nationalfeiertag. Doch was ist der Grund dafür? Umfragen belegen, dass große Teile der Bevölkerung gar nicht wissen, was dieses Datum bedeutet. Hat am 26. Oktober 1955 der letzte Besatzungssoldat Österreich verlassen, wie lange Zeit in den Schulen gelehrt wurde? Und wenn: Warum soll das dann gleich ein Nationalfeiertag werden?

In Ländern wie Frankreich oder den USA sind Staats- oder Nationalfeiertag tief im Bewusstsein der Bevölkerung verankert. Und er emotionalisiert: Man ist stolz auf sein Land und auf die Werte, die durch Revolution oder einen Unabhängigkeitskrieg durchgesetzt wurden.

Weshalb der 26. Oktober?

Österreichs Nationalfeiertag hingegen ist eine „Kopfgeburt“. Nach der Unterzeichnung des Staatsvertrags mit den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs am 15. Mai 1955 wurde zuerst der 25. und dann zehn Jahre lang der 26. Oktober als „Tag der Fahne“ begangen. In der Schule ließ man die Kinder rot-weiß-rote Fähnchen malen und wusste nicht so recht, welchen Sinn das haben sollte. Der Hintergrund: An diesem Tag im Jahr 1955 hat der Nationalrat das Gesetz über die „immerwährende Neutralität“ beschlossen.

Zu Beginn der Sechzigerjahre nahmen in Österreich Antisemitismus und rechtsextreme Strömungen stark zu. Es gab mit Ernst Kirchweger auch das erste politische Opfer der Nachkriegszeit. Gegen den erstarkten Deutschnationalismus wollten SPÖ und ÖVP ein Zeichen setzen und machten den 26. Oktober in ausdrücklicher Erinnerung an das Neutralitätsgesetz zum Nationalfeiertag: Nur ja nicht wieder eine „Anschluss-Bewegung“ an Deutschland!

Heute gibt es zwar wieder einen starken Rechtsextremismus, aber keine wahrnehmbare „Anschluss“-Begeisterung. Wäre es da nicht an der Zeit, endlich eine breit angelegte Diskussion über den Sinn des Nationalfeiertags − und in weiterer Folge den Stellenwert unserer Neutralität − zu führen?

Feiertag am 12. November?

Doch welcher Tag böte sich an? So wie die Menschen meist ihren Geburtstag feiern, könnte der Staat das doch auch tun. Am 12. November 1918 wurde die Republik ausgerufen und in der Folge auch zum Nationalfeiertag bestimmt.

Es war kein Zufall, dass die austrofaschistische Diktatur diesen Feiertag 1934 umgehend wieder abgeschafft hat. Die Republik war vielen Christlichsozialen − mit wenigen Ausnahmen − suspekt, Kompromisse mit den „Roten“ waren ebenso verhasst wie „deren Feiertag“. Zu den wenigen Ausnahmen gehörte der Andelsbucher Bauer Jodok Fink. Er wurde 1918 Vizekanzler, trat vehement für die Demokratie ein und die Verständigung mit den Sozialdemokraten.

Wäre nicht der „Geburtstag“ unseres Staatswesens der logische Nationalfeiertag? Politiker wie Jodok Fink würden das wohl begrüßen!

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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