Schulspinde: Eltern werden zur Kasse gebeten

2016-08-19T08:35:55+02:0019.08.16, 8:35 |Kategorien: Bildung|Tags: , , |

UPECOAls ehemaliger Direktor eines großen Gymnasiums weiß ich das: Die Anschaffung von Schulspinden schlägt ein ordentliches Loch ins Schulbudget. Nie jedoch wäre ich auf die Idee gekommen, eine Anschaffung auf Kosten der SchülerInnen bzw. deren Eltern zu tätigen. Schulmobiliar ist vom Schulerhalter zu stellen. Punkt!

Umso überraschter war ich, als ich von einem sehr eigenartigen Geschäftsmodell erfahren habe: Die österreichische Firma UPECO vermietet Schulspinde – dagegen ist auf den ersten Blick nichts einzuwenden. Allerdings erhält die Schule nichts dafür, obwohl die Firma die Spinde dann an die SchülerInnen – wohl gewinnbringend – vermietet. Vertragspartner der SchülerInnen (bzw. von deren Erziehungsberechtigten) ist somit auch nicht die Schule, sondern die Firma UPECO.

Ich habe nun genauer recherchiert und bin aus dem Staunen nicht mehr rausgekommen: SchülerInnen oder deren Eltern melden sich auf der Website von UPECO an. Informationen über die Höhe der Miete gibt es erst im Laufe des Anmeldevorgangs. Warum, habe ich erst bei meiner Scheinanmeldung begriffen, denn die Preise sind schulweise unterschiedlich. Eine Erklärung dafür gibt es nicht. Zudem erfolgt die Online-Anmeldung ohne vorhergehenden Hinweis über Umleitung auf eine externe Seite: „www.schließfächer.de“ ist eine Website der Firma Mietra, die laut Impressum im Eigentum der Fa. „Schließfachanlagen Gerold Trautner e.K., Am Riff 1a, DE – 04651 Bad Lausick“ steht und dasselbe Geschäftsmodell für Deutschland betreibt. Hier sind dann die Daten der SchülerInnen (und der Erziehungsberechtigten) samt Angabe von Klasse, Adresse und Kontonummer zu hinterlegen. Geschäftsbedingungen oder ein Hinweis auf die Datenschutzrichtlinien sucht man auf der Website der Firma UPECO vergeblich. (Die Miete für die Spinde ist in Deutschland übrigens deutlich billiger als in Österreich.)

Ich habe nun eine Anfrage an die Unterrichtsministerin gerichtet und der Kurier hat ebendort nachgefragt. Die Antworten aus dem Ministerium sind bemerkenswert:

„Laut der Sprecherin der Bildungsministerin Sonja Hammerschmied wusste man bisher nichts von den Mietverträgen mit Fremdfirmen – im Gegenteil: Eigentlich gibt es ein Budget, das den Schulen für Mobiliar wie Spinde zur Verfügung steht. Wohin das dafür vorgesehene Geld stattdessen fließt, ist unklar. Nun will das Ministerium schnell reagieren: ‚Wir werden das Thema jetzt gemeinsam mit den zuständigen Landesschulräten klären’, sagt die Sprecherin von Hammerschmied. Juristen seien bereits eingeschaltet, um die rechtliche Lage zu klären. Dies sei aber schwierig, da das Ministerium bei Pflichtschulen nicht der Schulerhalter sei und es deshalb je nach Bundesland unterschiedliche Regelungen gibt.“

Wie bitte? Ein Geschäftsmodell, das es offensichtlich seit Jahren an inzwischen sehr vielen Schulstandorten gibt, das, wie ich rausgefunden habe, vom Wiener Stadtschulrat explizit empfohlen wurde, ist im Bildungsministerium nicht bekannt? Die Eltern werden für Schulmobiliar zur Kasse gebeten, ohne dass das Ministerium davon Kenntnis hat, obwohl sich dagegen bereits vor zwei Jahren zumindest in Wien eine Elterninitiative (siehe Foto!) gebildet hat? Und das Ministerium weiß nicht, wohin das für Schulmobiliar vorgesehene Geld tatsächlich fließt?

Erklärungsbedarf ist gegeben, auf die Antworten bin ich nun gespannt. Eines ist für mich klar: Am Ende hat zu stehen, dass die Spinde für alle SchülerInnen kostenlos sein müssen!