11. Oktober 2021

Das System Kurz und die Grünen

2021-10-11T01:39:51+02:0011.10.21, 1:38 |Kategorien: Allgemein, Nationalrat|Tags: , , , |

Welche Folgen hat der sogenannte Rücktritt des ÖVP-Parteiobmannes Sebastian Kurz für Österreich? Das „System Kurz“ bleibt bestehen, eine illiberale Demokratie à la Viktor Orbán ist nicht vom Tisch. Schwierige Zeiten kommen da auf uns zu!

Unter dem Titel Das „System Kurz“ bleibt! habe ich in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar dazu verfasst. Hier zum Nachlesen:

„Mein Land ist mir wichtiger als meine Person“, hat Sebastian Kurz am Samstag bei der Ankündigung seines Rücktritts gemeint. Alles gut? Bei weitem nicht! Der ÖVP-Obmann bleibt als Klubchef im von ihm verachteten Nationalrat an einer zentralen Machtstelle.

Er hat nur dem Druck der Grünen, der vernünftigen Kräfte in seiner eigenen Partei, des Bundepräsidenten und Teilen der Presse nachgegeben. Sogar der „Kurier“ hatte am Wochenende gefordert: „Ein neuer Kanzler muss her“, weil „Kurz als Regierungschef nicht mehr tragbar“ sei. Bemerkenswert, war der „Kurier“ doch neben den von Kurz üppig geförderten Wiener Krawallblättern bislang so etwas wie das bürgerlich-türkise Zentralorgan.

Rücktritt ohne Einsicht

„In der Hitze des Gefechts“ habe er vielleicht einmal eine unbedachte Äußerung von sich gegeben, reduzierte Kurz seinen notwendigen Schritt auf Bemerkungen in den berüchtigten Chats, in denen er etwa seinen Vorgänger Reinhold Mitterlehner als „A…“ bezeichnet hatte.

Damit allerdings verharmlost er, was dort als „System Kurz“ zutage getreten ist − und zwar keineswegs nur in einer angeblichen Stresssituation: Korrumpierung der Presse, Bestrafung von Menschen und Institutionen wie der katholischen Kirche, wenn sie es wagen, Kritik zu üben. „Bitte Vollgas geben“ schrieb er etwa, als die Kirche seine Flüchtlingspolitik kritisiert hatte und ihr daraufhin massive finanzielle Schlechterstellungen angekündigt wurden Wenn Sebastian Kurz agiert wie in den letzten Jahren, wird er künftig Rache nehmen an jenen, die in und außerhalb der ÖVP „untreu“ waren. Die Grünen werden sich in den nächsten Monaten warm anziehen müssen.

Seit Beginn der Koalition hat ihnen Kurz das Leben schwer gemacht − Stichworte Arbeitslosengeld, Moria, Abschiebung von Kindern, mickrige Ökosteuer … Jetzt wird es auf Kosten der betroffenen Menschen noch ungemütlicher werden. Die Partei ist gut beraten, selbstbewusster eigene Inhalte zu kommunizieren und sie in der Koalition auch vehementer einzufordern: Es ist Zeit, Flagge zu zeigen!

Und Österreich? Der neue Kanzler Alexander Schallenberg ist ein Kurz-Getreuer. Er hat schon in der Übergangsregierung unter Brigitte Bierlein darauf geachtet, dass die Dinge im Sinne des damals abgewählten Kanzlers weiterlaufen.

Für dringend notwendige Reformen in den Bereichen Klimaschutz, Bildung, bei Presseförderung oder in der Flüchtlingspolitik schaut es schlecht aus. Auch weitere Attacken auf die unabhängige Justiz und unsere liberale Demokratie sind zu befürchten. Kontinuität gibt es wohl auch in der EU-Politik, wo weiterhin eher nationalistische Länder wie Polen und Ungarn als Bündnispartner gesehen werden und nicht reformwillige Kräfte.

Das „System Kurz“ bleibt bestehen, eine illiberale Demokratie à la Viktor Orbán ist nicht vom Tisch. Schwierige Zeiten kommen da auf uns zu!

17. Mai 2021

Österreich darf nicht Orbánistan werden!

2021-05-17T09:35:40+02:0017.05.21, 9:35 |Kategorien: Allgemein|Tags: , |

Derzeit beschäftigt sich der türkise Teil der Bundesregierung vor allem mit Anzeigen, Hausdurchsuchungen, der Staatsanwaltschaft, dem Untersuchungsausschuss und anderen unerfreulichen Dinge. Unter dem fragenden Titel „Orbánistan ante portas?“ habe ich in den „Vorarlberger Nachrichten“ in einem Kommentar zur Entwicklung der ÖVP Stellung bezogen. Ist sie inzwischen wirklich immer noch eine „bürgerliche Partei“?
Schon am Samstag habe ich auf Einladung des „Standard“ einen „Kommentar der Anderen“ verfasst: „Wie lange ist Kurz noch zu halten?“ 

Der VN-Kommentar hier zum Nachlesen:

Früher einmal waren die „Schwarzen“ eine Partei, die sich mit dem Attribut „bürgerlich“ schmückte. „Bürgerlich“ im Sinne von Besonnenheit im Auftreten, Respekt vor den Institutionen des Staates, Fleiß und Bildung und nicht zuletzt: Manieren.

Und heute? Der Untersuchungsausschuss hat penibel aufgedeckt, wie die türkise Günstlingswirtschaft in den letzten Jahren funktioniert hat, welch schmutzige Deals mit dem früheren Koalitionspartner ausgeheckt und zum Schaden der Republik durchgezogen wurden. Achtung vor dem Rechtsstaat? Mitnichten. Bislang war es unverstellbar, dass sich ein österreichischer Bundeskanzler vor Gericht verantworten muss. Doch Sebastian Kurz geht gleich einen Schritt weiter: Nicht einmal in einer Verurteilung − so der junge Kanzler im ZiB2-Interview mit Armin Wolf − sähe er einen Grund zum Rücktritt.

Peinliche Reaktionen

Die ÖVP-Landeshauptleute haben ihren Bundesparteiobmann vor vier Jahren mit fast unbeschränkter Allmacht ausgestatte. Folgerichtig hört man von ihnen jetzt nur peinliche Ergebenheitsadressen: Sebastian forever, was immer da kommen möge, was immer er angestellt habe.

Die mit viel Steuergeld gefütterten Wiener Boulevard-Medien legen noch eins drauf. Negativer Höhepunkt in der „Kronenzeitung“: Sebastian Kurz werde „nicht zurücktreten. Weil er dieses sein Land liebt. Und zu seiner Verantwortung steht.“

Trifft das eine Stimmung im Land? Es ist zu befürchten, dass nicht wenige der von Kurz geschickt gestrickten Erzählung folgen, er sei ein „Opfer“. Ein Opfer der Opposition − er nennt nur SPÖ und Neos und nicht die FPÖ −, ein Opfer der Medien. Fehlt nur noch Tal Silberstein in der Aufzählung.

Klarsichtiger das Ausland

Unaufgeregter reagierten naturgemäß die Medien im Ausland. In der „Süddeutsche Zeitung“ war zu lesen, „der Feldzug der ÖVP, ihre Missachtung von Institutionen und ihre Selbstermächtigung im Umgang mit dem Gesetz zeitigt Folgen. Kurz hat seine Partei entkernt, entmachtet, zur Claque degradiert.“

Die konservativ-liberale „Neue Zürcher Zeitung“ schrieb, es handle sich bei der Vorgangsweise des Bundeskanzlers um einen „Politikstil mit Verfallsdatum“, er habe „Mitstreiter um sich geschart, die … einen eher zwielichtigen Eindruck“ machten. Und selbst die durch und durch konservative „Frankfurter Allgemein Zeitung“ findet, dass Kurz speziell in dieser Krise nicht mehr „überzeugt“.

Aus der ÖVP gab es immerhin eine − eine (!) − Stimme, die das Problem auf den Punkt gebracht hat. Ex-Parteiobmann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner meinte: Es fehle Kurz „an Respekt gegenüber demokratischen und rechtlichen Institutionen“. Er empfiehlt ihm, das Amt ruhen zu lassen.

Mitterlehner meint es gut mit der ÖVP und mit Österreich, denn der von Kurz eingeschlagene Weg gleicht dem seines ungarischen Freundes. Und „Orbánistan“ sollte eigentlich eine Warnung für alle Demokratinnen und Demokraten sein.

15. Mai 2021

Wie lange noch, Sebastian?

2021-05-15T08:38:49+02:0015.05.21, 8:37 |Kategorien: Allgemein, Nationalrat|Tags: , , |

Lang, lang ist’s her, dass die internationale Presse Sebastian Kurz als Sunnyboy aus Österreich hochleben ließ. Inzwischen bröckelt der Verputz.

Auf Einladung des „Standard“ habe ich einen „Kommentar der Anderen“ verfasst. Hier zum Nachlesen:  „Wie lange ist Kurz noch zu halten?“ 

Thema sind natürlich die Ermittlungen gegen den Bundeskanzler und die Frage, wie lange die Grünen diesem Treiben der ÖVP und ihres vermeintlichen Wunderwuzzis an der Parteispitze noch zusehen können. 

Die Entwicklungen in Österreich haben europaweit für Aufsehen gesorgt. Die konservativ-liberale „Neue Zürcher Zeitung“ spricht in Bezug auf die Vorgangsweise von Kurz von einem „Politikstil mit Verfallsdatum“, in den wenigen noch unabhängigen ungarischen Medien schaut man neidisch auf Österreich. „So geht Rechtsstaat“, titelt etwa „Aonnali“. Im gegensatz dazu sieht die „Süddeutsche Zeitung“  die Entwicklung in Österreich und der einst staatstragenden ÖVP sehr kritisch: „Aber der Feldzug der ÖVP, ihre Missachtung von Institutionen und ihre Selbstermächtigung im Umgang mit dem Gesetz zeitigt Folgen. Kurz hat seine Partei entkernt, entmachtet, zur Claque degradiert.“ 

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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