4. September 2023

Erbschaftssteuer einführen!

2023-09-04T08:28:23+02:0004.09.23, 8:27 |Kategorien: Arbeit und Wirtschaft|Tags: , , |

Vermögens- und Erbschaftssteuern sind in Österreich überfällig, um unser Steuersystem wieder halbwegs ausgeglichen zu gestalten. Denn derzeit trägt vor allem das oberste Prozent viel zu wenig zum Steueraufkommen bei. Unter dem Titel „Besteuert mich!“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Marlene Engelhorn ist eine bemerkenswerte junge Frau. Sie erbt Millionen und hält es für ungerecht, dafür keine Steuer zu bezahlen: „Ich habe für mein Erbe keinen Tag gearbeitet und zahle keinen Cent dafür. Besteuert mich endlich.“

Die 30-Jährige engagiert sich für eine gerechte Gesellschaft und mehr Verteilungsgerechtigkeit. Sie fordert, dass die Reichsten endlich Vermögens- und Erbschaftssteuern zahlen. Zuletzt sorgten steuerfreie Erbschaften in Milliardenhöhe von Heidi Goëss-Horten und Dietrich Mateschitz für Aufsehen.

Verfassungswidrige Steuer?

Nur wenige fragen sich, warum es ausgerechnet in Österreich keine Erbschaftssteuer gibt. In der übrigen westlichen Welt sind sie eine Selbstverständlichkeit. Die Erklärung ist ganz einfach: 2008 wurde die damalige Steuer nach einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) abgeschafft – nebenbei bemerkt unter einem SPÖ-Kanzler.

Dabei hatte sich der VfGH keineswegs prinzipiell gegen Erbschaftssteuern ausgesprochen, sondern verwies nur darauf, dass die damalige Ausformung nach etlichen Reformen nicht mehr der Verfassung entspreche. Die ÖVP versprach, über eine verfassungskonforme Neugestaltung zu sprechen. Seither wartet die Öffentlichkeit darauf. Seit eineinhalb Jahrzehnten.

SPÖ-Vorstoß

Nun hat letzte Woche in Sachen Erbschaftssteuer die SPÖ einen überfälligen Vorstoß gewagt. Er sieht sogar Verbesserungen für „kleine“ Erbschaften unter einer Million Euro vor, denn von den Erben zu bezahlende allfällige Grunderwerbssteuern sollen entfallen. Bei höheren Erbschaften will Babler eine Steuer in Höhe von mindestens 25 Prozent – übrigens weniger als in Deutschland. Laut SPÖ wären bei Umsetzung ihres Vorschlags ganze zwei Prozent (!) der Erbschaften betroffen.

Wer zwei Kinder hat, kann somit ein Einfamilienhaus im Wert von einer Million, zusätzlich eine weitere Million in Form von Immobilien oder anderen Werten steuerfrei vererben. Die Erben würden sogar weniger bezahlen als bisher.

Diskussion nicht in Sicht

Die Reaktion auf den SPÖ-Vorstoß war allerdings ebenso erwartbar wie unerfreulich. Statt darüber sachlich zu diskutieren, kam von ÖVP und FPÖ ein klares „Njet“. Die Diskussion ist daher wohl so schnell beendet, wie sie begonnen hat – zum Leidwesen eines gerechten und ausgewogenen Steuersystems. Nur Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger hat am Samstag im ORF verhalten Diskussionsbereitschaft signalisiert.

Das Thema Erbschaftssteuer ist extrem emotional besetzt, und Argumente haben traditionell wenig Chancen, wenn sie auf Gefühle treffen. Das trifft speziell auf jene Menschen zu, die zwar wenig zu vererben haben, aber große Angst, dieses Wenige könnte verloren gehen. Die wirklich Reichen und Superreichen können sich also wohl auch diesmal wieder zufrieden zurücklehnen. Ihre Millionen werden auch in Zukunft nicht angetastet werden.

Marlene Engelhorn hat übrigens angekündigt, 90 Prozent ihres Erbes zu spenden.

1. Oktober 2022

Wir haben ein Gerechtigkeitsproblem!

2022-10-03T09:25:55+02:0001.10.22, 12:22 |Kategorien: Gesellschaft|Tags: , , |

Alle Statistiken belegen es: Seit Jahren werden bei uns die Armen ärmer und die Reichen reicher. Starke Impulse und vor allem Initiativen hin zu einer solidarischen Gesellschaft fehlen derzeit aber weitgehend. Da sind Politik und Zivilgesellschaft gleichermaßen gefordert. Unter dem Titel „Arm und Reich“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Vor über 150 Jahren hat Franz Michael Felder das Buch „Arm und Reich“ geschrieben. Der Roman hat damals vielen insbesondere im Bregenzerwald Mut gemacht: Die Welt kann gerechter gemacht werden, wenn Menschen zusammenhalten und solidarisch handeln. Die Gesetze des Kapitalismus sind nicht in Stein gemeißelt und können neu geschrieben werden.

Der Roman ist aktueller, als man vermuten könnte. Wie damals öffnet sich auch heute die Schere zwischen Arm und Reich immer stärker. Unsere Gesellschaft driftet auseinander. Und wo sind die Impulse für eine solidarische Gesellschaft?

„Von Angst durchfressen“

Derzeit greift Angst um sich. Angst vor den Auswirkungen des massiven Klimawandels, Angst vor der Ausweitung des Angriffskrieges in der Ukraine und der Drohung mit der Atomwaffe, Angst vor einem „kalten Winter“ und angesichts der vielen Unsicherheiten die Angst vor Armut. Die Inflation hat Ausmaße erreicht, die in den letzten Jahrzehnten nicht mehr vorstellbar waren.

Die Wahlen zuletzt in Schweden und Italien haben gezeigt, wie vor allem extrem rechte Parteien in so einer Situation Erfolg haben können. Die Weltwirtschaftskrise 1929 und die folgenden politischen Verwerfungen in Deutschland und vielen anderen Ländern lassen grüßen. In einem soeben erschienenen bemerkenswerten Buch erklären die Ökonomen Markus Marterbauer und Martin Schürz, wie derzeit mit dieser von Neoliberalen und Populisten geschürten Angst Politik gemacht wird.

Lösung in Sicht?

Die beiden Ökonomen plädieren für den Aus- statt Abbau des Sozialstaats. Ist das finanzierbar? Ja, sagen sie: Wenn der Staat Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und Sozialhilfe so erhöhen würde, dass die betroffenen Menschen nicht mehr armutsgefährdet sind, kostet das gerade einmal zusätzliche zwei Prozentpunkte der jetzigen (!) Sozialausgaben.

Und wer soll das bezahlen? Laut Marterbauer gibt es in Österreich 49 Milliardärsfamilien mit einem Vermögen von insgesamt 170 Milliarden. Davon geht prozentuell im Vergleich zur Steuerleistung einer durchschnittlich verdienenden Arbeitskraft kaum etwas an den Staat. Wenn man aber allein das Vermögen der Milliardäre mit einem einzigen Prozentpunkt besteuern würde, könnten beispielsweise die Mittel für die Sozialhilfe verdoppelt werden. Keine Angst mehr vor materieller Not, Demütigung und Abwertung für etwa 200.000 Menschen!

Die parlamentarischen Untersuchungsausschüsse der letzten Jahre haben allesamt gezeigt, wie die Superreichen in Österreich mit ihren Parteispenden für eine ihnen gemäße Wirtschafts- und Steuerpolitik gesorgt haben. Es ist Zeit für die Solidarisierung der großen Mehrheit, damit der demokratiegefährdende Einfluss der Superreichen beschränkt wird und für diese Gruppe endlich Vermögens- und Erbschaftssteuern eingeführt werden. Ein neuer Franz Michael Felder wäre dabei hilfreich.

18. September 2022

Reiche zahlen zu wenig!

2022-09-19T08:59:02+02:0018.09.22, 10:38 |Kategorien: Gesellschaft|Tags: , |

Reiche Eltern für alle – das geht sich leider nicht aus. Mehr Gerechtigkeit aber schon: Große Erbschaften und Vermögen müssen in Österreich endlich ordentlich besteuert werden, wenn wir den sozialen Frieden in unserem Land absichern wollen. Dazu habe ich unter dem Titel „Sozialstaat sichern!“ in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Eine gerade publik gewordene Studie im Auftrag der „Bertelsmann-Stiftung“ zeigt, dass in Deutschland eine breite Mehrheit für eine höhere Besteuerung von Reichen und Superreichen ist. Beteiligt war auch das wirtschaftsnahe Münchner Wirtschaftsforschungsinstitut, das – wie die Süddeutschen Zeitung süffisant feststellt – „nicht im Verdacht linker Umtriebe steht“.

In Österreich ist die Situation ähnlich. Die Diskussionen über die diversen Krisen von Corona bis zum immer offensichtlicher werdenden Klima-Desaster verdecken allerdings derzeit den Blick auf die Frage, wer künftig die steigenden staatlichen Ausgaben zur Bewältigung all dieser Krisen bei gleichzeitiger Sicherung des Sozialstaats bezahlen soll und kann. Eines ist klar: Der Anteil der Reichen und Superreichen am Steueraufkommen muss steigen.

Reich und Arm

Kaum beachtet wurde leider ein Nationalbank-Bericht über die Vermögensungleichheit. Die Studie hat es in sich. Sie zeigt, wie sich in der Pandemie die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößert hat. Die Kernbotschaft: Das reichste Prozent – und somit Menschen, die auf über zwei Millionen Euro zurückgreifen können – besitzt bis zu 50 Prozent des Gesamtvermögens, die reichsten zehn Prozent gar bis zu 75 Prozent.

Wie wird man so reich? Arbeiten allein wird nicht ausreichen. Die Autoren der Studie haben daher geschaut, wie die Menschen zu ihrem Reichtum gekommen sind. Und das Ergebnis ist eindeutig: hauptsächlich durch Erbschaften.

Wir stehen vor riesigen Herausforderungen – weit über die Auswirkungen der Corona-Pandemie hinaus. Eine Pflegereform mit finanzieller Besserstellung des Personals steht ebenso an wie eine Bildungsreform und der ökologische Umbau der Infrastruktur. Zudem steht der Sozialstaat vor großen Herausforderungen.

Gerechteres Steuersystem

Auf unser Pensionssystem können wir ebenso stolz sein wie auf die Krankenversorgung in unserem Land – trotz aller neoliberalen Polemik dagegen. Aber auch ein funktionierendes öffentliches Bildungssystem, bezahlbare und gut ausgebaute Verkehrsmittel sind unabdingbar. Das alles bringt Sicherheit vor allem für Menschen am unteren Ende der Einkommensskala.

Ein intakter Sozialstaat ist auch im Interesse der Wohlhabenden. Auch sie verlieren an Lebensqualität, wenn der gesellschaftliche Zusammenhalt verloren geht und sich Zustände breit machen wie in vielen anderen Regionen der Welt: „Gated Communities“ beispielsweise, also durch Zäune abgesicherte und von Sicherheitspersonal bewachte eigene Wohnviertel für die Reichen. In den USA leben inzwischen 3,2 Prozent der Bevölkerung in solchen Siedlungen.

Wer sich heute gegen eine gerechte Besteuerung von Vermögen und Erbschaften sträubt und eine entsprechende Steuerreform verhindert, riskiert soziale Unruhen und heftige Verteilungskämpfe. Das kann kein vernünftiger Mensch wollen.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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