1. April 2015

Vorwissenschaftliche Arbeit: Das Ministerium lenkt ein

2015-04-01T13:14:25+02:0001.04.15, 13:08 |Kategorien: Bildung|Tags: , , |

ZentralmaturaEs passiert ja nicht jeden Tag, dass Ministerien etwaige Fehler eingestehen und daraus auch noch die richtigen Konsequenzen ziehen. Aber, gute Nachricht, im Fall der Vorwissenschaftlichen Arbeit (VWA) und den widersprüchlichen Angaben auf der ministeriumseigenen Website zum Mindestumfang der Arbeit ist es passiert.

Ich habe im Jänner nach einem Hilferuf eines Schülers eine Parlamentarische Anfrage gestellt, um Ministerin Heinisch-Hosek auf die Missstände aufmerksam zu machen und um eine Lösung im Sinne der SchülerInnen anzuregen. Jetzt kam die Antwort der Ministerin: Wie die Arbeit nun konkret auf den erforderlichen Umfang hin bewertet wird, bleibt den LehrerInnen überlassen: „Auch Unter- und Überschreitungen bilden kein ‚K.O. – Kriterium’. Die Verantwortung für die Beurteilung der Arbeit (inkl. Präsentation und Diskussion) liegt bei der betreuenden Lehrkraft.“

Dass auf der Informationsseite des Ministeriums unzureichende bzw. widersprüchliche Vorgaben gemacht wurden, bedauert das Ministerium: „Die auf der Seite publizierten bzw. publiziert gewesenen inkongruenten Informationen zu Fußnoten werden ausdrücklich bedauert.“ Und: „Das bedeutet, dass für den kommenden Maturatermin unter Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensverhältnisses die für die Schülerin bzw. den Schüler günstigere Lösung zu wählen sein wird.“ Gut so!

Für die kommenden Jahre empfehle ich den Verantwortlichen im Bildungsministerium allerdings dringend folgende Revisionen:

  • eine deutliche Vereinfachung der formalen Vorgaben und damit auch eine Angleichung an die gängige universitäre Praxis (welche/r Universitätslehrende käme auf die Idee, die Anzahl der Fußnotenzeichen zu erheben und dann auch noch zu differenzieren, welche in den Umfang der Arbeit eingerechnet werden und welche nicht?)
  • eine Verringerung des Umfangs: An den Universitäten werden für Seminararbeiten in der Regel (zumindest in den geisteswissenschaftlichen Fächern) um die 20 Seiten verlangt (was in etwa 50.000 Zeichen entspricht). Die Schule hat die Aufgabe, SchülerInnen an die Anforderungen der Hochschulen heranzuführen, aber nicht, Arbeiten zu verlangen, die in den formalen Vorgaben über universitäre Anforderungen teilweise sogar hinausgehen.
  • Veränderung des Abgabedatums: Die Fertigstellung der Arbeiten muss nach den Semesterferien erfolgen, also in einer Zeit, wo die SchülerInnen mit dem Abschluss der 8. Klasse und mit der Vorbereitung auf die Matura voll gefordert sind. Es wäre daher zu überlegen, mit der Ausgabe der Themen und dem Abgabedatum um einige Monate nach vor zu rücken, um von den SchülerInnen Druck wegzunehmen.

Es wird nun umgehend zu evaluieren sein, wie die Resultate der Vorwissenschaftlichen Arbeit ausgefallen sind: Wie viele SchülerInnen haben die Fertigstellung der Arbeit zeitgerecht geschafft, wie viele sind gescheitert, worin lagen etwaige Probleme und welche Schlüsse sind daraus zu ziehen? Hier gilt: Auf Lehrende aus der Praxis und auf SchülerInnen hören und deren Rückmeldungen ernst nehmen. Bitte, danke!

Für die „Grüne Schule“ gilt: „Kein Kind zurücklassen!“

18. Februar 2015

Hyperkompliziert: Beurteilungsraster bei der Zentralmatura

2015-05-01T07:36:44+02:0018.02.15, 12:00 |Kategorien: Bildung|Tags: , |

ZentralmaturaDie Spannung wächst und die mediale Berichterstattung (Zentralmatura: Nervös, aber nicht panisch) nimmt zu.
Selten habe ich so viele Informationen und Protestmails bekommen wie in den letzten Tagen: Das Thema Zentralmatura regt auf!
Heute habe ich ein Mail eines Mathematik-Lehrers mit Kritik am Beurteilungsraster mit 36 (!) Deskriptoren für die Vorwissenschaftliche Abeit (VWA) erhalten.
Zum Grundprinzip, das für die Beurteilung der VWA und für die Arbeiten der Zentralmatura gilt:
Es gibt fünf Oberkategorien, die dem bisherigen Notensystem entsprechen, aber verbalisiert beschrieben werden. Dazu gibt es die Unterkategorien mit wieder fünf sogenannten Deskriptoren.
In der Unterkategorie „Selbstkompetenz“ bei der VWA heißt es: „Der Kandidat/die Kandidatin nimmt angebotene Hilfestellungen und Korrekturvorschläge des Betreuers/der Betreuerin an.“ Das kann man jetzt in der Oberkategorie mit „zur Gänze“ (entspricht „Befriedigend“) bewerten, aber wie kann man das „über das geforderte Maß hinaus“ und somit „Gut“ oder gar „weit über das geforderte Maß hinaus“ und somit „Sehr gut“ bewerten? Der Mathematiklehrer fragt und ich mich als Germanist mit ihm: „Gibt es Geheimnisse, die bisher verschwiegen, jedenfalls nicht gelehrt wurden?“
Ähnliches gilt für die Zentralmatura: LehrerInnen müssen bei der Deutsch-Matura in der Oberkategorie „über das Wesentliche hinausgehend erfüllt“ beurteilen, ob – so die Unterkategorie – ein „Inputtext vollständig erfasst“ ist. Dann gibt es die Note „Gut“. Ein „Sehr gut“ gibt es für die wortidente Unterkategorie („Inputtext vollständig erfasst“), wenn das erforderliche Häkchen bei der Oberkategorie „über das Wesentliche weit hinausgehend erfüllt“ gemacht wird.
Eine weitere Herausforderung: Wenn in der Kategorie „hinausgehend erfüllt“ „alle Aufträge vollständig erfasst sind“ gibt’s ein „Gut“. Da aber vollständiger als vollständig nicht geht, ist den Ministerialbeamten die Phantasie ausgegangen und sie haben nochmals für die Oberkategorie „weit hinausgehend erfüllt“ den Deskriptor „vollständig erfasst“ verwendet. Oder: Wo der Unterschied zwischen „überwiegend sachlich richtig“ und „weitgehend sachlich“ richtig ist, ist wohl auch GermanistInnen etwas rätselhaft.
Und, liebe LeserInnen, sollten Sie nun etwas verwirrt sein, so kann ich Ihnen garantieren: Es liegt nicht an Ihnen!

28. Januar 2015

Nächste Runde Chaos bei Zentralmatura. Diesmal im Angebot: die Vorwissenschaftliche Arbeit

2015-05-01T07:48:26+02:0028.01.15, 12:00 |Kategorien: Bildung|Tags: , |

ZentralmaturaGestern erreichte mich ein Hilferuf eines Gymnasiasten einer 8. Klasse, der kurz vor Abgabe seiner Vorwissenschaftlichen Arbeit (VWA) steht:
„Ich bin Schüler eines Gymnasiums in der 8. Klasse. Wie Ihre Bildungsbeauftragten vielleicht schon wissen, ist die VWA in 2 Wochen abzugeben. Natürlich ist nun schon fast alles fertig und soweit bekannt nach den Normen und Richtlinien formatiert und verändert. (…) Nun wurde uns durch Zufall mitgeteilt, dass die Zeichen nun ohne Fußnoten zu zählen sind, somit fehlen mir in meiner Arbeit rund 8000 Zeichen, sprich eine fast unmöglich zu verfassende Menge an Informationen, wenn man bedenkt, dass durch gute Planung das Themengebiet bereits ausgeschöpft ist. Soll ich nun durch das Versagen der Regierung mir dies gefallen lassen? Nachtschichten einlegen, um in letzter Minute alles zu ändern? Mit Sicherheit nicht! Ich werde bei einer Ablehnung meiner Arbeit mit rechtlichen Schritten vorgehen. (…) Helfen Sie uns es ist nicht mehr viel Zeit!“
Eine kurze Recherche brachte Klarheit in das Chaos: Tatsächlich ist bereits auf der Startseite der Informationswebsite des Bildungsministeriums zu erfahren, dass „Erklärungen, Ergänzungen in den Fußnoten (…) Teil des Textes und daher mitzuzählen [sind]. Quellenangaben in den Fußnoten sind wie das Literaturverzeichnis zu behandeln, also nicht mitzuzählen.“
Dieser Information wurde offensichtlich eine gewisse Dringlichkeit zugeordnet, denn sonst würde sie nicht bereits auf der Startseite zu finden sein. Aber – so bin ich bereits geneigt zu behaupten – bald keine Information rund um die Zentralmatura ohne ihr Gegenteil: Auf derselben Website findet sich eine Materialsammlung, die diverse Punkte der Vorgaben zur VWA detailliert und praxisorientiert klären soll. Und hier ist in einer Datei aus dem Jahr 2011 folgende Angabe zum Umfang der VWA zu lesen: „Zweck dieser Arbeit ist es den Umfang einer Fachbereichsarbeit zu veranschaulichen, die mit 40.000 Zeichen (Summe aus Abstract und Textteil inklusive Fußnoten, Bildtexten und Leerzeichen) den Anforderungen des Mindestumfangs entspricht.“ Aha! Diesmal werden also die Fußnoten als Teil der VWA (oder Fachbereichsarbeit?) mitgezählt. (Das Abstract, dies nur angemerkt, wird in die VWA auch nicht eingerechnet; jedoch sind die Richtlinien dafür schon länger klar.)
Ich frage mich nun gleichermaßen wie der hilfesuchende Schüler (und sicher mit ihm noch viele andere), was denn gültig ist? Die Vorgangsweise des Bildungsministeriums aber scheint klar zu sein. In der ministeriellen Verordnung zur VWA ist bezüglich Fußnoten nichts präzisiert, nur, dass Verzeichnisse nicht in den Umfang der Arbeit eingerechnet werden. Das könnte der Phantasie freien Spielraum lassen, wenn jemand bei einem „Verzeichnis“ auch an Fußnoten denkt. Das Bildungsministerium sah sich vermutlich genötigt, hier (kürzlich?) nachzuschärfen und entwickelte eine besonders ausgeklügelte Verfahrensweise: Einige Fußnoten werden in die Arbeit inkludiert, andere eben nicht. Wie LehrerInnen nun die Fußnoten auseinanderdividieren, um die Zeichen der Teile, die dazugehören in praktikabler Weise zu zählen – auf diese Gebrauchsanweisung warten wir noch.
Allerdings ist im ganzen Chaos eines sonnenklar: Von SchülerInnen zu verlangen, kurz vor Abgabeschluss eine unter Umständen nicht unbeträchtliche Erweiterung der VWA vorzunehmen, weil das Ministerium nicht imstande war, hier rechtzeitig klare Vorgaben zu machen, ist inakzeptabel. Ich habe daher an Ministerin Heinisch-Hosek eine Parlamentarische Anfrage gestellt, um die indiskutable Vorgangsweise transparent zu machen.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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