Der Politikwissenschaftler Stephan Grigat von der Universität Wien hat heute im „Standard“ ein interessantes Interview gegeben: „Trennung von Staat und Kirche noch nicht vollendet!“ Er weist darauf hin, wie unterschiedlich in den verschiedenen Kulturen auf Kritik an Religion oder an Religionsgründern reagiert wird: „Ich bin dafür, dass Ayaan Hirsi Ali (Anm.: niederländische Politikerin) Mohammed einen „perversen Tyrannen“ nennen darf. Ich bin dafür, dass amerikanische Hip-Hopper „Jesus is a bastard“ rappen dürfen. Ich bin dafür, dass jüdische Bands „Der Messias wird nicht kommen“ singen dürfen. Zu erklären wäre aber, warum die beiden Letztgenannten mit Kritik und Empörung leben müssen, Ayaan Hirsi Ali aber mit Mordaufrufen und -drohungen konfrontiert ist.“

Stephan Grigat hat vollkommen recht: Was sollen liberale Muslime in unserer Gesellschaft machen, wenn sogar kritische Geister bei uns davor zurückschrecken, antidemokratische und fundamentalistische Entwicklungen in einer – zumindest ansatzweise bereits vorhandenen – islamischen Parallelgesellschaft zu kritisieren? Islamkritik ist notwendig: Wir dürfen sie nicht den FPÖ-Winters und Pius-Brüdern überlassen. Die Blauen und die Braunen hetzen gegen Muslime, finden an Holocaust-Leugnern wie dem iranischen Ministerpräsidenten Mahmoud Ahmadinejad aber Gefallen. Wir hingegen wollen mit den demokratischen MuslimInnen gemeinsam für Integration und Demokratie eintreten! Wir wollen die Gesellschaft nicht spalten, sondern zusammenführen!

In Europa ist das nach jahrhundertelangen Auseinandersetzungen mit der Kirche zumindest größtenteils gelungen. Und hat die Kirche trotz aller Rückschläge demokratisiert (aber noch lange nicht demokratisch gemacht): In Oberösterreich gibt es bspw. einen wahren Priesteraufstand gegen die Bestellung von Gerhard Maria Wagner zum neuen Linzer Weihbischof. 31 der 35 anwesenden Dechanten haben sich klar und eindeutig gegen die Entscheidung des Papstes ausgesprochen.

Immerhin relativ deutlich in seiner Ablehnung auch der Kardinal Christoph Schönborn. Er räumte ein, dass auch Menschen in der Kirche „Fehler“ machen würden – und das schließe den Papst mit ein. Wow! Salzburgs Erzbischof Alois Kothgasser ging noch weiter und warnte seine Kirche vor dem Abgleiten in Richtung Sekte. Von wegen „Roma locuta, causa finita!“ Gut, dass wir auf diese – erfreulichen – Haltungen nicht angwiesen sind: Zwar wirken Vorgänge in der katholischen Kirche in Österreich noch immer auf die Gesellschaft zurück, die zumindest größtenteils durchgeführte Trennung von und Kirche garantiert aber, dass in unseren Schulen auch nach problematischen Personalentscheidungen nicht gleich die Kreationisten im Biologieunterriht aufmarschieren.