Alexander van der Bellen ist kein junger Wilder und kein blinder Aktionist. Soeben hat er im österreichischen Nationalrat einen politisch sensiblen Auftritt mit bravour erledigt: In einer Anfrage zur Geschäftsordnung hat er den 3. Nationalratspräsidenten Martin Graf bei dessen Vorsitzübernahme zu einer klaren Distanzierung von seinen Mitarbeitern aufgefordert – und er hat ein T-Shirt mit dem Reichsadler und der in Neonazi-Kreisen beliebten Aufschrift „88“ gezeigt. Die Ziffer „8“ steht für den achten Buchstaben, „88“ steht somit für „HH“ und bedeutet das strafrechtlich in dieser (!!) Form nicht verfolgbare „Heil Hitler“. Van der Bellen: „Ich fordere Sie auf: Befreien Sie uns von diesem Nazidreck. Wenn Sie dazu nicht Willens sind, treten Sie von Ihrem Amt zurück.“

Mitarbeiter, die solchen Nazi-Dreck (übrigens Originalton Martin Graf) bestellen, dürfen in einem Parlament keinen Platz haben. Menschen, die wissentlich solche Mitarbeiter beschäftigen (beide waren schon vor ihrer Anstellung einschlägig bekannt und bekanntermaßen im rechtsextremen Umfeld aktiv), dürfen nicht in Ehrenämter und repräsentative Funktionen gewählt werden.

Interessant und erfreulich war das Verhalten von ÖVP und SPÖ: Beide gingen auf deutliche Distanz zu Graf, forderten ebenfalls mehr als nur eine formalrechtliche (nämlich eine politische) Stellungnahme ein und zeigten sich mit den in den letzten Tagen und heute abgegebenen ausweichenden Erklärungen des (von ihnen gegen unseren erbitterten Widerstand) gewählten 3. Nationalratspräsidenten nicht zufrieden.

Van der Bellen hat mit seiner ganzen Autorität eine wichtige Diskussion ausgelöst und die Fronten im Parlament deutlich gemacht: Rechtsaußen (FPÖ) und die demokratischen Parteien (was das windelweiche BZÖ will, ist nach der Erklärung ihres Klubobmanns Pucher unklar). Danke Sascha!