BPW_ErgebnisZuerst mal eine Bitte: Grafik anschauen und genießen. Eventuell auch ein bisschen feiern. Das muss jetzt sein. Dann geht´s aber eh schon an die Analyse.

Und weil es gestern „Im Zentrum“ wieder auf eigenartige Weise diskutiert wurde: Nicht 50 Prozent der Hofer-WählerInnen sind rechtsextrem oder gar neonazistisch, sondern die freiheitliche Parteielite ist ersteres und toleriert zweiteres. Sie betreibt eine Radikalisierung der Gesellschaft bis in die bürgerliche Mitte hinein. Wir haben ein Problem mit dem Rechtsextremismus. Das muss benannt werden, daran führt kein Weg vorbei. Der Vorfallvom letzten Wochenende in Vorarlberg, bei dem ein amtsbekannter Neonazi mit einer Waffe in die Menge schoss, ist dafür wohl das furchtbarste Zeugnis.

In Oberösterreich hat, das ist bemerkenswert, eine Mehrheit schon wenige Monate nach den Landtagswahlen der ÖVP-FPÖ-Koalition die kalte Schulter gezeigt – am spannendsten dabei der Sieg von Van der Bellen in Wels, wo die FPÖ seit September 2015 immerhin den Bürgermeister stellt.

Natürlich, aber das ist nicht neu, gab’s sehr viele Stimmen gegen das Establishment – und damit bin ich bei den Grünen und dem von uns unterstützten Kandidaten Van der Bellen: Wir werden als Teil dieses Establishments wahrgenommen. Meine Partei wird sich damit zu beschäftigen haben, will sie den Protest nicht weiter den Rechten und Rechtsextremen überlassen. Ob als Ort der beiden Wahlfeiern jeweils ein Palais das taugliche Zeichen nach außen ist, wage ich zu bezweifeln. Tatsache ist, dass Van der Bellen von vielen Nicht-Grünen gewählt worden ist.

Die Aufholjagd besonders in den letzten zwei Wochen war großartig. Noch besser war das breite zivilgesellschaftliche Engagement für ihn. Die vielen Initiativen quer durchs Land sind ein Grund zur Zuversicht, sie zu gewinnen, wird wichtig sein, um zum glaubwürdigen und zukunftsorientierten Gegenpol der FPÖ zu werden. Denn schenken wir den Umfragen zu den Wahlmotiven Glauben, war der Wille, Norbert Hofer als Bundespräsident zu verhindern, sehr entscheidend. Darin treffen sich (fast) alle, die den Rechtsruck in unserem Land nicht mittragen und dem etwas entgegensetzen wollen. Auch hier müssen wir Grüne weiter ein deutliches Angebot machen – noch klarer als bisher.

In all den gestern gehörten Statements fiel mir eines besonders auf, nämlich jenes des von Jörg Haider gestürzten Ex-FPÖ-Chefs Norbert Steger. Er meinte hinsichtlich der vielen Hofer-Stimmen im Burgenland lächelnd, in Weinbaugebieten sei niemand extrem. Damit ist die österreichische Misere in einem kurzen Satz bloßgestellt. Gerade in den Weinbaugebieten konnte der Nationalsozialismus besonders stark Fuß fassen, weil Hitler die 1938 hoch verschuldeten Weinbauern entschuldet hatte und der Wein-Preis durch den Ankauf hoher Mengen für die Wehrmacht in die Höhe getrieben wurde. Daraus bildeten sich Kontinuitäten bis heute. Bei Steger manifestiert sich einmal mehr unser „schlampiger“ oder nachlässiger Umgang mit dem Nationalsozialismus und heute mit dem Rechtsextremismus, indem wir uns weinselig darüber hinweg schwindeln: Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist. Das Wort „blau“ gewinnt in diesem Zusammenhang durchaus eine doppelte Bedeutung.