Europa_Oesterreich_FahneDie Erschütterung ist nachhaltig spürbar und wird andauern. Was die Briten gestern gemacht haben, hat historische Dimensionen.

Die Ursachenforschung muss aber gründlich betrieben werden. Ja, die Migrationsbewegung hat den EU-KritikerInnen geholfen – nein, sie ist nicht die Ursache für das Ergebnis. EU-Kritik hat es im Königreich ebenso wie im übrigen Europa lange davor gegeben. Ja, das Organisationsmodell der EU ist alles andere als optimal und trägt zum Frust bei vielen Menschen bei – nein, die Skepsis bei vielen „einfachen“ Leuten geht viel tiefer.

Und dieses Misstrauen ist verständlich, zurückzuführen aber auf die Untätigkeit der politischen Eliten auf die immerstärker aufgehende Schere zwischen Reichen und Armen, auf steigende Arbeitslosenzahlen. Der globalisierte Kapitalismus hat in Raubtiermentalität die soziale Ordnung erschüttert und Begriffe wie „Solidarität“ in Misskredit gebracht. Wer die EU retten will, muss Antworten auf die sozialen Probleme finden.

Lesenswert in diesem Zusammenhang ist der Kommentar von Jakob Augstein im „Spiegel“: „Kampf gegen Rechtspopulisten: Last Exit

Er geht noch einen Schritt weiter und sieht gleich das ganze demokratische System auf der Kippe: „Wer die liberale Demokratie retten will, muss die Rechten stoppen. Wer die Rechten stoppen will, muss das System ändern, das sie erzeugt. Es gibt jetzt einen unlösbaren Zusammenhang: Europa muss sowohl stärker als auch sozialer werden.“

Wer die EU so braucht, wie sie jetzt ist, das sind Spekulanten, Großbanken und Konzerne. Diejenigen, die jetzt scharenweise dem rechtspopulistischen und -extremen Lager zulaufen, sehen davon keinen Profit. Dennoch benötigen auch sie die EU, denn zu glauben, dass auch nur irgendein relevantes Problem national gelöst werden könnte, ist ein fataler Irrtum.