Diese Frage stellt sich mir nach einem Mail aus Frankreich, in dem ein denkender Zeitgenosse sein Unverständnis darüber äußert, was in Österreich möglich ist. Der Auslöser ist ein Plakat der FPÖ: „Abendland in Christenhand – Tag der Abrechnung“.

Der Freund aus Frankreich meint: „Ich glaube, so ein Plakat wäre in Frankreich unvorstellbar. Nicht nur, weil es als (wahrscheinlich gesetzwidrige) Religionshetze gegenüber den Moslems gelten würde, sondern auch deshalb, weil die Gesellschaft sich nicht in erster Linie als christlich definiert – weil die laizistische, aber auch die jüdische Komponente ein fester Bestandteil ist.“ Bei uns in Österreich ist das nicht so. Und der Protest gegen das unsägliche FPÖ-Plakat hält sich leider auch in Grenzen.

Einziger kleiner Lichtblick in dieser Sache sind die Kirchen. Sie haben sich gestern entschieden gegen die Vereinnahmung des christlichen Glaubens auf Wahlplakaten verwahrt. Der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich hat das FPÖ-Plakat als „Antibotschaft zum Christentum“ bezeichnet: „Die Gefühle, die hier geweckt werden sollen, haben mit dem Christentum nichts zu tun.“ Ihr Sprecher, der lutherische Theologe Herwig Sturm, meinte: „Ich hoffe nur, dass unser Widerspruch so gehört wird, dass andere Menschen auch mitdenken und sagen, auf diesem Niveau wollen wir nicht Europäer, nicht Österreicher und schon gar nicht Christen sein.“