DenkerEs ist verrückt und ein pädagogischer Schildbürgerstreich, dass man im Frühjahr 2016 das Aus für die Ziffernnote in den ersten drei Klassen der Volksschule verkündet und diese jetzt im Herbst durch die Hintertür verpflichtend wieder einführt.

Man kann nur den Kopf schütteln über eine Verordnung des Bildungsministeriums zur Leistungsbeurteilung: Sie sieht vor, dass die bisherigen fünf Ziffernnoten durch vorgefertigte Formulierungen ersetzt werden, was nun selbst jene Schulen an die Kandare nimmt, die bislang an einem der 2.000 Schulversuche für alternative Leistungsbeurteilungen beteiligt waren. An vielen Volksschul-Standorten herrscht Empörung, andere sind sich angesichts der Bürokraten-Sprache noch gar nicht bewusst, was da auf sie zukommt.

Viele Lehrkräfte an den Volksschulen haben ausreichend Erfahrung mit alternativen Leistungsbeurteilungen. Ich verweise auf die vielen Varianten von verbalen Beurteilungen und Eltern-Kind-Gesprächen über Pensenbüchern bis hin zu anderen Formen der Lernfortschrittsdokumentation. Das ist erprobt und hat an den Standorten zur Zufriedenheit von Lehrkräften und Eltern funktioniert. Die verpflichtende Einführung von Beurteilungsstufen, wie in der Verordnung vorgesehen, steht dieser sinnvollen Entwicklung entgegen.

Ich verweise auch darauf, dass zahlreiche Studien einen nur sehr geringen Zusammenhang zwischen den objektiv erfassten Lernleistungen der Kinder und ihren Noten belegen („Schulnoten sind ungerecht!“): Das ist aus großflächigen Untersuchungen in Österreich belegt. Was in der einen Klasse noch zu einem „Sehr gut“ reicht, kann in einer anderen zu einem „Genügend“ führen. Viele Lehrkräfte haben daher mit Erfolg Gegenvorschläge zur Ziffernnote umgesetzt.

Ich habe die Ministerin daher aufgefordert, diese unsinnige und kontraproduktive Verordnung zurückzunehmen. Sie entspricht nicht den im Frühjahr gemachten Versprechungen und macht viele Fortschritte an Schulen in den letzten Jahrzehnten zunichte. Von Schulautonomie zu sprechen und solche Verordnungen zu erlassen, demotiviert alle am Schulgeschehen beteiligten. Und betroffene Volksschulen haben eine Petition an Ministerin Hammerschmid gestartet, zu deren Unterstützung ich Sie einlade: Petition: Eine alternative Leistungsbeschreibung braucht keine Ziffernnoten!

Update 15.11.: Das Bildungsministerium hat die Verordnung heute zurückgezogen. Bleibt die Frage, wie es zu diesem Schildbürgerstreich überhaupt kommen konnte. Eine Ursachenforschung wäre angebracht.