juracka_gymnasiumSuper: Die ÖVP will die Gesamtschule einführen. Zwar durch die Hintertür, aber immerhin.

Wie ich auf diese Idee komme? Der auch in den eigenen Reihen weitgehend unbekannte Spitzenkandidat der ÖVP-Wien, Manfred Juraczka, will mit einem bildungspolitischen Paukenschlag („ÖVP fordert sechs zusätzliche Gymnasien für Wien“) punkten. Gleich sechs Gymnasien mehr nur in Wien? Da bleibt für Neue Mittelschulen kein Platz mehr. Die Umsetzung seiner Forderung kann nur eines bedeuten: ein Gymnasium für alle! Juraczka ist also in Wirklichkeit die neue bildungspolitische Geheimwaffe der Schwarzen und präsentiert somit unauffällig eine neue „bürgerliche“ Strategie zur Errichtung der Gesamtschule! Plakatiert wird – offensichtlich aus Gründen der auch innerparteilichen Tarnung – noch das Gegenteil.

Die Fakten: Derzeit besucht laut Statistik Austria schon jetzt mehr als die Hälfte aller Kinder in der Bundeshauptstadt nach der Volksschule eine AHS-Unterstufe (52,6% im Schuljahr 2013/14), mehr als doppelt so viele wie in meinem Heimatbundesland Vorarlberg (23,8%). Die ÖVP-Forderung geht also eindeutig in eine Richtung: Bald sollen alle 10- bis 14-Jährigen in Wien ein Gymnasium besuchen.

Es gibt zwei Interpretationsmöglichkeiten für den Vorstoß:

  • Die ÖVP will die bildungspolitische Benachteiligung und den Zugang zu höherer Bildung auf die Metropole beschränken und den ländlichen Raum benachteiligen. Das wäre die Fortsetzung der bisherigen schwarzen Bildungspolitik und gar nicht gut.
  • Die ÖVP greift den Vorschlag der ehemaligen Wissenschaftsministerin Beatrix Karl wieder auf, die offensiv für die Forderung „Gymnasium für alle“ eingetreten ist (Karl will „Gymnasium für alle“: Wende in der ÖVP?), aber damals noch scheiterte: „Entscheidend sei, dass die Bildungsentscheidung erst mit 14 getroffen werde und nicht mit zehn. Alle Kinder sollten die gleichen Chancen haben, so Karl.“ Gut so. Juraczkas Vorstoß weist in diese Richtung.

Falls jemand eine dritte Interpretationsmöglichkeit sieht, bin ich für zweckdienliche Hinweise dankbar.

Ein Tipp an die Wiener Schwarzen: Es kann ja auch – wie in Vorarlberg angedacht – eine innovative neue Schule mit individuellen Förderungsmöglichkeiten sowohl für besonders Begabte wie auch für Kinder mit Lernschwierigkeiten sein. Aber am Namen der Gemeinsamen Schule soll es wirklich nicht scheitern. Gerne auch „Gymnasium für alle“.