„Gott schütze Österreich!“
Werden sich ÖVP und FPÖ demnächst einig und nimmt das Gerangel um Ministerposten ein Ende? Über die Regierungsverhandlungen habe ich in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar geschrieben. Ich gebe zu, ein bisschen Ironie ist mit dabei, wenn ich ausgrechnet mit einem Zitat des Austrofaschisten Kurt Schuschnigg überschrieben habe. Hier der Kommentar zum Nachlesen:
Das Gerangel um die Ministerposten wird immer heftiger. Die FPÖ hat Oberwasser und lässt das den „Partner“ auch spüren. Sie beansprucht neben dem Bundeskanzleramt auch das Finanzministerium und will mit dem Innenministerium ihre „Festung Österreich“ bauen. Die ÖVP ist orientierungslos. Auch gegenüber absurden inhaltlichen blauen Forderungen?
Ma denke etwa an den ehemaligen FPÖ-Verkehrsminister Hubert Gorbach, der zu seiner „160 km/h-Autobahn-Teststrecke“ im bajuwarischen Dialekt gemeint hat: „Des is was Gscheits.“ Der nächste blaue Verkehrsminister war ein kleinwenig „gscheiter“: Norbert Hofer „begnügte“ sich mit Tempo 140 km/h. Kickl verlangt aktuell eine Höchstgrenze von 150 km/h. Nicht auf einer Teststrecke, sondern generell.
Und die Auswirkungen? Laut Verkehrsclub Österreich steigt der CO2-Ausstoß im Schnitt um 19 Prozent zu, die Feinstaub-Emissionen um 31 Prozent und jene von Stickoxiden um 44 Prozent. Bei Tempo130 km/h kommt ein PKW bei einer Notbremsung nach 73 Metern zum Stillstand, bei 150 km/h hat er nach 73 Metern noch eine Geschwindigkeit von 122 km/h! Das bedeutet mehr Unfälle und mehr Tote.
Was sonst noch droht, listete „Der Standard“ diese Woche auf: Zum Entsetzen der Universitäten sollen ihrer wissenschaftliche Arbeiten künftig ausschließlich auf Deutsch geschrieben werden dürfen. Unsere Unis würden damit noch provinzieller und die Forschung weiter ins Abseits gestellt.
Auch ein Kampf gegen die Weltgesundheitsorganisation WHO (laut FPÖ eine „Pharma-Lobbying-Institution“) steht an. Fachleute schütteln den Kopf und verweisen unter anderem darauf, dass uns das bei Pandemien von der internationalen Koordinierung abschneiden würde und Österreich bei Gesundheitsfragen nur noch bedingt Zugang zu Forschungsergebnissen hätte.
Aus Platzgründen weitere Verrücktheiten und Gemeinheiten gegenüber Menschen in Not in Kurzform: keine ordentliche medizinische Versorgung und weitere Bosheiten für Asylwerber:innen, Kampf gegen den ORF durch Unterminierung der vom Verfassungsgerichtshof geforderten stabilen Finanzierung und Ausschaltung kritischer Redakteure, dafür Einbeziehung rechtsextremer Medien und der FPÖ-Parteimedien in die öffentliche Förderung, Kampf gegen Windräder und beschlossene Klimaschutzmaßnahmen, Austritt aus der „Partnerschaft für den Frieden“, Verzicht auf den Sky Shield und somit auf Sicherheit im Luftraum sowie finanzielle Vorteile …
Die taumelnde ÖVP ist wohl kaum ein Garant dafür, dass all diese Unsinnigkeiten unterbleiben. Da kommt einem unwillkürlich der letzte Bundeskanzler der Zwischenkriegszeit in den Sinn. Kurz vor dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht setzte Kurt Schuschnigg auf höhere Mächte und beendete eine Ansprache im Radio mit den Worten „Gott schütze Österreich!“ Das Ergebnis ist bekannt.