9. Dezember 2019

GlĂŒcksspiel verstaatlichen!

2019-12-09T15:02:21+01:0009.12.19, 14:55 |Kategorien: Allgemein, Gesellschaft|Tags: |

In meiner Kolumne in den „Vorarlberger Nachrichten“ habe ich zum Thema GlĂŒckspiel Stellung bezogen. Hier zum Nachlesen:

Man könnte neidisch werden. Laut Medienberichten kassierte der inzwischen entlassene Casinos-Vorstand Peter Sidlo 58.000 Euro pro Monat trotz – vorsichtig ausgedrĂŒckt – zweifelhafter Qualifikation des FPÖ-Mannes. Der Bundeskanzler erhĂ€lt ĂŒbrigens weit weniger als die HĂ€lfte davon.

Die Casinos Austria gehören zu einem großen Teil der Republik. Das fragwĂŒrdige Schauspiel um die parteipolitisch besetzten Posten hat medial zu grundsĂ€tzlichen Diskussionen gefĂŒhrt: Wie umgehen mit dem GlĂŒckspiel? Alles dem Markt ĂŒberlassen?

Liberalisierung?

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger hat in der ORF-Pressestunde genau das gefordert: „Das wĂ€re ein gangbarer Weg, ja.“ Der Finanzminister als EigentĂŒmervertretung der Casinos habe ein „fiskalisches Interesse“ und könne daher nicht gleichzeitig regulieren. Was aber wird da besser, wenn das gesamte GlĂŒcksspiel in privaten HĂ€nden ist? Das „fiskalische Interesse“ des Finanzministers jedenfalls nicht.

Andere LĂ€nder gehen daher den umgekehrten Weg und regulieren sogar das „kleine GlĂŒcksspiel“ stĂ€rker als wir. In Norwegen etwa ist das gesamte GlĂŒcksspiel fest in der Hand von staatlichen Institutionen.

Und auch die Schweiz widersetzt sich dem neoliberalen Trend. Letztes Jahr wurde bei unseren Nachbarn einer Gesetzesvorlage zugestimmt, die im Internet-GeschĂ€ft sogar Netzsperren fĂŒr auslĂ€ndische Anbieter vorsieht. Bei uns aber gilt leider das alte Spiel: Profite werden privatisiert, die Kosten verstaatlicht.

Maßnahmen gegen die Spielsucht sind dringend geboten. Aus einer Studie des Anton-Proksch-Instituts im Auftrag des Finanzministers geht hervor, dass das GlĂŒcksspiel insbesondere bei jungen Menschen ein hohes SuchtgefĂ€hrdungspotenzial aufweist.

Die Sucht hat – vom individuellen Leid abgesehen – auch fĂŒr die Allgemeinheit massive Auswirkungen. Denn der Staat muss aufkommen fĂŒr Folgekosten wie den hohen Ausgaben fĂŒr BeschaffungskriminalitĂ€t, Suchtbehandlung und -prĂ€vention, Schuldenberatung oder die Folgen zerrĂŒtteter Ehen und Familien.

In vielen LĂ€ndern existieren daher strenge Richtlinien, die nicht nur Standards fĂŒr die Werbung definieren, sondern etwa bei WetteinsĂ€tzen auch wesentlich geringere Höchstgrenzen als in Österreich vorschreiben.

Was tun?

Das gesamte GlĂŒcksspiel gehört in staatliche Hand. Zudem braucht es ein generelles Werbeverbot fĂŒr die gesamte Branche, damit es weniger Spielsucht gibt. Die Gewinne der Konzerne sollten aber nicht ins Budget fließen, sondern zweckgewidmet in die PrĂ€vention und die Behandlung der AbhĂ€ngigkeit gehen. Falls etwas ĂŒbrigbleiben sollte, wĂ€re das fĂŒr SportstĂ€tten und die Sport-Infrastruktur zu verwenden. David Ellensohn, aus Vorarlberg stammende Klubobmann der Wiener GrĂŒnen, kĂ€mpft seit Jahren unermĂŒdlich genau dafĂŒr.

Damit wÀre ein Schritt in die richtige Richtung getan. Bleibt allerdings noch immer der parteipolitisch motivierte Postenschacher. Aber das ist ein anderes Thema.

11. November 2019

Kellernazis

2019-11-11T14:05:51+01:0011.11.19, 13:59 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , |

FPÖ-Parteiobmann Norbert Hofer ist noch immer nicht in der Lage, den vorlĂ€ufig letzten der vielen rechtsextremen AusfĂ€lle in seiner Partei klar zu verurteilen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen. In den „Vorarlberger Nachrichten“ habe ich in einem Gastkommentar zum Zustand der FPÖ Stellung bezogen. Eindeutiger Titel: „Kellernazis“.

In Deutschland beklagen alle demokratischen Parteien die rechtsextremen und antisemitischen AusfĂ€lle der AfD und schließen Koalitionen mit ihr aus. In Österreich haben wir uns an solche AusfĂ€lle leider schon fast gewöhnt.

Das letzte Beispiel lieferte der FPÖ-Abgeordnete Wolfgang Zanger. In einem Liederbuch seiner Burschenschaft „Pennales Corps Austria zu Knittelfeld“ waren unter anderem folgende Textstellen zu lesen: „PolenmĂ€dchen sind verboten, Judenschicksen sind tabu, eine Stute zu besteigen, lĂ€sst der VeterinĂ€r nicht zu.“ Mit wohl leider typisch burschenschaftlichem „Humor“ wird mit zweifelhafter Rechtsschreibung von „Hackenkreuzen (sic) auf den Eiern“ geschrieben und ĂŒber „gefickte JudenmĂ€dchen“ gesungen.

Zanger schafft es in ersten Reaktionen nicht, sich von diesen Inhalten zu distanzieren. Nach einem wahren Shitstorm relativierte er dann die antisemitischen SchmĂ€hungen als Kapitalismus-Kritik. Es ist der gefĂŒhlte „Einzelfall“ 987. Dass solche LiederbĂŒcher nicht nur bei Burschenschaftern in Verwendung sind, sondern fallweise sogar in CV-Verbindungen, sei da nur am Rande erwĂ€hnt.

Keine Aufarbeitung

Das ist widerlicher Antisemitismus und Rassismus und eine abstoßende HerabwĂŒrdigung von Menschen. Zanger sieht keinen Grund fĂŒr einen RĂŒcktritt und erhielt die UnterstĂŒtzung seines Parteichefs Norbert Hofer – eben erst unter anderem von ÖVP und SPÖ zum Dritten NationalratsprĂ€sidenten gewĂ€hlt.

Nach der ersten „Liederbuch-AffĂ€re“ vor zwei Jahren hat der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache eine Aufarbeitung der Geschichte des „dritten Lagers“ durch eine Historikerkommission versprochen. Die Kommission wurde dann auch wirklich gebildet. Mitglieder waren allerdings keine renommierten Historiker, sondern hauptsĂ€chlich FPÖ-FunktionĂ€re, und die Burschenschaften verweigerten von Vorneherein die Öffnung ihrer Archive.

Die PrĂ€sentation des Schlussberichts wurde fĂŒr Oktober 2018 versprochen und dann mehrmals verschoben. Er fehlt bis heute.

Die „Ehemaligen“

DafĂŒr gibt es aber ein neues Buch der Wiener Historikerin Margit Reiter: „Die Ehemaligen“. Sie macht darin klar, dass die FPÖ nicht nur – wie ÖVP und SPÖ – „braune Flecken“ hat, sondern aus dem braunen Nachkriegsmilieu heraus entstanden ist und sich bislang nicht aus diesem Sumpf befreien konnte – trotz einiger zaghafter Versuche.

Dem wĂ€re eigentlich nur hinzuzufĂŒgen, dass so eine Partei in unserem Staat keine Verantwortung tragen darf. Es ist zudem daran zu erinnern, dass schon der ehemalige FPÖ-Parteiobmann Norbert Steger fĂŒr eigene Parteimitglieder schon im Jahr 1990 den wenig schmeichelhaften Begriff „Kellernazis“ kreiert hat.

Inzwischen sind nicht wenige von ihnen aus dem Keller ans Tageslicht gekrochen.

28. Oktober 2019

Mehr direkte Demokratie?

2019-10-28T09:33:44+01:0028.10.19, 9:23 |Kategorien: Allgemein|Tags: |

In den „Vorarlberger Nachrichten“ bin ich in meiner Kolumne auf die Frage eingegangen, ob ein Mehr an direkter Demokratie auch ein Mehr an Demokratie bringt. So sicher, wie viele glauben, ist das nicht:

Bei den Nationalratswahlen lag die Wahlbeteiligung bei mageren 45,1 Prozent. Mehr als die HĂ€lfte der Wahlberechtigten zeigte also kein Interesse. WĂ€re eine ausgebaute direkte Demokratie ein Mittel dagegen?

Nein! Denn die 45,1 Prozent beziehen sich nicht auf die Nationalratswahlen in Österreich, sondern auf jene im direktdemokratischen Musterland Schweiz. Bei unserem Nachbarn gibt es in Gemeinden, Kantonen und im Bund stĂ€ndig Abstimmungen in Sachfragen – mit ĂŒbrigens oft ebenfalls sehr geringer Beteiligung.

Mehr Volksabstimmungen?

Auch in Österreich existieren direktdemokratische Instrumente: Volksabstimmung, Volksbefragung und Volksbegehren. Überbordend genutzt wurden sie bislang nicht. Volksabstimmungen auf Bundesebene gab es erst zwei: fĂŒr oder gegen Zwentendorf im Jahr 1978 und fĂŒr oder gegen den Beitritt zur EuropĂ€ischen Union im Jahr 1994.

Brauchen wir also mehr? Noch bei den Wahlen im Jahr 2017 ĂŒberschlugen sich FPÖ und ÖVP mit VorschlĂ€gen. Die FPÖ versprach, dass schon vier Prozent der Wahlberechtigten eine verbindliche Volksabstimmung verlangen können, die etwas vorsichtigere ÖVP verlangte immerhin zehn Prozent. Der „Kompromiss“ lag dann bei 14 Prozent und somit nicht unbedingt im mathematischen Mittel.

Ein Schelm, wer Böses denkt: Das Anti-Raucher-Volksbegehren wurde wenig spĂ€ter von 13,8 Prozent unterschrieben – und von beiden Parteien ignoriert. Allzu viel Vertrauen in das von Heinrich Heine einmal spöttisch als „großer Schlingel“ bezeichnete Volk hatten die Herren Kurz und Strache nach der Wahl offensichtlich nicht mehr.

„Schwarz-Weiß-Demokratie“

NatĂŒrlich braucht es mehr Einbindung der Bevölkerung in das politische Geschehen. Modelle wie der Vorarlberger „BĂŒrgerrat“ weisen da in die richtige Richtung. Auch Abstimmungen im lokalen Bereich – wie demnĂ€chst in Ludesch und Altach – sind zu befĂŒrworten, weil es sich fĂŒr beide Gemeinden um wegweisende Entscheidungen handelt und die Problemlagen klar sind.

Man sollte aber vorsichtig sein mit vorschnellen Forderungen nach einem Ausbau der direkten Demokratie. Anfang Oktober hat Alt-BundesprĂ€sident Heinz Fischer in einer – von den Medien leider ignorierten – Diskussion am Juridicum in Wien gemeint, die „plebiszitĂ€re Demokratie“ sei „eine Schwarz-Weiß-Demokratie“. Das Wesen einer Demokratie liege im Kompromiss, und es komme nur selten vor, dass man den Wahlberechtigten wie bei Zwentendorf und dem EU-Beitritt wirklich ein abstimmungsreifes Thema mit Ja oder Nein vorlegen können.

Bleibt noch das Argument, die direkte Demokratie sei ein Mittel gegen die PolitikmĂŒdigkeit. Immerhin gab es auch ja bei uns zuletzt bei der Nationalratswahl im September einen RĂŒckgang bei der Wahlbeteiligung und das zweitschlechteste Ergebnis seit 1945. Sie lag aber nicht wie in der Schweiz bei 45,1 Prozent, sondern immer noch bei 75,1 Prozent. Gar nicht so schlecht.

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

Hier erfahren sie mehr


Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


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