In Vorarlberg ist eine heftige Diskussion darüber entstanden, ob die Äußerungen des „Monitoring-Ausschusses“, der über die Einhaltung der UNO-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung wacht, richtig sei: „Aussonderung ist menschenrechtswidrig“, das ist die Kritik der UNO am österreichischen Schulsystem. Mit dieser Aussage müssen wir uns ernsthaft auseinandersetzen. Es ist polemisch zu behaupten, die Kritik richte sich gegen die Lehrkräfte, sie damit einfach vom Tisch zu wischen und so zu tun, als ob alles bestens wäre. Das ist kurzsichtig und wird den Kindern und ihren Bedürfnissen nicht gerecht. Die Kritik der UNO bezieht sich ausschließlich auf das Schulsystem und in keiner Weise – wie die KritikerInnen unterstellen – auf die Arbeit der LehrerInnen. Die Kernfrage lautet: Wo sollen die PädagogInnen und Therapeutinnen mit Kindern mit Behinderung arbeiten? Dort, wo die anderen Kinder sind, oder an Sonderanstalten? Für mich ist klar: Wir wollen eine gemeinsame Schule, in der jedes Kind das erhält, was es braucht.
Wir brauchen einen geordneten Übergang vom jetzigen System der Aussonderung in eine gemeinsame Schule, in der alle Kinder, auch wenn sie besondere Förderung brauchen, Platz haben.
Speziell in Vorarlberg wird die Integration von Kindern mit Behinderung im Regelschulwesen stiefmütterlich behandelt. Unter der Verantwortung der nachmaligen Bundesministerin Gehrer wurde das Schulorganisationsgesetz in Sachen Integration schlicht und einfach nicht vollzogen. Sonderschulen wurden einfach in Sonderpädagogische Zentren umbenannt, nahmen aber ihre Aufgabe als Begleiter und Förderer der Integration nicht wahr.
In der Steiermark werden acht von zehn Kindern mit Förderbedarf in der Regelschule unterrichtet. In vorarlberg gerade einmal die Hälfte davon. Sind Vorarlberger SchülerInnen doppelt so schlecht geeignet sind für integrative Lösungen wie steirische?
Die Situation ist problematisch, weil Lehrkräfte vielfach überfordert sind: Derzeit geht das Unterrichtsressort davon aus, dass nur 2,7 der SchülerInnen einen sonderpädagogischen Förderbedarf haben. Tatsächlich sind es aber weit mehr. Deshalb habe ich im Parlament schon vor eineinhalb Jahren (25.11.2008) einen Antrag eingebracht, die Förderquote auf 4,5 der Schülerpopulation anzuheben. Der Mangel an ausgebildeten SonderpädagogInnen ist speziell in Vorarlberg schon seit längerem ein strukturelles Problem. Seit über 10 Jahren gibt es im westlichsten Bundesland keine Vollausbildung, keine Erstausbildung zum/zur SonderpädagogIn.
Die Anhänger der Aussonderung tun ja gerade so, als wäre therapeutische Betreuung nur in Sonderschulen möglich. Selbstverständlich muss es das in der gemeinsamen Schule geben. Ich bin aber gegen Schnellschüsse. Wir brauchen einen Masterplan, der das Prinzip der Integration mittelfristig umsetzt.
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