13. November 2025

Mitleid mit Harald Mahrer?

2025-11-13T16:33:10+01:0013.11.25, 16:13 |Kategorien: Arbeit und Wirtschaft, Klima und Umwelt|Tags: , , , |

Kurz vor einem Streitgespräch mit Harald Mahrer für die Salzburger Nachrichten – geleitet von Alexander Purger (Mitte).

Das kann man wohl ausschließen. Aber die Causa Mahrer ist nicht das Problem, sondern eher ein Symptom für ein Problem. Aus eigener Erfahrung: Einen nach zwei Jahren intensiver Verhandlungen zur Bildungsreform ausgehandelten Kompromiss zwischen SPÖ, ÖVP und uns torpedierte Mahrer als damaliger Wissenschaftsminister in letzter Minute – als verlängerter Arm von Sebastian Kurz – unmittelbar vor der Pressekonferenz (hier zum Nachlesen, zum weiteren Verlauf der Verhandlungen in der Suchmaske „Harald Mahrer“ eingeben).

Das jetzige Desaster ist ein Symptom für fehlende Wirtschaftskompetenz in der ÖVP und mangelnde moralische Standards. Dazu mein Kommentar unter dem Titel „Politik im Blindflug“ in den Vorarlberger Nachrichten:

Wenn Wirtschaftsmanager wie der ehemalige Präsident der Industriellenvereinigung der Landesregierung mangelnde Wirtschaftskompetenz attestieren und „Vorarlbergs Finanzpolitik im Blindflug“ sehen, sollten die Alarmglocken schrillen. Lange galten wir in Sachen Budgetstabilität als Vorzeigebundesland. Heute müssen Wallner, Bitschi & Co externe Beratung kaufen, um das Budget – hoffentlich – wieder in den Griff zu bekommen.

Unbeholfenheit und Ratlosigkeit gibt es auch auf Bundesebene. Die skurrilen Auftritte des gestern zurückgetretenen Wirtschaftskammer-Präsidenten Harald Mahrer zum Privilegien-Stadl im eigenen Haus und seine rhetorischen Taschenspieler-Tricks sind noch die harmlosesten Beispiele. Unnötig zu erklären, dass die um sechs Monate verschobene Lohnerhöhung für Kammerbedienstete keine „Halbierung“ ist.

Unnötig auch zu erklären, dass die gigantischen Rücklagen der Wirtschaftskammer von über zwei Milliarden Euro derzeit als Konjunktur-Turbo dringend in die Wirtschaft gepumpt werden sollten, um jenen Betrieben zu helfen, die diese gewaltige Summe mit ihren Zwangsbeiträgen zustande gebracht haben.

Belastend sind auch die steigenden Defizite auf nahezu allen Ebenen des Staates. Neue Zahlen aus den Bundesländern lassen den angeblichen „Stabilitätspakt“ als recht unverbindliches Gebilde erscheinen. Das gesamtstaatliche Defizit soll nicht wie geplant bei den an sich schon horrenden 4,5 Prozent liegen, sondern plötzlich bei 4,9 Prozent. Genaue Daten aus den Bundesländern gibt es aber noch immer nicht.

Wie reagieren die Verantwortlichen? „Wir müssen sparen!“ Das klingt gut, die Frage ist nur: Wo wird gespart? In Vorarlberg sind die Schwächsten der Gesellschaft von den Kürzungen betroffen – Kinder mit Beeinträchtigungen, Kranke, Menschen in Notlagen usw. Auf Bundesebene wird vor allem dort gespart, wo Ökonomen große Chancen für ein Wirtschaftswachstum sehen – in der Klimapolitik.

Da ist es fast schon verständlich, dass sich weder Politik noch Wirtschaftskammer oder Industriellenvereinigung in eine Diskussion zum Thema in die „ZiB 2“ getraut haben. Dort machte die mehrfach ausgezeichnete Klimaökonomin Sigrid Stagl deutlich, warum der zuletzt so erfolgreiche Weg zum Klimaschutz nicht gestoppt werden dürfe: Er ist auch volkswirtschaftlich sinnvoll.

Erneuerbare Energien sind günstiger und effizienter. Klimaneutrale Geschäftsmodelle arbeiten „mit der Physik, mit der Natur, und das ist produktiver, kostensparender und wettbewerbsfähiger“ – so die Ökonomin. Der Umstieg kostet im Vergleich zum derzeitigen fossilen Weiterwirtschaften nur etwa ein Fünftel der Folgekosten.

In einem „offenen Brief“ unterstützen 2.178 Wissenschafter:innen diese Position und verweisen darauf, dass ein Aufweichen des Klimaschutzes teurer ist als Investitionen in den Klimaschutz. Harald Mahrer und Markus Wallner kümmern sich aber derweil lieber um anderes als um Expertise aus der Wissenschaft.

31. Oktober 2025

Greift Russland die NATO an?

2025-10-31T10:06:21+01:0031.10.25, 9:34 |Kategorien: Allgemein|

Ist jemand ein „Putin-Versteher“, wenn er nicht daran glaubt, dass der Kreml-Herr demnächst einen NATO-Staatangreifen kann oder gar wirklich angreift? Und wie steht es um Aufrüstung und Militärausgaben wirklich?  Für die Vorarlberger Nachrichten habe ich dazu unter dem Titel „Mehr Diplomatie, bitte!“ einen Kommentar geschrieben:

„Die einzige Sprache, die Russland versteht, ist die Sprache der Gewalt“, so zitiert „Der Spiegel“ den polnischen Schriftsteller Szczepan Twardoch. Das sind Sätze, die Angst machen – zumal sie von massiver Aufrüstung begleitet werden.

Putins Armee ist nach fast vier Kriegsjahren bislang nicht in der Lage, die Ukraine in die Knie zu zwingen. Ist es da wahrscheinlich, dass der Kreml-Herr die NATO angreift? Unbestritten geht von Russland Gefahr für seine Nachbarn aus. Der fünftägige Krieg gegen Georgien im Jahr 2008 und der Krieg gegen die Ukraine beweisen das. Aber ein Krieg gegen die NATO?

2024 beliefen sich die weltweiten Militärausgaben auf 2.718 Milliarden US-Dollar, um um 9,4 mehr als 2023. Goldene Zeiten für die Waffenindustrie. Die Aktien des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall sind seit Beginn des Ukraine-Kriegs um über 2.000 Prozent gestiegen.

Mehr als ein Drittel der Ausgaben entfällt auf die USA (997 Milliarden). Alle NATO-Staaten zusammen investierten insgesamt 1.500 Milliarden in das Militär. Dann folgt mit deutlichem Abstand China (314). Und das unbestritten aggressive Russland? Nach drei Jahren Aufrüstung und mitten im Angriffskrieg gegen die Ukraine waren es 2024 149 Milliarden. Das ist zwar viel, aber dennoch nur ein Zehntel der Militärausgaben aller NATO-Staaten.

Wer einen russischen Angriff auf die NATO als unwahrscheinlich bezeichnet, wird schnell als „Putin-Versteher“ oder naiv verunglimpft. Die deutsche Theologin Margot Käßmann hat kürzlich dazu den ehemaligen Brigadegeneral Erich Vad zitiert: Es gehöre „zu einer klugen Militärstrategie, den Feind zu verstehen“. Nur so bekomme man eine Idee davon, was ihn motiviert und wie er vorgehen will. „Putin-Versteher“ sei also eigentlich gar kein Schimpfwort.

Käßmann warnt zudem vor allem die Medien davor, angebliche Wahrheiten unhinterfragt zu übernehmen. Etwa die immer wieder auftauchende Behauptung, Russland könnte im Jahr 2029 die NATO angreifen: „Ich frage mich dann immer: Woher wissen das die Carlo Masalas und Sönke Neitzels dieser Republik so genau?“ Sie verweist darauf, dass es keine seriöse Quelle gibt, die so eine Behauptung belegt: „Das wird alles einfach nur behauptet.“ Sie finde das „extrem befremdlich“.
Angesichts der Stimmung in den westlichen Ländern wäre die Lektüre des Bestseller-Autors Erich Maria Remarque („Im Westen nichts Neues“) zu empfehlen. Der hat einmal gemeint: „Ich dachte immer, jeder sei gegen den Krieg, bis ich herausfand, dass es welche gibt, die dafür sind – besonders die, die nicht hingehen müssen.“

Die Aufgabe der Politik besteht darin, Kriege zu verhindern und der Diplomatie eine Chance zu geben. Ein neutrales Land wie Österreich wäre prädestiniert dafür, hier eine aktive Rolle einzunehmen und damit auch politischen Geisterfahrern wie Viktor Orbán den Wind aus den Segeln zu nehmen.

16. Oktober 2025

Aufrüsten für den Frieden?

2025-10-16T22:16:26+02:0016.10.25, 22:16 |Kategorien: Allgemein|

Kann man mit immer mehr Waffen einen dauerhaften Frieden sichern? Wer sich dagegen ausspricht, wird recht schnell als naiver und weltfremder Pazifist bezeichnet. Unter dem Titel „Rüsten für den Frieden?“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar veröffentlicht und bin speziell auf eine mögliche Rolle Österreichs eingegangen:

Im September fand in den Wiener Werkshallen ein vom Rüstungskonzern Rheinmetall organisiertes „Drohnensymposium“ statt. Drohnen sind ein Riesengeschäft. Deutschland will demnächst zehn Milliarden dafür investieren und die Drohnen gemeinsam mit Eurofightern vor allem im Osten einsetzen.

Unsere Gesellschaft wird auf Aufrüstung und Krieg eingestimmt. Putin, Trump & Co verdrängen Völkerrecht und Diplomatie durch Faustrecht und Konfrontation. In den USA spricht die Umbenennung von Verteidigungsministerium in Kriegsministerium Bände. Auch aus Deutschland hört man neue Töne. Sein Land müsse „kriegstüchtig“ werden, lässt CDU-Bundeskanzler Friedrich Merz wissen und kündigt zusätzliche Milliardeninvestitionen ins Militär an – mit Unterstützung der oppositionellen Grünen.

Die Geschichte lehrt uns, dass solche Entwicklungen praktisch immer mit Kriegen enden. Die rüstungskritische Organisation Attac kritisierte daher die Wiener Veranstaltung: „Statt der Bewerbung braucht es eine Ächtung und eine Debatte über ein völkerrechtlich verbindliches Verbot von Drohnen.“ UN-Generalsekretär António Guterres will autonome Waffensysteme völkerrechtlich ebenfalls untersagen, weil sie die Hemmschwelle für das anonyme Töten auf Knopfdruck senken.

Attac und Guterres sind Rufer in der Wüste. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hingegen will gar eine „Ära der Aufrüstung“ und zusätzlich mindestens 800 Milliarden locker machen. Die USA wollen atomar bestückbare Tomahawk-Raketen mit einer Reichweite von 2.500 Kilometern an die Ukraine liefern – das Stück um zwei Millionen. Bezahlen soll das Europa. Gut für die Rüstungskonzerne. Gut für die USA. Teuer für Europa. Aber auch für unsere Sicherheit?

Ist Aufrüstung der richtige Weg in Richtung Friedenssicherung? Keine Grenzen für Rüstungsausgaben, aber sparen bei den Ärmsten und Schwächsten in der Gesellschaft, bei Bildung, Klima- und Umweltschutz?

Wie soll Österreich auf diese Entwicklungen reagieren? Auf den weltweiten Rüstungswettlauf haben wir keinen Einfluss und natürlich darf man auch einem naiven Pazifismus nicht das Wort reden. Aber ein kleiner neutraler Staat im Herzen Europas benötigt unzweifelhaft andere Sicherheitskonzepte als die NATO – etwa im Bereich Cybersicherheit, dem Schutz wichtiger IT-Systeme und sensibler Daten. Eine umfassende Diskussion über diese Themen sowie die Sicherung kritischer Infrastrukturen, die Abwehr von Spionage und Desinformationskampagnen ist dringend notwendig.

Österreich sollte zudem klarmachen, dass wir unsere Lektion aus der Geschichte gelernt haben. Im Gegensatz zu den geschichtsvergessenen Veranstaltern der Wiener „Rüstungsmesse“: Man traf sich ausgerechnet auf dem Gelände der ehemaligen Saurer-Werke, einem Außenlager des Konzentrationslagers Mauthausen. Dort mussten in der NS-Zeit Zwangsarbeitskräfte unter unmenschlichen Bedingungen Panzer für die NS-Kriegsmaschinerie herstellen.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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