18. September 2025

Im Namen Gottes, des Allmächtigen?

2025-09-18T15:55:19+02:0018.09.25, 15:52 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , , , , |

Die politische Rechte und Ultrakonservative haben inzwischen nicht nur die Lufthoheit über die vielgeschmähten Stammtische errungen, sondern sind drauf und dran, auch die ernsthaften gesellschaftlichen Diskurse zu dominieren. Dazu mein Kommentar in den Vorarlberger Nachrichten unter dem Titel „Im Namen Gottes?“:

Der ermordete ultrarechte Aktivist Charlie Kirk wird in den USA derzeit von den Trump-Fans fast wie ein Heiliger verehrt. Die Instrumentalisierung von Religion für seine haarsträubenden Thesen wird akzeptiert. In der Diskussion über Homosexualität zitierte Kirk schon mal „Gottes perfektes Gesetz“ und das Alte Testament, wo als Strafe die Steinigung vorgesehen ist. Die im Bürgerrechtsgesetz verankerte Gleichberechtigung von Schwarzen nannte er einen „Fehler“, den von Polizisten ermordeten George Floyd einen „Drecksack“.

Missbrauch der Religion für politische Ziele ist kein neues Phänomen. „Gott mit uns“ stand auf den Gürtelschnallen der Wehrmacht bei ihrem verbrecherischen Angriffskrieg und der Beihilfe zum Holocaust. „Gott will es“ lautete der Schlachtruf der christlichen Kreuzfahrer bei ihren Massakern an der muslimischen Bevölkerung. Auch die brutalen Eroberungsfeldzüge der muslimischen Machthaber bis vor die Tore Wiens wurden mit Berufung auf Gott gerechtfertigt. Und heute rechtfertigen fanatisierte Moslems ihre Gräueltaten mit dem angeblichen Willen Gottes.

Österreich spielt für die politischen Instrumentalisierung von Religion eine zunehmend wichtige Rolle. Stichwortgeber der US-Rechten und vor allem für Vizepräsident J. D. Vance ist mit Edmund Waldstein ein Pater aus dem Stift Heiligenkreuz. Der US-Theologe H. David Bear schrieb über die einflussreiche Gruppe rund um Vance, sie strebe einen „klerikalen Faschismus“ an, „so wie man es in Österreich unter Engelbert Dollfuß und Kurt Schuschnigg tat“.

Ob es da ein Zufall ist, dass der der Vorarlberger Cartellverband letztes Wochenende nicht nur sich selbst, sondern auch seinen Mitbegründer Otto Ender feierte? War allen bewusst, dass der Landeshauptmann und Bundeskanzler Anfang der Dreißigerjahre Chef-Ideologe des Austrofaschismus wurde?

Folgerichtig konnte dieser dem Nationalsozialismus „positive Seiten“ abgewinnen: „Eine nationale Erhebung geht durch Deutschland und alles erkennt ihren Wert.“ Der Sozialwissenschaftler Kurt Greussing hat schon vor Jahren in der Zeitschrift „Montfort“ in gebotener Deutlichkeit auf dessen fatale Rolle hingewiesen.

Ender hatte weder für Demokratie noch Föderalismus etwas übrig: „Entweder haben wir eine autoritäre Regierung oder wir haben den Parlamentarismus und das Parteiensystem. Das will das Volk aber nicht. Also muß das Volk daraus die Konsequenz ziehen und dem autoritären Führer gehorchen, nichts gegen den Führer unternehmen, sondern mit ihm und für ihn für unser Volk und Vaterland arbeiten.“

Otto Ender war denn auch Hauptverantwortlicher für die austrofaschistische Verfassung vom 1. Mai 1934. Sie beginnt bezeichnenderweise mit der Berufung auf Gott: „Im Namen Gottes, des Allmächtigen.“ Greussing wäre bei der Ender-Weihestunde des Cartellverbands wohl der ideale Referent gewesen, um eine Diskussion über den politischen Missbrauch von Religion zu führen.

8. August 2025

Der Peršmanhof und die guten Sitten

2025-08-08T12:15:35+02:0008.08.25, 12:12 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|

Der Leiter des Landesamts für Staatsschutz (!) und Extremismusbekämpfung hat den unsäglichen Polizeieinsatz vor gut einer Woche am Peršmanhof in der Gemeinde Bad Eisenkappel/Železna Kapla unter anderem damit begründet, das dortige Bildungscamp stelle einen „sittenwidrigen Umgang“ mit der Gedenkstätte dar. Die Museumsleitung unterstützt das Camp und der Staatsschutz beurteilt die Veranstaltung als „sittenwidrig“? Dazu mein Kommentar in den Vorarlberger Nachrichten unter dem Titel „Sittenwidriger Einsatz!“

Der unsägliche Polizei-Einsatz gegen ein vom „Klub Slowenischer Studierender“ organisiertes Camp auf der NS-Gedenkstätte Peršmanhof in der Gemeinde Bad Eisenkappel/Železna Kapla hat international Aufsehen erregt. Die von der Exekutive tagelang vorbereitete Aktion mit Hubschrauber, Drohne, Polizeihund und einer Spezialeinheit hat zu diplomatischen Spannungen mit Slowenien und Berichterstattung in vielen ausländischen Medien geführt: Österreichs braune Vergangenheit war wieder einmal Thema. Ende April 1945 wurden hier im Süden von Kärnten/Koroška nur wenige Tage vor Kriegsende elf unschuldige Menschen – darunter sieben Kinder, das jüngste gerade einmal ein Jahr alt – von einer SS-Polizeieinheit erschossen. Die Opfer gehörten der von den Nazis verfolgten slowenischen Minderheit an. Ihre Nachfahren zeigten sich entsetzt: Nach fast genau 80 Jahren würden nun wieder „alte Wunden“ aufgerissen. Ganz abgesehen von der indiskutablen Aktion an sich: Auch das im Staatsvertrag verbriefte Recht der Teilnehmer auf Kommunikation in slowenischer Sprache wurde von den Beamten missachtet. Bis heute ist angeblich unklar, wer den Einsatz am vorletzten Sonntag befohlen hat. Angeblicher Grund: Campingverordnung und Naturschutzrecht seien missachtet worden. Dabei hatte die Gedenkstätte das Zelten erlaubt. Den Vogel abgeschossen hat der Leiter des Landesamts für Staatsschutz (!) und Extremismusbekämpfung: Das Bildungscamp stelle einen „sittenwidrigen Umgang“ mit der Gedenkstätte dar. Die Museumsleitung unterstützt das Camp und der Staatsschutz beurteilt die Veranstaltung als „sittenwidrig“? Fast gleichzeitig fand in Wien eine Demonstration mit internationalen Rechtsextremisten statt, mit dabei an vorderster Front parlamentarische Mitarbeiter der FPÖ. Festnahmen gab es nur unter den Gegendemonstranten, obwohl eine 50-köpfige Neonazi-Gruppe „Ausländer raus, Deutschland den Deutschen“ skandierend nach der Demo in der U-Bahn zwei junge Männer verprügelte und anschließend auf die Straße jagte. Solche Ausschreitungen gibt es in Wien nach rechtsextremen Demonstrationen regelmäßig. Wo bleibt da die Polizei? Von den Regierenden in Kärnten und der Republik gab es nur hauchzarte Kritik an der versuchten Einschüchterung antifaschistischer Jugendlicher am Peršmanhof. Immerhin aber hat sich die Zivilgesellschaft deutlich zu Wort gemeldet – von der Katholischen Aktion bis zur Wissenschaft. Das bis heute andauernde dröhnende Schweigen des politisch verantwortlichen Innenministers ist inakzeptabel. Österreich wurde 1945 auf antifaschistischer Grundlage wiedererrichtet. Um das zu betonen, wurden unserem Staatswappen, dem Symbol der Republik, als Hinweis auf die Befreiung vom Nationalsozialismus die gesprengten Ketten hinzugefügt. Das zu ignorieren ist rechts- und sittenwidrig – und nicht ein friedliches antifaschistisches Bildungscamp!
7. Februar 2025

„Gott schütze Österreich!“

2025-02-06T15:02:59+01:0007.02.25, 8:51 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus, Nationalrat|Tags: , , , , |

Werden sich ÖVP und FPÖ demnächst einig und nimmt das Gerangel um Ministerposten ein Ende? Über die Regierungsverhandlungen habe ich in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar geschrieben. Ich gebe zu, ein bisschen Ironie ist mit dabei, wenn ich ausgrechnet mit einem Zitat des Austrofaschisten Kurt Schuschnigg überschrieben habe. Hier der Kommentar zum Nachlesen:

Das Gerangel um die Ministerposten wird immer heftiger. Die FPÖ hat Oberwasser und lässt das den „Partner“ auch spüren. Sie beansprucht neben dem Bundeskanzleramt auch das Finanzministerium und will mit dem Innenministerium ihre „Festung Österreich“ bauen. Die ÖVP ist orientierungslos. Auch gegenüber absurden inhaltlichen blauen Forderungen? 

Ma denke etwa an den ehemaligen FPÖ-Verkehrsminister Hubert Gorbach, der zu seiner „160 km/h-Autobahn-Teststrecke“ im bajuwarischen Dialekt gemeint hat: „Des is was Gscheits.“ Der nächste blaue Verkehrsminister war ein kleinwenig „gscheiter“: Norbert Hofer „begnügte“ sich mit Tempo 140 km/h. Kickl verlangt aktuell eine Höchstgrenze von 150 km/h. Nicht auf einer Teststrecke, sondern generell.

Und die Auswirkungen? Laut Verkehrsclub Österreich steigt der CO2-Ausstoß im Schnitt um 19 Prozent zu, die Feinstaub-Emissionen um 31 Prozent und jene von Stickoxiden um 44 Prozent. Bei Tempo130 km/h kommt ein PKW bei einer Notbremsung nach 73 Metern zum Stillstand, bei 150 km/h hat er nach 73 Metern noch eine Geschwindigkeit von 122 km/h! Das bedeutet mehr Unfälle und mehr Tote.

Was sonst noch droht, listete „Der Standard“ diese Woche auf: Zum Entsetzen der Universitäten sollen ihrer wissenschaftliche Arbeiten künftig ausschließlich auf Deutsch geschrieben werden dürfen. Unsere Unis würden damit noch provinzieller und die Forschung weiter ins Abseits gestellt.

Auch ein Kampf gegen die Weltgesundheitsorganisation WHO (laut FPÖ eine „Pharma-Lobbying-Institution“) steht an. Fachleute schütteln den Kopf und verweisen unter anderem darauf, dass uns das bei Pandemien von der internationalen Koordinierung abschneiden würde und Österreich bei Gesundheitsfragen nur noch bedingt Zugang zu Forschungsergebnissen hätte.

Aus Platzgründen weitere Verrücktheiten und Gemeinheiten gegenüber Menschen in Not in Kurzform: keine ordentliche medizinische Versorgung und weitere Bosheiten für Asylwerber:innen, Kampf gegen den ORF durch Unterminierung der vom Verfassungsgerichtshof geforderten stabilen Finanzierung und Ausschaltung kritischer Redakteure, dafür Einbeziehung rechtsextremer Medien und der FPÖ-Parteimedien in die öffentliche Förderung, Kampf gegen Windräder und beschlossene Klimaschutzmaßnahmen, Austritt aus der „Partnerschaft für den Frieden“, Verzicht auf den Sky Shield und somit auf Sicherheit im Luftraum sowie finanzielle Vorteile …

Die taumelnde ÖVP ist wohl kaum ein Garant dafür, dass all diese Unsinnigkeiten unterbleiben. Da kommt einem unwillkürlich der letzte Bundeskanzler der Zwischenkriegszeit in den Sinn. Kurz vor dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht setzte Kurt Schuschnigg auf höhere Mächte und beendete eine Ansprache im Radio mit den Worten „Gott schütze Österreich!“ Das Ergebnis ist bekannt.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

Hier erfahren sie mehr…

Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


Zur Seite des Parlaments…

Downloads