Wie weit wird der Vormarsch von Rechtsextremen und Rechtspopulisten in der westlichen Welt noch gehen? Wie weit in Österreich? Erleben wir „Blaues Wunder?“ Unter dem Titel habe ich in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

In der Steiermark tut sich was. Laut einer „Standard“-Umfrage käme – ähnlich wie auf Bundesebene –die FPÖ mit 26 Prozent der Stimmen auf Platz 1, gefolgt von der SPÖ mit 24 und der Landeshauptmann-Partei ÖVP mit 20 Prozent der Stimmen. Auf Platz vier liegt die KPÖ, gefolgt von Grünen und Neos.

Das Erstaunliche: Die FPÖ wird in der Steiermark derzeit gebeutelt von einer ganzen Reihe von Korruptionsskandalen. Es geht um ungeklärte Barabhebungen – in einem Fall von 350.000 Euro. Es gibt inzwischen Selbstanzeigen, einen freiwilligen Rücktritt und Ermittlungen gegen zumindest neun Beschuldigte. Betroffen sind insbesondere die Grazer Stadtpartei, aber auch die Landespartei inklusive Landesparteivorsitzendem Mario Kunasek. Natürlich gilt für alle die Unschuldsvermutung.

Keine Unschuldsvermutung

Keine Unschuldsvermutung gilt für die Wählerinnen und Wähler, denn sie wissen von den Vorwürfen. 56 Prozent der steirischen Wahlberechtigten bezeichnen die Freiheitlichen als eher korrupt, nur 14 Prozent glauben, sie sei sauber. Selbst in der dezidierten FPÖ-Wählerschaft hält nur jeder Zweite die Partei für sauber.

Die politische Mitte und die demokratische Linke auf der ganzen Welt zeigen sich eher ratlos: Wie umgehen mit Populisten und Rechtsextremen? In Deutschland diskutiert man ein Verbot der AfD. Damit aber wird man dem Phänomen wohl nicht den Boden entziehen können. Es herrscht weitgehend Ratlosigkeit.

Kein regionales Phänomen

Viele Menschen halten offenkundig nicht mehr viel von bürgerlichen Tugenden wie Anständigkeit und Unbestechlichkeit. Der Beliebtheit von Donald Trump tun die unzähligen Skandale und Vorwürfe – von Steuerhinterziehung über Vergewaltigung bis zu einem versuchten Staatsstreich – trotz teilweise bereits rechtskräftiger Verurteilungen keinen Abbruch. Eher im Gegenteil.

In Deutschland sind die Staatsanwaltschaften seit Jahren mit Ermittlungen gegen eine Reihe von Funktionärinnen und Funktionären der AfD beschäftigt. In Umfragen legt die Partei dennoch zu. Und Viktor Orbán hat Ungarn stramm in Richtung autoritärer Staat geführt und wurde kürzlich wiedergewählt.

In Österreich sieht Herbert Kickl daher keinen Grund, die offenkundige Korruption in seiner Partei zu bekämpfen oder seinen rechtsextremen Kurs inklusive Unterstützung der „Identitären“ zu beenden. In der Steiermark erhielten diese sogar finanzielle Zuwendungen durch die FPÖ. Gut möglich, dass wir hierzulande nach den nächsten Wahlen ein „blaues Wunder“ erleben werden.

Immerhin: Zuletzt demonstrierten in Deutschland Millionen gegen den rechten Radikalismus, gegen Antisemitismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit. Auch in Österreich gingen in den größeren Städten Zehntausende auf die Straßen. Organisiert wurden die Demonstrationen von einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis, von kirchlichen Einrichtungen, von Gewerkschaften, von konservativen und linken Parteien.

Man darf gespannt sein, ob dadurch das gesellschaftliche Klima verändert werden kann.