4. März 2014

Tirol: Inklusion „werden Beine gemacht“!

2023-02-06T15:17:56+01:0004.03.14, 12:03 |Kategorien: Integration|

Viel einfacher kann man es nicht auf den Punkt bringen, was für Schule und Unterricht zu gelten hat: „Es ist normal, verschieden zu sein!“ So wurde das vor einiger Zeit auf Ö1 zum Thema Inklusion in der Schule formuliert („Gedanken für den Tag“).

In Tirol nimmt man sich das zu Herzen. Landesrätin Beate Palfrader hat erstmals einen Landeskoordinator für Inklusion bestellt und mit Roland Astl eine ideale Persönlichkeit dafür gefunden („Der Integration werden Beine gemacht“). Ich habe mich bei ihm selbst im Bezirk Reutte davon überzeugt: Astl leitet seit 1999 das Sonderpädagogische Zentrum (SPZ) in Reutte und hat in dieser Zeit dafür gesorgt, dass alle behinderten Kinder in diesem Bezirk in Regelschulklassen der Volksschulen, Neuen Mittel- und Polytechnischen Schulen unterrichtet werden – die Quote beträgt im Außerfern 100 Prozent, in ganz Tirol nur 36 Prozent (österreichweit sind es 55). Es gibt also einiges zu tun!

Astl weiß, dass beim gemeinsamem Lernen alle gewinnen. Der Hirnforscher Gerald Hüther hat das so ausgedrückt: „Wir wissen inzwischen, dass die besten Lernprozesse nicht einzeln funktionieren, alleine kann niemand seine Potenziale entfalten, sondern immer in Gemeinschaft.“ LehrerInnen müssen dabei unterstützt werden, aus einem „zusammengewürfelten Haufen“ in einer Schulklasse ein leistungsorientiertes Team zu machen: „Dort, wo die Inklusion funktioniert, profitieren nicht nur die, die wir als Behinderte bezeichnen, die ein Handicap mitbringen. Sondern davon profitieren vor allem auch die ‚High-Performer‘, die gute Zensuren haben.“ Sie lernen, dass es Spaß macht, gemeinsam in einer Klasse zusammen zu arbeiten und dass es einem auch selbst Würde verleiht.

Wann, wenn nicht bei diesem Thema, gilt mein Motto für die „Grüne Schule“: „Kein Kind zurücklassen!“

30. Oktober 2012

Sebastian Kurz – um welche „Werte“ geht es?

2012-10-30T08:17:00+01:0030.10.12, 8:17 |Kategorien: Integration|Tags: |

Sebastian Kurz ist zum Glück nicht mehr mit dem von ihm so bezeichneten „Geilomobil“ unterwegs (Bild). Sachlicher geworden ist er aber kaum. Der Staatssekretär macht es einem sehr schwer, seine öffentlichen Ansagen ausgewogen zu kommentieren – Kurz ist noch immer schlicht zu populistisch und arbeitet de facto Heinz-Christian Strache in die Arme!

Neues Beispiel sind die Kurz-Thesen zu einer „Staatsbürgerschaftsprüfung neu“. Er will „Werte“ abfragen. Die Frage ist, um welche „Werte“ es dabei geht.

Der jugendliche Staatsekretär hat im April diesen Jahres als Reaktion auf meine parlamentarische Anfrage und auf die darauf folgenden Medienberichte eine Überarbeitung der Staatsbürgerschaftsprüfung angekündigt. Weg vom Wissen solle der Test gehen, hin zu den Werten. Welche Werte das nun genau sind, wie man diese „abfragt“ und wer sie definieren wird – das alles ist er bisher freilich schuldig geblieben.

Ein Blick in die Geschichte sollte Kurz bei der Suche helfen: Es war im Austrofaschismus, als erstmals eine Staatsbürgerkunde eingeführt wurde, die eine Erziehungsfunktion als Ziel definierte. Das begann im April 1933 mit der Aufhebung des Glöckel-Erlasses, womit die 14-jährige Trennung von Staat bzw. Schule und Religion ein jähes Ende fand („Glöckel-Erlass aufgehoben. Forträumung des Revolutionsschuttes auch im Unterrichtswesen“, war damals in der christlichsozialen „Reichspost“ zu lesen), setzte sich fort mit der Verfügung, dass nach Beendigung der Schulgottesdienste die Bundeshymne zu singen sei und führte per Erlass zur Forcierung der „vaterländischen Erziehung“, die eine „Erfassung des inneren Menschen und Bildung einer gediegenen Gesinnung“ bezwecken sollte. 1949 folgte ein „Erlass zur Staatsbürgerlichen Erziehung“, der auf „die Weckung und Pflege des Österreichischen Heimat- und Kulturbewusstseins“ und die Erziehung „zu treuen und tüchtigen Bürgern der Republik“ abzielte. Ende der 1970er Jahren wurde damit Schluss gemacht, heute definiert der Lehrplan als Ziel politischer Bildung u.a.: „Der Unterricht soll die Bereitschaft und Fähigkeit zu politischem Handeln fördern. Dazu ist es erforderlich, eigene Positionen zu artikulieren, Positionen anderer zu verstehen und aufzugreifen, sowie an der gemeinsamen Entwicklung von Lösungen mitzuwirken.“

Staatssekretär Kurz lässt nun an einer Rot-Weiß-Rot-Fibel basteln, worin stehen wird, „wie Österreich tickt“ und die als Grundlage für den neuen, „wertebasierten“ Staatsbürgerschaftstest dienen soll. Der Erwerbsprozess der Staatsbürgerschaft mit integrierter Erziehungsfunktion? – Hoffentlich kein pädagogischer Rückgriff auf vergangene Zeiten, von denen wir meinten, sie seien längst vorbei.

Wie schreibt Lisa Nimmervoll in einem hervorragenden Standard-Kommentar zum Nationalfeiertag? „Das ist das Problem mit der rhetorischen Wertehuldigung. Die verbale Flucht zu neuen oder alten ‚Werten’ ist eher ein suspektes Zeichen. Wer so offensiv über Werte reden muss, könnte Defizite oder Makel im Handeln kaschieren wollen.“

10. Juni 2012

„Österreichische Demokratielehre“ oder „Kunst, parlamentarische Anfragen nicht zu beantworten“

2012-06-10T09:22:00+02:0010.06.12, 9:22 |Kategorien: Integration|

Vorzeigemigrantin Olja Alvir hat sich freiwillig einer Nachprüfung unterzogen und auf Fragen des Einbürgerungstests überaus kompetent geantwortet (Nachsitzen beim Einbürgerungstest).

Ich habe im Jänner 2010 und im April 2011 zwei parlamentarische Anfragen zu den Skurrilitäten der österreichischen Staatsbürgerschaftsprüfung an das Innenministerium gestellt. Die Antworten waren bisweilen ebenfalls recht skurril. Hier ein „Best of“:

2010

Frage: Welche ExpertInnen welcher Ressorts und Einrichtungen nahmen an der Erstellung der Lernunterlage teil? Wir ersuchen um namentliche Nennung insbesondere der ExpertInnen aus „Lehre und Forschung“ sowie „HistorikerInnen und ErwachsenenbildnerInnen“.

Innenministerium: Die Arbeitsgruppe für die Erstellung der Lernunterlage des Bundes setzte sich aus Beamten und Beamtinnen des seinerzeitigen Bildungsministeriums, meines Ressort, aus Vertretern der Länder, Experten für Menschenrechte, Historikern und Pädagogen (Erwachsenenbildung) zusammen. Aus datenschutzrechtlichen Gründen muss von einer Nennung der Namen Abstand genommen werden.

Wir lernen: Viele „Experten“ haben mitgewirkt, aber sie müssen geschützt werden. Verständlich: Wer will schon bei so einem Produkt genannt werden? Tröstlich dabei: Unser Innenministerium nimmt den Datenschutz sehr ernst!

Frage: Wurde die Lernunterlage vor Veröffentlichung von und mit MigrantInnen getestet?

a) Falls nein, weshalb nicht?

b) Falls ja, was waren die konkreten Rückmeldungen? Wie wurden diese eingearbeitet?

Innenministerium: Bei der Lernunterlage handelt es sich um eine freiwillige und kostenlose Serviceleistung, welche der Staatsbürgerschaftswerber annehmen kann, wobei es ihm jedoch unbenommen bleibt, sich anhand anderer Quellen auf die Prüfung vorzubereiten.

Wir lernen: Das Prinzip der Lernautonomie wird vom hiesigen Innenministerium sehr ernst genommen. Ein Lob der Freiwilligkeit!

Frage: Ist eine Evaluierung der Lernunterlage und des Staatsbürgerschaftstests in Bezug auf Tauglichkeit zur Integrationsförderung und eine Überarbeitung der Lernunterlage sowie des Tests bzw. der Testform geplant?

a) Falls nein, weshalb nicht?

b) Falls ja, bis wann und unter der Einbindung welcher ExpertInnengruppen?

Innenministerium: An eine Adaptierung der Lernunterlage mit dem Fokus auf die Integrationsförderung ist derzeit nicht gedacht, jedoch wird die Lernunterlage unter anderen Gesichtspunkten derzeit einer Evaluierung und Überarbeitung unterzogen.

Wir lernen: 1. Die Staatsbürgerschaftsprüfung dient nicht der Integrationsförderung. Wir lernen leider nicht, wozu sonst. 2. „Derzeit“ dauert im Innenministerium ziemlich lang – nun schon mehr als zwei Jahre!

Frage: Ist es sinnvoll, StaatsbürgerschaftswerberInnen Kenntnisse abzuverlangen, die angesichts der Fehler in der Lernunterlage selbst „ExpertInnen“ des BM.I. nicht vorweisen können?

Innenministerium: Meinungen und Einschätzungen sind nicht Gegenstand des parlamentarischen Interpellationsrechtes.

Wir lernen: Die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Dingen sollte nicht gestellt werden.

Und morgen ein paar Beispiele aus dem Jahr 2011!

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

Hier erfahren sie mehr…

Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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